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Babylon in Hongkong

Babylon in Hongkong

Titel: Babylon in Hongkong
Autoren: Jason Dark
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deutete auf seine Brusttasche, wo der Brief steckte. »Wir haben viel geredet, Suko, nur hast du mir nichts über den eigentlichen Inhalt erzählt. Nur daß der Brief von deinem Vater stammt. Was schreibt er denn?«
    Suko runzelte die Stirn. »Daß er mich noch einmal sehen möchte, bevor es passiert.«
    »Was passiert?«
    »Sein Tod.«
    Ich wollte erst mit der Hand auf den Tisch schlagen, winkte dann jedoch nur ab. »Das ist mir zu hoch, Suko. Ich will auch nicht weiter in dich dringen, denn ich gehe davon aus, daß dieser Brief noch mehr Informationen enthält. Sei allerdings versichert, daß ich an deiner Seite bleiben werden, wenn wir in Hongkong herumgeistern. Und jetzt müssen wir nur Sir James die Sache schmackhaft machen. Bin gespannt darauf, was der Alte dazu sagt.«
    »Selbst er kann mich nicht daran hindern, nach Hongkong zu fliegen, John.«
    »Ich glaube kaum, daß er das versuchen wird.«
    Der offizielle Feierabend war bereits vorbei, als wir im Yard Building eintrafen. Natürlich saß Superintendent Sir James Powell noch in seinem Büro und schaute uns an wie zwei Schulbuben, die einen Streich ausgeheckt hatten, über den der Lehrer inzwischen längst informiert war.
    »Setzen Sie sich doch«, sagte er und fuhr fort, als wir die Plätze eingenommen haben. »Ich habe mich schon darüber gewundert, daß Sie so spät zu mir gekommen sind.«
    »Wieso?«
    »Die beiden Morde im Badehaus.«
    »Sie wissen davon, Sir?«
    »Aber John«, erwiderte er vorwurfsvoll. »Wir kennen uns jetzt so lange. Es gibt nur wenige Dinge, die in meinen Bereich fallen und mir nicht bekannt sind. Man hat mich informiert und mich so gut wie möglich eingeweiht. Es ist eine schlimme Sache, wenn ich ehrlich sein soll. Und ein Fall ohne Spuren - oder?«
    »Nicht ganz, Sir, deshalb kamen wir zu Ihnen. Aber das wird Ihnen Suko besser berichten können.«
    Mein Freund stand auf. Es sah so aus, als wollte er das Büro verlassen, doch vor der Tür drehte er sich nach rechts und ging auf das Fenster zu, durch dessen Scheibe er starrte und die er auch ansprach, als er einen Bericht abgab.
    Sir James erging es nicht anders als mir. Erzeigte sich von Sukos Worten erschüttert und bewegte einige Male den Kopf, als könnte eres nicht fassen.
    »Jetzt wissen Sie alles, Sir«, sagte Suko nach einer Weile, als er sich den Schweiß von der Stirn tupfte.
    Der Superintendent nickte. »Und Sie wollen natürlich nach Hongkong fliegen?«
    »Das steht fest.«
    »Ja, da haben Sie wohl recht. Hier in Eondon wird die Spur verwischt sein. Und Knochensetzergibt es bei uns auch nicht, wenn ich richtig informiert bin.«
    »Genau, Sir.«
    »Wann wollen Sie fliegen?«
    »So rasch wie möglich«, sagte ich.
    Sir James trommelte mit den Fingerspitzen auf das Holz seines Schreibtisches.
    »Ja, das geht in Ordnung. Klären Sie die Sache, und zwar in offiziellem Auftrag. Was hier passierte, muß aufgeklärt werden. Wir können den Tod der beiden nicht auf sich beruhen lassen.« Er schaute uns durch die dicken Gläser der Brille an. »Ich wünsche Ihnen viel Glück.« Dann wandte er sich an Suko. »Gebe Gott, daß Sie sich geirrt haben und mit Ihrem Vater nichts Schlimmes passiert ist.«
    »Man wird sehen.«
    Mir gefiel Sukos Antwort nicht. Der ganze Kerl gefiel mir nicht. Er erinnerte mich an eine Puppe, die durch eine reine Automatik reagierte. Mit seinen Gedanken war er weit fort, wahrscheinlich schon in Hongkong und bei seinem Vater.
    Hoffentlich ging das mal gut — hoffentlich…
    Im Bauch der Dschunke war es tintenschwarz! Schwer wie Blei lastete die Dunkelheit, und selbst durch die Ritzen des kleinen Fensters drang nicht ein Lichtschimmer, denn die Seiten waren mit Pech bestrichen worden. Der Mann im Bauch der Dschunke wußte nicht, ob es draußen Tag oder Nacht war. Für ihn blieb alles gleich…
    Nur manchmal war er zu hören. Da durchwehte ein röchelnd klingendes Atmen die Stille, da hörte sich jedes Lultholen an, als wäre es der letzte Atemzug der im Finstern hockenden Person, bevor sie starb. Doch es war kein Lauscher vorhanden, der etwas hätte hören können. Die Menschen auf der Dschunke hüteten sich, in den Bauch des Schiffes zu klettern, das auf den Wellen schaukelte.
    Dann verstummte das schreckliche Atmen. Dafür zerschnitt ein anderes Geräusch die Finsternis, und das hörte sich ebenso schaurig und schlimm an, wenn nicht noch schlimmer.
    Es war ein Knacken und Knirschen, als wäre jemand dabei, an seinen Knochen zu zerren, um sie voneinander zu
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