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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
Autoren: Ravensburger
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noch bevor ich sie gelesen hatte. Auf dem Bild vorne tollten ein paar Frühlingslämmer herum und innen drin lagen zwanzig Pfund. Ich bekam jedes Jahr die gleiche Karte von ihr, nur der Geldbetrag war in die Höhe gegangen.
    »Danke, Tante Rita«, sagte ich.
    In meiner Hosentasche steckte die Dadkarte und eine Ecke stach mich in den Hintern, damit ich ja nicht vergaß, dass sie noch da war. Das machte mich nervös und meine Hand zitterte leicht, als ich den nächsten Umschlag aufriss.
    Zum Glück entpuppte sich der Inhalt als super Ablenkung: Ein XXL -Kalender von Tante Lilah und Onkel Zé mit dem Titel »Täglich neu gestylt – originelle Frisuren für das ganze Jahr«. Auf jeder Seite war eine andere Frisur abgebildet, dazu eine Anleitung, wie sie gemacht wurde. Ich schlug die Frisur vom heutigen Tag auf:
    Haarstylingidee für Montag, den 24. September:
    ELEGANT BIS IN DIE NACHT
    Ein paar Lockenwickler können Wunder wirken! Perfekt für eine wilde Clubnacht. Ein raffinierter Style, mit dem du aussiehst, als hättest du stundenlang beim Profi gesessen.
    Auf der Skizze darunter konnte man sehen, wie die Lockenwickler eingedreht wurden, welche Größe man nehmen musste, wie lange sie drinbleiben sollten und welches Haarspray am geeignetsten war.
    »Cooles Geschenk«, sagte ich ehrlich beeindruckt und ich wunderte mich ein bisschen, weil »cool« und »Tante Lilah« sonst gar nicht zusammengeht. Normalerweise hätte ich sofort überlegt, welche Frisur ich zuerst ausprobieren würde. Aber jetzt spukte mir nur ein Gedanke im Kopf herum, während ich den nächsten Umschlag öffnete: EINE KARTE VON DAD ! DAD HAT MIR GESCHRIEBEN !
    Ich weiß Bescheid über meinen Dad, weil in meiner Familie nie ein Geheimnis daraus gemacht wurde. Bei uns wird immer alles lauthals diskutiert, warum also nicht dieses Thema? Und es vergeht kein Geburtstagsessen, an dem Tante Lilah nach den peinlichen Babygeschichten nicht auch noch die ganze Internetstory auspackt, der ich meine Existenz verdanke: Wie sehr Mum sich ein Baby gewünscht hat und dass das Internet damals noch ziemlich neu war. Die Verbindungsgeschwindigkeit war so langsam, dass Mum in diesem Jahr praktisch ein Darlehen aufnehmen musste, um ihre Telefonrechnung zu bezahlen, weil sie so viele Stunden im Internet recherchierte. Während Tante Lilah diese Geschichten vom Stapel lässt, sitzt Mum nur stumm neben mir, quetscht meine Hand und strahlt mich an. Bis sie irgendwann den Faden an sich reißt und erzählt, wie sorgfältig sie den Spender ausgewählt hat und wie großzügig es von den Männern ist, ihren Samen zu spenden. Dann dreht Onkel Zé sich zu mir um und sagt gerührt: »Eine bessere Tochter als dich hätte ich mir gar nicht wünschen können«, und meistens fügt er noch hinzu: »Aber keine Jungs, bevor du fünfundzwanzig bist, verstanden?«
    ALLES GUTE ZUM FÜNFZEHNTEN GEBURTSTAG , SADIE ! IN LIEBE , DEIN DAD XX . Ich musste pausenlos daran denken. Das war doch nicht möglich. Wie sollte das gehen?
    Dann öffnete ich die nächste Karte.
    »Ich bin so stolz auf dich«, hatte Mum in ihrer krakeligen Handschrift geschrieben. Jetzt strahlte sie mich über den Tisch hinweg an und ihre blauen Augen schimmerten schon wieder verdächtig, obwohl wir noch gar nicht bei der Internetstory angekommen waren. Ich liebe Mum, ehrlich, aber dieses Getue an meinem Geburtstag macht mich fertig.
    Ich öffnete gerade Mums Geschenkpäckchen, als mir das Zimmer vor den Augen verschwamm. »He, Vorsicht!«, hörte ich Onkel Zé am anderen Ende des Zimmers sagen, das sich plötzlich in einen langen dunklen Gang verwandelt hatte. Dann knallte mein Kopf in etwas Warmes, Weiches, das sich wie ein dickes Kopfkissen anfühlte.
    Ich war tatsächlich in Ohnmacht gefallen, und Onkel Zé hatte schnell den Brandy hervorgeholt und mir damit so lange unter der Nase herumgewedelt, bis ich wieder zu mir gekommen war. Und jetzt merkte ich, dass das schöne weiche Kissen in Wahrheit der »Schweinebauch mit Reis« war.
    »Oh, mein Gott!«, hörte ich Mum rufen, aber ihre Stimme klang, als käme sie aus einem tiefen Schacht. »Sie ist bewusstlos, Zé. Oh, mein Gott – tut doch was! Billy, ruf sofort den Krankenwagen!«
    » Ay naku, Angela – beruhige dich! Sie ist doch nur umgekippt«, schrie Onkel Zé und drückte mir ein Glas in die Hand.
    »Schrei gefälligst nicht so, Zé! Also, Sadie!«, brüllte Tante Lilah mir aus vollem Hals ins Ohr. »Kannst du mich hören?« Dann schlug sie mir auf die Wange.
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