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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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vollständiges Verständnis und eine vollständige Wahrheit an sich wertfrei sind, und daß man für jede echte künstlerische Anregung künstlich Grenzen des Bewußtseins und ein Lebensmuster, das der ganzen Menschheit gemein ist, erfinden muß - am natürlichsten das einfache alte Muster, das uns die uralte und tastende Überlieferung zuerst vorgab. Wir erkennen, daß die Quelle aller Freude und jeder Begeisterung das Staunen und die Unwissenheit sind, und sind dann bereit, mit den höhnenden Atomen und Elektronen einer zwecklosen Unendlichkeit das alte Blinde-Kuh-Spiel zu spielen.
    Dann werden wir auch erneut Musik und Farbe der göttlichen Sprache verehren und ein epikuräisches Vergnügen an jenen Verbindungen von Einfällen und Phantasien finden, die wir als künstlich erkannt haben. Nicht, daß wir dem Gefühl gegenüber wieder eine ernsthafte Einstellung gewinnen können - dazu ist die Vernunft zu sehr losgelassen -, doch werden wir uns des Arkadiens aus Dresdener Porzellan eines Autors erfreuen können, der mit den alten Einfällen, Stimmungen, Typen, Situationen und Lichteffekten auf geschickte, bildhafte Art und Weise spielt, eine Art und Weise, die von liebevollen Erinnerungen wie an gestürzte Götter gefärbt ist, aber doch nie von einer kosmischen und sanft satirischen Erkenntnis der in Wahrheit mikroskopischen Bedeutungslosigkeit der
    menschlichen Puppen und ihrer unbedeutendenden Beziehungen untereinander abweicht. Ein solcher Autor mag gut Frivolität oder Vulgarität vermeiden, doch muß er der vernunftgemäßen Anschauungsweise den Vorrang einräumen, selbst wenn sie verborgen bleibt, und sich davor hüten, ernsthaft mit der Stimme von Leidenschaften zu sprechen, die von der modernen Psychologie als entweder heuchlerisch hohl oder absurd animalisch erkannt worden sind.
    Und klingt das nicht buchstäblich wie eine Beschreibung Dunsanys, eines gewandten Prosadichters, der zufällig auch klassische Hexameter schreibt und seine Bühne aufstellt für unerbittliche Götter und ihren noch unerbittlicheren Eroberer Zeit, für kosmische Schachspiele von Schicksal und Zufall, für Leichenbegängnisse toter Götter, für Geburt und Tod von Universen und für die einfachen Annalen jenes Stäubchens im Weltraum, das die Welt genannt wird, die mit ihren armseligen Bewohnern nur eines der unzähligen Spielzeuge der kleinen Götter ist, die ihrerseits bloß die Träume der MÄNA YOOD
    SUSHÄI sind? Das Gleichgewicht zwischen Konservatismus und dem Anspruchsvollen ist bei Dunsany vollkommen, er ist auf wunderliche Weise traditionell, sich aber doch der chaotischen Nichtigkeit der Werte bewußt wie jeder, der sich als Vertreter der Moderne bekennt. Mit derselben Stimme, die gottbewegende Mächte besingt, trauert er um das zerbrochene Schaukelpferd eines Kindes und erzählt, wie der Wunsch eines Jungen nach einem Reifen einen König dazu veranlaßte, seine Krone den Sternen zu opfern. Er versäumt auch nicht, von stillen Dörfern zu singen, dem Rauch idyllischer Herdstätten und dem abendlichen Lichterschein in Hüttenfenstern. Er erschafft eine Welt, die es nie gegeben hat und nie geben wird, die wir aber immer gekannt und nach der wir uns in Träumen gesehnt haben. Diese Welt erfüllt er mit Leben, nicht indem er so tut, als sei sie wirklich, sondern indem er die Eigenschaft des Unwirklichen erhöht und sein ganzes Traum-Universum mit einem zarten Pessimismus überzieht, der sich zur Hälfte von der modernen Psychologie herleitet und zur anderen von unseren ererbten nordischen Mythen von Ragnorok, der
    Götterdämmerung. Er ist zugleich modern und ein Mythologe und sieht das Leben zu Recht als eine Reihe sinnloser Bilder, stattet es mit all den uralten Formeln und Redewendungen aus, die wie erstarrte Metaphern in der Sprache zu einem unabdingbaren Teil unseres hochgeschätzten Erbes an Gedankengut geworden sind.
    Dunsany gleicht niemandem sonst. Wilde kommt ihm am nächsten, und es gibt gewisse Verwandtschaften mit Poe, de Quincy, Maeterlinck und Yeats. Doch alle Vergleiche sind müßig. Die besondere Verbindung von Stoff und Manier, die sich bei ihm findet, ist in ihrem stolzen Genie einzigartig. Er ist nicht vollkommen oder nicht immer vollkommen, aber wer ist das denn auch ständig? Kritiker bemängeln, daß er gelegentlich Satire mit der Stimmung einer Tragödie vermischt.
    Das ist jedoch ein konventioneller Einwand und bezeugt nur, daß sie mit der irischen Tradition nicht vertraut sind, die solch
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