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Baby-Bingo

Baby-Bingo

Titel: Baby-Bingo
Autoren: Carla und Martin Moretti
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Stille.
    Seine Assistentin hat ein Bindi auf unsere Stirn gemalt und uns vorgewarnt: »Bitte sprechen Sie ihn nicht an. Geben Sie ihm Zeit, Sie zu erspüren.«
    Als ich Carla zusagte, mit ihr die Reise nach Indien zu machen, wusste ich nicht, was da auf mich zukommen würde. Ich wollte damit vor allem ihr einen Gefallen tun. Denn ich spürte, dass Carla große Hoffnung in dieses Abenteuer setzt. Und auch ich bin der Überzeugung, dass es ein interessanter Versuch ist. Vielleicht wirklich der richtige Ansatz für uns, mal Abstand von München und der regelmäßigen Vier-Wochen-Wartezeit ohne Happy End zu bekommen.
    Rein körperlich und biologisch spricht ja nichts dagegen, dass Carla sofort schwanger werden könnte. Die Blockaden spielen sich möglicherweise in ihrem Unterbewusstsein ab. Es könnte der Überdruck sein, den sie sich selbst macht, der letztlich den Erfolg verhindert. Ein Überdruck, den Maharaj Nanak ihr mit einer ganz anderen Herangehensweise nehmen könnte. Das hoffe ich zumindest.
    Es ist ein Erlebnis, diesem außergewöhnlichen Menschen nun live gegenüberzusitzen. Auch wenn bereits mein Knie schmerzt – Schneidersitz ist nicht so mein Ding.
    Wer einmal den Blick von Maharaj Nanak auf sich gerichtet gespürt hat, der weiß, warum dieser Mann so berühmt ist. Ich gehöre nun wirklich nicht zu den Menschen, die einen starken Hang zur Esoterik haben. Um ehrlich zu sein, habe ich mich bisher gerne auch mal über Bäumeumarmer und Mondphasenfriseure lustig gemacht.
    Aber das hier ist etwas anderes. Dieser Blick aus seinen tiefbraunen Augen transportiert eine Energie, die ich mir nicht erklären kann. Sein Blick wärmt mich, er reinigt mich von negativen Gedanken, er lässt ein unerklärliches Wohlgefühl in mir aufsteigen. Ich könnte stundenlang nichts anderes tun, als hier zu sitzen. Ohne ein Wort.
    Doch nach etwa zehn Minuten spricht unser Guru doch.
    »Ihr seid hier, weil ihr euch ein Kind wünscht«, sagt er auf Englisch.
    Ich sehe aus den Augenwinkeln, wie Carla ihn ungläubig ansieht. Nein, er kann das nicht wissen! Wir haben unseren Wunsch keinem verraten, auch nicht seiner Assistentin. Er muss es wirklich erspürt haben. Oder erraten.
    »Um anderen Menschen zu helfen, brauchen wir keine besonderen Fähigkeiten und Techniken«, sagt er. »Wir brauchen nur den Willen, den anderen Menschen wirklich offen zu begegnen und Heilwerdung zukommen zu lassen.«
    Und plötzlich passiert etwas, womit ich nie gerechnet hätte. Meine Augen füllen sich mit Tränen, ich weiß nicht, warum. Schnell wische ich sie weg. Was ist nur los mit mir, warum bin ich so sentimental? Es muss an Indien liegen. Dieses Land lässt keinen unberührt.
    »Ihr müsst wissen, es hängt allein von euch ab, ob die Zeit, die ihr hier mit mir verbringt, zu dem Ziel führt, das ihr erreichen wollt«, spricht Guru Nanak weiter. »Ich bin nur derjenige, der euch dabei hilft, innere Widerstände zu überwinden. In Wahrheit kann niemand andere heilen oder ihnen zu einem Kind verhelfen. Wer das sagt, spricht wohl nicht mit ehrlicher Zunge. Aber allein das Bewusstsein, dass man dabei unterstützt wird, weckt die eigenen Kräfte.«
    Ich hätte nie gedacht, dass allein Worte und ein Blick mich so ergreifen können. Ja, wir sind hier an einem speziellen Ort angelangt. An einem spirituellen Ort. Und vielleicht sind wir auch am Ende unserer Reise. Einer beschwerlichen Reise über viele Stationen hinweg. Aber sie wird so enden, wie wir uns das erwünscht hatten. Darüber bin ich mir in diesem Moment in diesem kleinen Dorf bei Agra völlig sicher.
    Wie die anderen Frauen, die aus ganz Indien hierherkommen, bindet auch Carla einen Baumwollstreifen ins Gitter des Marmorfensters. Wir sind in Fatehpur Sikri, eine Autostunde von Agra entfernt. Ganz besonders lockt uns dort das Mausoleum von Scheich Salim Chishti. Ein Gebet an diesem Schrein soll auf wundersame Weise helfen, dass der Kinderwunsch in Erfüllung geht. Es gibt auch aktuelle und prominente Erfolgsbeispiele. Carla Bruni war hier, bevor sie im Alter von 43 Jahren nochmals Mutter wurde.
    Aber unabhängig davon, ob die Reise auch dabei helfen wird, unseren Kinderwunsch in Erfüllung gehen zu lassen, ist sie eine Intensivpflege für unsere Partnerschaft. Wir sind beide entspannt wie schon lange nicht mehr. Und ich spüre wieder überdeutlich meine tiefe Verbundenheit mit Carla. Dieses Bewusstsein mag damit zusammenhängen, dass wir so weit von unserem eigenen Kulturkreis entfernt sind, in einer
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