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Babkin, unser Väterchen

Babkin, unser Väterchen

Titel: Babkin, unser Väterchen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bronzeschrauben hinein.
    Schluß mit allem Irdischen … nun beginnt die große Reise.
    Nina Romanowna tobte noch immer. Jetzt beschimpfte sie Arune als Hure, Lidija als Nachtwanze und Iwetta als Giftweib. Sie hörte mit ihren Beschimpfungen selbst dann nicht auf, als Waninow, noch ein wenig bebend, an den geschlossenen Sarg trat, ihn mit Weihwasser besprengte und das Zeichen für das Hinuntersenken in die Grube gab.
    Die Fahnen senkten sich, Blistschenkow trat an das Grab, aber er konnte seine schöne Rede nicht loswerden; die Stimmung um ihn herum war zu sehr elektrisiert und keiner mehr für Reden so recht empfänglich. Das ärgerte ihn maßlos, und so sagte er am Rande des Grabes nur leise zu Babkin hinab:
    »Das war dein letzter Streich, Wadim Igorowitsch: Dieses Begräbnis geht in die Geschichte von Ulorjansk ein. Lauf mir bei der wirklichen Auferstehung bloß nicht über den Weg …«
    Nach einer Stunde – Gott sei's gedankt – war alles vorbei.
    Die Trauergäste strömten zur Stadthalle, wo das Büfett aufgebaut war und es herrliches kaltes Bier geben sollte, die Kapelle ›Vorwärts‹ war unter fröhlicher Marschmusik abmarschiert, gefolgt von den Delegationen mit ihren Fahnen, Narinskij hatte seine Frau außerhalb des Friedhofes, also auf profanem Boden, eine kräftige Ohrfeige gegeben, Noskow beachtete seine Lidija nicht, als sei sie heiße Luft für ihn, und Dr. Poscharskij fragte Iwetta mit hochrotem Kopf und japsendem Atem: »Die Fehlgeburt im vergangenen Jahr … war das unser oder Babkins Kind?«
    Und als Iwetta ehrlich sagte: »Babkins …«, sank Dr. Poscharskij auf einen Grabstein und blieb dort sitzen, bis Waninow ihn hochzog und in seine Wohnung mitnahm.
    Bis das Grab zugeschaufelt war, stand Nina Romanowna mit ihren Töchtern und Pyljow auf dem Friedhof und starrte auf den Erdhügel, den Sobakin jetzt mit einer Schaufel festklopfte. Zwei Gehilfen schleppten die Kränze und Blumensträuße heran, um das Grab damit zu schmücken.
    »Da kommt er nicht wieder raus!« sagte Nina Romanowna plötzlich. Tiefe Zufriedenheit klang aus ihrer Stimme.
    »Das ist jetzt vorbei«, bestätigte Pyljow.
    »Ein Weiberheld – und ich habe nichts davon gemerkt …«
    »Auch er hat von anderen Dingen nichts gemerkt … das hebt sich auf, Mütterchen …«
    »Aber ich habe es ihm am Totenbett gebeichtet – er nicht! Wer hat ihm bloß den üblen Trick mit dem Scheintod beigebracht? Wer kann's gewesen sein?«
    »Dieses Rätsel wird bleiben. Immerhin, Mütterchen, wir haben uns gut geschlagen und verteidigt …«
    »O ja, Boris Witalowitsch, das haben wir. Es ist Babkin nicht gelungen, mich vor seinem wirklichen Tod noch zu enterben. Alles gehört mir.« Nina Romanowna sah zum Grab und wurde erstaunlich weich und freundlich. »Sag selbst: Hat er dafür nicht doch ein Blümchen verdient?«
    »Das hat er gewiß, Nina Romanowna«, sagte Pyljow. Er dachte an das Erbe, das Nelli und damit auch er bekommen würden, und war plötzlich ebenfalls Babkin gegenüber milder gestimmt. »Wo sind unsere Rosen?«
    »Weggeworfen habe ich sie. Ha, da hinter dem Stein von Issakow liegt er noch, der Strauß.«
    »Holen wir ihn.«
    Pyljow ging zum Grabstein des Eisenhändlers Issakow, ergriff den Strauß roter Rosen und drückte ihn Nina Romanowna in die Arme. Die Berührung mit den Blumen war wie ein Signal: Plötzlich fiel Trauer über die Witwe, sie begann ehrlich zu weinen und schwankte als verlassene Frau zum Grab.
    Dort rupfte sie ein paar Rosen aus dem Strauß, warf sie über den Grabhügel und sagte ergriffen: »Wadim Igorowitsch, was soll's! Wir sind doch alle nur Menschen …«
    Und Nelli erklärte, nachdem sie ihre Rosen abgelegt hatte: »Väterchen, wir werden dich sehr vermissen …«
    Walentina aber schluchzte voll wirklichem Leid: »Väterchen, Väterchen, wer beschützt mich jetzt? Waninow hat heimlich wieder meinen Hintern gestreichelt …«
    Nur Pyljow ging nicht ans Grab. Was sollte er auch sagen? Und außerdem: Babkin hätte sich doch wieder geärgert. Da war es pietätvoller, gar nichts zu tun.
    Zwei Tage später stand auf einem Steinsockel das große Bronzekreuz, das Babkin der Kirche gestiftet hatte. Waninow hatte sich schweren Herzens davon getrennt – aber: »Es gehört zu ihm!« sagte er jedem, den er traf. »Sein Herz hing an dem Kreuz. Nun möge es seinen ewigen Schlaf bewachen.«
    Die Wahrheit jedoch – das sagte Waninow natürlich nicht – war, daß das Kruzifix in der Kirche ihn stündlich an Babkin
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