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Aussicht auf Sternschnuppen

Aussicht auf Sternschnuppen

Titel: Aussicht auf Sternschnuppen
Autoren: Katrin Koppold
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begonnen. Aber es ist in Ordnung. Meine Rolle ist kleiner als vorher, ich habe nur drei Drehtage in der Woche und deshalb noch Zeit für andere Dinge.“
    „Für welche denn?“, fragte ich neugierig.
    „Ich bin dabei, einen Film zu produzieren. Mit den Kindern vom Hasenbergl. Ich habe dir davon erzählt. Erinnerst du dich noch?“
    „Ja“, verwundert hob ich die Augenbrauen. „Du hast gesagt, dass du ein solches Projekt gern in Angriff nehmen würdest, es aber sehr schwer zu finanzieren sei. Wie hast du es geschafft?“
    „Letztendlich war es billiger, als ich angenommen hatte. Die Kids wollen sowieso keine Gage und alle bekannteren Schauspieler konnte ich dazu überreden, umsonst für mich zu arbeiten. Das Drehbuch schreibt ein guter Freund von mir, Regie werde ich selbst führen. Und für den Rest suche ich Sponsoren. Deshalb bin ich auch heute Abend hier.“ Nils klang ganz euphorisch.
    „Das ist toll. Wirklich!“
    „Es ist genau das, was ich schon immer machen wollte. Nicht vor, sondern hinter der Kamera stehen. Vielleicht schaffe ich es ja, mir durch diesen Film einen Namen als Regisseur zu machen. Und wenn nicht“, er zuckte mit den Schultern, „dann bleibt mir immer noch ’Dr. Wohlschläger’. Seine Rolle kann bestimmt wieder ausgebaut werden.“
    „Verstehst du dich jetzt besser mit deinen Eltern?“
    „Ein bisschen. Sie finden es gut, dass ich diesen Film mache. Und ich versuche, finanziell von ihnen unabhängig zu bleiben. Momentan komme ich recht gut über die Runden. Aber jetzt erzähl’ von dir.“
    Er trat nahe an mich heran und nahm meine Hand in seine. Dabei stieß ich an eine Ausbeulung in seiner Hosentasche.
    „Du rauchst wieder?“ Ich ließ seine Hand los und klopfte überrascht auf die Zigarettenschachtel. „Wolltest du nicht aufhören?“
    „Schon. Aber ich hatte in den letzten Monaten ziemlich viel Stress gehabt und …“ Er stockte kurz.
    „Ja?“
    „… ich war eine Zeitlang ziemlich unglücklich wegen einer Frau.“
    Ich blickte ihn fragend an.
    „Soll ich dir von ihr erzählen?“
    „Wenn du magst“, flüsterte ich. Die Umgebung um mich herum begann, zu verschwimmen.
    „Ich habe sie auf einer Fahrt nach Italien kennen gelernt und am Anfang mochte ich sie nicht. Aber dann … Sie war ganz anders als alle anderen Frauen, die ich kenne.“
    „Anders? Inwiefern?“
    Nils zuckte mit den Schultern. „Sie hat über viele Dinge nachgedacht, an die ich noch nie einen Gedanken verschwendet habe, und in guten Momenten konnte sie wirklich witzig sein.“
    „Und wie ging die Geschichte weiter?“
    „Wir haben miteinander geschlafen. Aber danach ist sie zu ihrem Freund zurückgegangen. Zu einem Italiener. Tja, und dann ist die Geschichte aus.“
    Ich schluckte ein paar Male. „Vielleicht ging sie noch weiter.“
    „Ach? Wie denn?“
    „Der Italiener hat der Frau einen Heiratsantrag gemacht, aber sie hat ihn abgelehnt.“
    Nils hob fragend die Augenbrauen hoch. „Ist sie nicht mehr mit ihm zusammen?“
    „Nein.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ist sie nicht. Schon seit einem Dreivierteljahr nicht mehr.“
    „Aber warum? Er war doch genau derjenige, den sie unbedingt wollte.“
    „Am Anfang schon.“ Ich merkte, wie meine Stimme drohte brüchig zu werden, aber ich redete tapfer weiter. „Aber dann ist etwas dazwischen gekommen.“
    „Was denn?“
    Ich nahm all meinen Mut zusammen und schaute Nils direkt in die Augen.
    „Du“, sagte ich. „Du bist dazwischen gekommen.“ Und bevor ich einen Rückzieher machen konnte, redete ich weiter. „Auf dieser Fahrt ist alles schief gelaufen. Ich musste mir mit dir zusammen den Smart teilen, der Stau, die Blase am Fuß, mein Anschlag auf Giuseppe, das Gefängnis und dann die Nacht am Gardasee und die Sternschnuppen. Du warst auf einmal so anders, so nett zu mir, obwohl ich mich dir gegenüber so eklig verhalten habe. Ich musste mich übergeben. Und dann hast du nicht mit mir schlafen wollen. Ich habe mich so geschämt. Und dann am nächsten Tag hast du es doch gewollt und ich war so glücklich, als ich neben dir aufgewacht bin und …“ Ich merkte selbst, dass ich immer schneller und zusammenhangloser sprach. Aber wenn ich Nils jetzt nicht sagte, was ich fühlte, würde ich es nie tun. „Und als du mich am nächsten Tag vor der Villa abgesetzt hast, war ich so unglücklich. Aber ich hatte Angst. Ich meine, schau uns doch an! Wir passen gar nicht zusammen. Du rauchst, ich nicht. Du isst Tiere, ich nicht. Du bist
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