Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Baby-Bingo

Baby-Bingo

Titel: Baby-Bingo
Autoren: Carla und Martin Moretti
Vom Netzwerk:
Raritätensammlung. Bei eBay würde die sicher ein kleines Vermögen bringen.
    Auf der Stereoanlage liegen immer noch unsere Lieblings-CDs von Michael Jackson, Whitney Houston und Madonna. Die hörten wir damals stundenlang, während wir uns für den Abend stylten. Auf dem Plexiglastisch steht noch der kleine Sony-Fernseher. Bei schlechtem Wetter lagen wir auf dem braunen Cordsofa, kuschelten uns beide unter die riesige Patchworkdecke, tranken Maracujatee und guckten den ganzen Tag lang Videos wie Out of Africa und Harry und Sally .
    Am Schrank hängen Maries Ballettschuhe und erinnern an die Zeit, als sie noch fest vorhatte, Primaballerina zu werden. Wobei sich ihre Berufswahl damals täglich änderte. Ich weiß noch, wie wir Pretty Woman sahen und ich sie gerade noch davon abhalten konnte, Luxus-Callgirl zu werden. Mit dem Argument, dass nicht alle ihrer potenziellen Kunden wie Richard Gere aussehen würden.
    Wann war ich das letzte Mal hier? Zur Steinzeit? Zumindest zu einer Zeit, als es noch keine Handys gab, wie mein Blick auf mein BlackBerry beweist. Kaum Empfang – dieses Problem ist neu. Nicht zu fassen, aber damals gab es noch keine Handys. Das muss man sich mal vorstellen! Wo sind eigentlich die letzten zwanzig Jahre geblieben? Wir haben doch gerade erst Abi gemacht und feierten hier unseren Einstand in die große Welt. Und unsere Freiheit. Wir wollten nach London, New York, Paris. Weit weg auf jeden Fall.
    Vier Wochen blieben wir damals hier. Schliefen bis mittags und zogen nächtelang mit irgendwelchen Antonios, Lucas und Marcos durch San Gimignano. Meine Güte, es ist wieder so weit. Kaum habe ich Geburtstag, fange ich an, sentimental zu werden.
    Mein Blick fällt auf ein altes gerahmtes Foto, das auf der Kommode neben dem Bett steht. Marie und ich lachen in die Kamera, perfekt zurechtgemacht für eine lange Nacht in der Disco. So nannte man die Clubs zu der damaligen Zeit noch. Nicht zu fassen, wie ich aussah. Farah Fawcett aus Drei Engel für Charlie wäre vor Neid erblasst. Damals, als die elektrische Rundbürste noch meine beste Freundin war.
    Martin hat sich wirklich Mühe gegeben. Auf dem Terrassentisch steht ein kleiner Kuchen mit Kerzen, den er unbemerkt organisiert hat. Sogar ein paar rote Mohnblumen hat er im Garten gepflückt. Mit feierlicher Miene überreicht er mir einen Umschlag mit einer großen roten Schleife. Mein erster Gedanke: Oje, hoffentlich nicht schon wieder ein Gutschein! Die beiden letzten liegen immer noch uneingelöst zu Hause in meiner Schreibtischschublade. Ein Beauty-Wochenende in einem Hotel meiner Wahl und ein Sushi-Kochkurs. Männer machen es sich wirklich gerne einfach. Während ich mir wochenlang Gedanken mache, was ich Martin schenken könnte, das Internet nach Weinkühlschränken durchforste oder mich im Sportgeschäft über die Vorzüge von hydraulischen Dämpfungssystemen von Joggingschuhen beraten lasse, verschenkt mein Mann einfach Träume. Einlösungstermin offen.
    Mit gemischten Gefühlen öffne ich den Umschlag. Und finde eine Karte, auf die der Ausschnitt eines Prospekts geklebt ist. Abgebildet ist eine chromblitzende Espressomaschine, und oben darüber steht genau das, was ich befürchtet habe: Gutschein für … Martin schaut mich erwartungsvoll an. Der Blick erinnert mich an den Cockerspaniel meines Großvaters, wenn er das geworfene Stöckchen zurückbrachte und für diese doch eher bescheidene Leistung gelobt werden wollte. Meine Freude ist ungefähr so groß wie früher an Weihnachten, wenn ich von meiner Tante Rosa einen neuen Frotteeschlafanzug geschenkt bekam.
    Was erwartet Martin jetzt? Dass ich vor Freude aufspringe und ihm um den Hals falle? Für die Aussicht, dass künftig ein Chrom-Monster die Arbeitsfläche in unserer Küche blockiert? Wer von uns beiden trinkt denn hier am liebsten Espresso? Wie würde Martin reagieren, wenn ich ihm das Satin Hair-Glätteisen schenken würde, das ich mir seit Jahren wünsche?
    Ich versuche, so gut es geht, meine Enttäuschung zu verber gen, quäle mir sogar ein Lächeln ab. Warum liegen Männer eigentlich mit ihren Geschenken so oft daneben? Wobei ich Glück habe, dass mein Mann mir überhaupt etwas schenkt. Die Espressomaschine, falls er den Gutschein jemals einlösen wird, ist zumindest ein symbolischer Versuch, mir eine Freude zu machen. Meine Freundin Lara, seit zwei Jahren mit Frank zusammen, trifft es noch härter. Sie geht an ihrem Geburtstag und an Weihnachten meist völlig leer aus. Für seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher