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Ausziehen!

Ausziehen!

Titel: Ausziehen!
Autoren: Lois Greimann
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weiterleiten.«
     
    Am Freitag war Angela Grapier meine letzte Patientin. Sie sah klein und müde aus, als sie es sich an der Armlehne meiner Couch gemütlich gemacht hatte. Ich fragte sie nach der Schule, wo alles okay war, und nach Kelly, dem Tier, den sie schon länger nicht mehr gesehen hatte. Sie schien ein wenig traurig darüber zu sein. Offensichtlich mochte sie Tiere, selbst solche, die tollwütig waren. Erst nach weiteren Nachfragen gab sie zu, dass sie im Algebra-Unterricht jemanden kennen gelernt hatte. Sein Name war Ethan. Er sei mächtig gescheit und ein ziemlicher Streber, aber … Und dann grinste sie. Ihr Gesichtsausdruck war schüchtern, unschuldig und begeistert, also genau, wie der einer Siebzehnjährigen sein sollte. »Vielleicht«, gab sie zu, »sind Streber ja doch gar nicht so schlimm.«
    Das war der Punkt, an dem ich beschloss, sie sollte besser weiter bei ihrem Vater wohnen, anstatt sie anzuflehen, bei mir einzuziehen. Ihre Anwesenheit würde alles nur noch chaotischer machen, wenn das LAPD käme, um mich im Schlaf zu töten.
    Als ich die Tür hinter ihr ins Schloss zog, schossen meine Gedanken wie mit der Steinschleuder abgefeuert auf meine Probleme zu. Ich hatte mich an die Probleme meiner Patienten geklammert, um mir meine eigenen vom Leibe zu halten, aber als ich nun zurück zu meiner Bruchbude kurvte, merkte ich, dass ich ziemlich nervös war und feuchte Hände hatte.
    Was zum Teufel war da los? Was war mit meinen Bremsen passiert? Warum hatte Rivera nichts davon erzählt? Und war mir der blaue Mazda, der drei Autos hinter meinem Saturn fuhr, wirklich auf dem Weg nach Hause gefolgt?
    Als ich endlich zu Hause war, saß ich im Dunkeln auf der Bettkante, hatte jedes Schloss abgesperrt und sämtliche Fenster überprüft. Trotzdem zuckte ich bei dem kleinsten Geräusch zusammen.
    Ich war vollkommen allein. Ich konnte nirgendwo hingehen. Nicht mal zur Polizei. Schon gar nicht zur Polizei. Ich schloss die Augen und schob die Hände unter die Oberschenkel, damit sie nicht so zitterten, während mir die Gedanken durch mein überfordertes Gehirn wirbelten.
    War Stephanie Meyers Tod wirklich ein Unfall gewesen? Und was war mit Bomstad? Erschreckenderweise schien es sehr wahrscheinlich zu sein, dass ein Zusammenhang zwischen beiden bestand. Immerhin hatten sie sich gekannt. Und Rivera hatte beide gekannt.
    Bei dem Gedanken blieb mir die Spucke weg. War er in Stephanie verliebt gewesen? War er eifersüchtig gewesen, weil sie was mit Bomstad gehabt hatte? Hatte er sie beide umgebracht und das Ganze dann wie einen Unfall aussehen lassen?
    In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen. Stattdessen rauchte ich die komplette Packung Virginia Slims auf, die ich aus der Toilette gefischt hatte, und dachte über die dritte Leiche nach. Oder die erste, wenn man’s genau nahm - Victoria Hawkins, Davids Frau.
    Hatte Rivera sie eigentlich auch gekannt? Wahrscheinlich, schließlich schien er David zu kennen.
    Mrs. Hawkins war auf einer kurvenreichen Straße ums Leben gekommen, südlich der Stelle, an der meine Bremsen versagt hatten. Aber das war schon zwei Jahre her. Trotzdem: Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass zwischen all diesen Vorfällen und meinem eigenen, nahen Tod kein Zusammenhang bestand? In meinem derzeitigen schlaflosen Zustand scheinbar astronomisch groß.
    Doch wie sollte ich etwas über die Umstände von Victorias Tod in Erfahrung bringen? Zur Polizei zu gehen, kam nicht in Frage - da konnte ich auch gleich meinen Kopf in den Ofen stecken.
    Sie war in ihrem Mercedes gestorben. So viel hatte ich schon in Erfahrung gebracht. Mercedes waren hier in L.A. genauso alltäglich wie Perverse, aber vielleicht würde sich ja trotzdem jemand an ihr Auto erinnern und mir sagen können, ob sich irgendjemand an ihren Bremsen zu schaffen gemacht hatte.
    Den Rest der Nacht und den halben Morgen des folgenden Tages verbrachte ich damit, so viel wie möglich über Victorias Tod herauszufinden. Die Informationen, auf die ich stieß, waren nicht mal so zahlreich wie die Kötel in einem Kaninchenbau. Trotzdem sammelte ich meine dürftigen Notizen zusammen, lauschte mit einem Ohr jedem noch so kleinen Geräusch und klemmte mich mit dem anderen Ohr ans Telefon. Beim siebenundzwanzigsten Abschleppdienst war ich endlich erfolgreich.
    Ich richtete mich auf und wollte meinen Ohren kaum trauen. »Ein Mercedes? Am 17. Juli 2003? Und Sie sind sich ganz sicher?«
    »Ja! So steht’s hier.«
    Starr wie eine Salzsäule saß
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