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Baby-Bingo

Baby-Bingo

Titel: Baby-Bingo
Autoren: Carla und Martin Moretti
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nicht einfach war, weil immer irgendjemand etwas äußerst hartnäckig anbietet und man den meisten der Verkäufer gerne was Gutes tun würde. Wir blieben trotzdem abstinent. Doch auf der Rückfahrt von Agra hielt Aalok außerplanmäßig auf halber Strecke vor einem großen Gebäude am Rande einer Stadt.
    » Special buy. No tourists «, sagte er.
    Doch genau diese Touristen treffen wir innen in Massen und aus aller Welt. Und alle sind durch die Riesenauswahl an Pashminas, echt falschen Antiquitäten, Teppichen, Silberwaren, Schmuck, Vasen, Holzfiguren – den unvermeidlichen Elefanten – und noch vielem mehr im Kaufrausch. Auch wir können uns dem nicht länger entziehen. Carla kauft sich einen wirklich wunderschönen, großen Pashminaschal. Eine Amerikanerin diskutiert mit dem Verkäufer, ob die angebotenen Pashminas auch wirklich echt sind. Der junge Inder versucht, sie davon zu überzeugen, indem er ein Feuerzeug unter die Fransen hält und diese nicht anbrennen. Das sei der Beweis, dass keine Kunstfasern enthalten seien.
    Carla und ich lächeln uns zu. Wir wissen beide, was Guru Nanak zu dieser Diskussion sagen würde: »Hauptsache, du glaubst daran, dass der Pashmina echt ist. Dann wird er dich auch wärmen.«
    Einen anderen Satz hat er wirklich gesagt. Und oft:
    »Lebe deine Träume.« Das tut Carla, die Tiere liebt und schon lange davon träumt, wieder regelmäßig zu reiten, indem sie sich schon mal ein großes, handbemaltes Pferd kauft. Ich entscheide mich klischeegerecht für einen Holzelefanten, der fast so groß wie ein echtes Elefantenbaby ist. Wir sind auf dem besten Weg, zu Hause bald einen Souvenirzoo aufzumachen.
    Nun werden wir in München also auch Riesenteile in Packpapier gehüllt vom Gepäckband holen, wie die Inder das bei der Ankunft in Neu Delhi getan haben.
    Als das Flugzeug von der Landebahn abhebt, legt Carla ihren Kopf auf meine Schulter. Und ich spüre, wie mein Hemd dort feucht wird. Sie weint. Aber sie wirkt gar nicht traurig dabei. Es sind befreiende Tränen. Ich habe das Gefühl, sie lässt viel Ballast in Indien zurück. Sie hat dort erfahren, dass es so viele unterschiedliche Lebensmodelle gibt, die alle zu Glück und zur Erfüllung führen können.
    Obwohl der Blick nach außen dort so faszinierend ist, haben wir beide auch gelernt, den Blick nach innen zu richten. Und ganz nebenbei hat Guru Nanak mich wirklich von meinen Rückenschmerzen befreit, die mich seit Jahren quälen. Oder, wie er sagen würde, er hat mir geholfen, mich selbst davon zu befreien. Ich weiß, dass so vieles, das dieser wirklich weise Mann gesagt hat, noch lange in mir nachwirken wird.
    Carla ist inzwischen eingeschlafen, an mich gekuschelt, ihren Kopf immer noch auf meiner Schulter. Es ist ein symbolisches Bild. Wir sind auf dieser Reise wieder ganz eng zusammengewachsen.

Carla
    Die Alternative
    Es ist noch früh. Und ziemlich kalt. Irgendwo kräht ein Hahn. Ich höre die Kirchenglocken läuten und blinzle in die Sonne, die langsam die Weinberge in Morgenlicht taucht. Martin schläft noch. Was gut ist. Denn ich bin gerade in einer Stimmung, in der ich gerne allein sein möchte. Mit mir und meinen Gedanken. Hier auf der Terrasse von Maries Haus in San Gimignano.
    Genau zwei Jahre ist es her, dass ich mit Martin das letzte Mal hier war. Mein Wunsch, spätestens an meinem 40. Geburtstag als kleine Familie hierherzukommen, hat sich leider nicht erfüllt. Trotzdem bin ich dankbar. Dankbar dafür, dass ich wenigstens einmal kurz schwanger war. Einmal in meinem Leben dieses Glücksgefühl spüren durfte. Auch wenn es viel zu kurz war.
    So ganz wollen wir beide die Hoffnung immer noch nicht aufgeben. Besonders mir fällt es schwer, loszulassen. Obwohl wir uns in der letzten Zeit immer häufiger bei dem Gedanken ertappen: Was wäre, wenn wir kein Kind mehr bekommen würden? Ich meine, es muss ja auch noch ein Leben nach dem Kinderwunsch geben. Das sicher ein bisschen anders wäre, als ich es mir vorgestellt habe, aber vielleicht sogar freier und unabhängiger. Denn ein Kind bedeutet ja auch Verpflichtungen.
    Unsere Reise nach Indien hat vieles in mir bewegt. Dabei kamen Sehnsüchte und Träume zum Vorschein, die ich schon lange hatte, aber immer wieder von mir weggeschoben habe. Irgendwie war dafür einfach nie der richtige Zeitpunkt gewesen. Bis jetzt. Ich beschließe, endlich meine Träume zu leben. Zumindest die, die ich mir selbst verwirklichen kann. Zwei Monate durch Vietnam und Laos reisen? Wenn nicht jetzt,
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