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Aussicht auf Sternschnuppen

Aussicht auf Sternschnuppen

Titel: Aussicht auf Sternschnuppen
Autoren: Katrin Koppold
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Er hatte dabei so glücklich ausgesehen. Dieser Mistkerl! Sich ausgerechnet jetzt wieder in meine Gedanken zu schleichen!

    Ich lehnte ab Sebastians Einladung unter dem fadenscheinigen Vorwand ab, in nächster Zeit mit meiner Seminararbeit komplett ausgebucht zu sein. Und hätte mir dafür in den Hintern beißen können!
    Da saß ich nun. Ende 30, mit mehreren angefutterten Kilos auf den Rippen, seit neun Monaten ohne Sex und gab einem gut aussehenden Rechtsanwalt, der sympathisch war, dieselben Interessen hatte wie ich und darüber hinaus auch noch ein deutliches Interesse an mir zeigte, einen Korb. Ich doofes Huhn!
    Und das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass es so nicht weitergehen konnte. Ich musste Nils wiedersehen, im kalten, grauen Deutschland und dafür sorgen, dass der sonnengetränkte Schleier unserer gemeinsamen Zeit endlich verflog und Platz für einen Neuanfang machte. Mit Nils hatte ich keinen Alltag erlebt. An seine schlechten Seiten, die er definitiv besaß und die mich am Anfang unserer Reise schier in den Wahnsinn getrieben hatten, konnte ich mich mittlerweile kaum noch erinnern. Zurück blieb nur noch all das Schöne, das wir miteinander erlebt hatten, und der Zauber.
    Ich dachte kurz an die Begegnung mit Olli letzte Woche. Wenn es so leicht war, böse Geister durch ein einfaches Wiedersehen abzuschütteln, so musste das doch auch mit guten Geistern möglich sein! Und wieder rief ich Fee an, die trotz ihres Mutterschutzes noch weiter arbeitete.
    „Du musst mir helfen!“, kam ich ohne Einleitung auf den Punkt. „Ich möchte mich mit Nils Schöneberger treffen. Weißt du, wo ich ihn finden kann?“
    „Mit Nils Schöneberger? Den konntest du doch damals überhaupt nicht leiden. Warum willst du ihn wiedersehen?“
    Ich seufzte. „Das ist eine längere Geschichte. Ich erzähle sie dir, aber erst muss ich wissen, ob du mir helfen kannst.“
    Fee überlegte. „Gute Frage. Aus dem Stegreif kann ich es dir nicht sagen. Aber ich kann bei mir in der Redaktion nachfragen, welche Events in der nächsten Zeit angesagt sind und mir die Gästelisten mailen lassen.“
    Zehn Minuten später rief sie mich zurück.
    „Nächste Woche drehe ich im Bayerischen Hof beim Deutschen Filmball. Dort wird er mit Sicherheit hingehen.“
    „Kannst du mich mitnehmen?“ Bisher hatte ich meine Schwester noch nie darum gebeten, sie zu Veranstaltungen begleiten zu dürfen.
    „Du bräuchtest eine Akkreditierung, das heißt, du müsstest auf der Presseliste stehen. Und das tust du nicht. Hm, lass’ mich überlegen! Mit etwas Make Up und der entsprechenden Frisur könnte man dich eventuell für eine Kollegin von mir halten. Und so genau schauen die Türsteher sich die Presseausweise auch nie an. Ich werde Karen fragen, ob sie mir ihren Ausweis für nächsten Samstag leiht.“

    Karen Einhauser hatte tatsächlich eine ähnliche Gesichtsform wie ich und ebenfalls dunkelblonde Haare. Danach hörte unsere Ähnlichkeit jedoch auf, denn ihre Haare waren nicht lang und leicht gelockt wie meine, sondern sie trug sie zu einem glatten Bob geschnitten.
    „Besteht die Chance, dass das Foto schon einige Jahre alt ist und Karens Haare mittlerweile gewachsen sind?“, fragte ich Fee, als wir gemeinsam einen Tag später im Backhaus in der Nymphenburger Straße saßen und einen Cappuccino schlürften.
    „Nein. Presseausweise müssen immer auf einem aktuellen Stand sein.“
    „Also, was soll ich tun?“
    Fee grinste. „Schnipp, schnapp!“ Sie unterstrich ihre Worte mit einem Auseinander- und Zusammenklappen von Zeige- und Mittelfinger. „Oder du trägst eine Perücke.“
    „Ich lasse mir die Haare schneiden.“ Die Worte waren aus mir heraus geströmt, ohne dass ich darüber nachgedacht hatte.
    „Ernsthaft! Du hast schon, so lange ich mich erinnern kann, lange Haare.“
    „Nach meinem Kindheits-Trauma mit dem Topfschnitt war ich lange Zeit nicht offen für etwas Neues! Aber jetzt! Ich lasse sie mir abschneiden.“
    „Sicher?“
    „Ja“, antwortete ich und meinte „Nein!“ Aber es war Zeit für einen dramatischen Einschnitt in meinem Leben und wenn dafür meine Haare fallen mussten, dann sollte es so sein.

    Karin erklärte sich sofort bereit, den Samstagabend gemütlich mit ihrem Freund auf der Couch zu verbringen und mir ihren Presseausweis überlassen und Fee machte für mich einen Termin bei ihrem Friseur aus, einem unglaublich schwulen Mann namens Bruno, der Haare, Fingernägel und Augenlider schwarz gefärbt trug und
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