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AUTOMATENHELDEN: Ein Jahr Online-Dating

AUTOMATENHELDEN: Ein Jahr Online-Dating

Titel: AUTOMATENHELDEN: Ein Jahr Online-Dating
Autoren: Gill Gartenstadt
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wegatmen soll. Ich weiß nicht, warum ich so übertrieben atmen muss, aber er macht mit. Wir atmen zusammen. SO SCHÖN.
    Er hat meinen ganzen Lippenstift um seinen bärtigen Mund herum und blickt mich verträumt an. Ein magischer Moment.
    »Ich würde dich jetzt am liebsten in eine dunkle Ecke ziehen«, sagt er, »aber wir dürfen die Zeit nicht aus den Augen verlieren.«
    Wir nehmen uns an die Hand und gehen weiter, auf der Suche nach einem Café. Ich sage und meine es aus tiefstem Herzen:
    »ACH Marc, es wäre so schön, wenn wir zusammen in die Zukunft blicken könnten!«
    »Weißt du was ich eben so schön fand, DU hast MICH geküsst.«
    »Ja?« Ich tue so, als hätte ich es nicht bemerkt.
    »Ich hätte das jetzt nicht gemacht.« Aber warum?
    »ACH nein?« ACH komm, du hast es doch schon paarmal versucht.
    Die Zicke ist leider bis auf den letzten Platz gefüllt, wir eilen weiter. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Eine halbe Stunde, dann muss ich wieder zur Bahn. Wir gehen spontan ins Füchschen.
    »Da kann ich ja gleich weitertrinken, wo ich gestern aufgehört habe«, sage ich. »Gestern war ich im Sofar, unserer Dorfkneipe, die haben auch Füchschen Alt.«
    Direkt am Eingang ist ein Tisch frei.
    »Ein Füchschen für jeden, bitte.«
    Er sitzt links von mir. Ich öffne meine Handtasche und gebe ihm eine kleine selbstgebastelte Rakete an goldenem Band, mit den kleinen Fotos meiner Kinder darauf. Leon hält singend seine St. Martinslaterne, eine Sonne, und Flora liegt lachend in ihrem Autokarton.
    »Das ist eine sehr charmante Art, mir die Bilder deiner Kinder zu zeigen.«
    »Kommst du uns nächstes Wochenende besuchen?«
    »Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Nächstes Wochenende fahre ich in ein Wellnesshotel auf Sylt. Das mache ich oft. Aber über die Feiertage bin ich leider nicht da. Weihnachten fahre ich nach New York, Freunde besuchen und Sylvester bin ich bei Verwandten in Tel Aviv. Aber willst du am Wochenende nach Sylt mitkommen?« WAS? Ich bin doch keine Nutte.
    »Das ist ganz toll da, in dem Thermalbad bin ich schon mal eingeschlafen. Danach bist du tiefenentspannt. Das haut dich so weg.« Moment mal, das klingt nach Sehnsucht zurück zum embryonalen Zustand, dem sorglosen Schweben im Mutterleib. Brauche ich nicht so unbedingt.
    ♫ I’M READY TO DISCO 8
    »Nein. Das kann ich nicht machen. Ich muss für die Kinder da sein, sie sind zu klein.«
    »Das hätte ja sein können, dass ihr das ab und zu mal macht. Aber ich will natürlich keinen Kindern ihre Mutter wegnehmen.«
    »Nein, es wäre genau umgekehrt, du müsstest dich an die Kinder gewöhnen. Ich bin nicht auf der Suche nach wechselnden Männerbekanntschaften. Überlege es dir gut, es muss schon von Anfang an passen. Ich bin erst seit 10 Tagen bei Stelldichein, und ich wollte mir eigentlich ein halbes Jahr Zeit lassen mit der Partnersuche. Marc, bitte lass es uns langsam angehen.«
    »Da bleibt uns auch nichts anderes übrig, denn ich bin ja nicht da.«
    »Ich kann leider nicht mehr weg aus Wiesenwald. Deshalb suche ich kein Landei, sondern einen Mann, der mir die Welt nach hause bringt.«
    Er küsst mich.
    »Als ich dein Foto gesehen habe, habe ich dich sofort begehrt. Ging es dir auch so?«
    »Ja«, hauche ich.
    Immer schließe ich die Augen, wenn er so was sagt. Sosehr erregt es mich und macht mich verlegen. Wir küssen uns wieder.
    Er schaut mich an. Seine linke Hand liegt auf meinem Bauch. Dieser Blick.
     
    DÉJÀ-VU 2 9
     
    Ich will zu meinen Zigaretten greifen, die ich seit sieben Jahren nicht mehr bei mir trage. Ich habe ein unstillbares Gefühl von Sucht.
    Wir müssen los. Ich bezahle. Beim Rausgehen sage ich, dass ich außerdem ja noch verheiratet sei. Ich halte die Tür auf, mein Blick fällt auf meinen dreifarbigen Goldring, der vielleicht aussieht wie ein Ehering. Marc zieht hörbar die Luft ein. Wir gehen zur Bahnstation.
    An der Ampel stellt er sich hinter mich und umarmt mich ganz fest. So fest bin ich noch nie umarmt worden.
    »Ich freu’ mich auf dich«, sagt er.
    »Ich mich auch. Auf dich. Ich meine, so was habe ich so ewig nicht gehört und gesagt.« Das Bier macht sich bemerkbar.
    Beim Rübergehen frage ich beiläufig:
    »Sag mal, wo kommst du nochmal her?«
    »Ja weißt du doch, aus Wiesenwald«, sagt er leicht genervt.
    »Nein, bevor du nach Wiesenwald zurückgekommen bist.«
    »Aus Israel.«
    »Und seit wann bist du zurück?«
    »Seit einem halben Jahr.«
    AHA, seine Ex-Freundin lebt also in
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