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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
Autoren: Uli Burchardt
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stand ja nirgends ausdrücklich »Schwarzwaldhonig« oder »Herkunft: Schwarzwald« auf dem Etikett. Es war nur ein irreführendes Bild und die Ortsangabe des Abfüllers, die mich in Kombination getäuscht hatten. Über meine Doofheit würden die Hersteller, Abfüller und Händler vermutlich nur grinsen und ansonsten eine Unschuldsmiene aufsetzen wie ein Abwehrspieler im Strafraum, der neben dem rüde gefällten Stürmer steht: Ich hab doch nichts Unrechtes getan …
    Im Handel wird genauso getrickst wie in der Produktion. Wenn wir schon beim Schwarzwald sind, kann ich auch gleich die Freiburger Firma Breisgaumilch erwähnen, die Schwarzwälder Butter, Schwarzwälder Buttermilch, Schwarzwälder Schichtkäse, Schwarzwälder Frischkäse und Schwarzwälder Kaffeesahne mit Bollenhut und Schwarzwaldlogo verkaufte – und jeder dachte, das Zeug habe Schwarzwälder Milch von Kühen zum Ursprung, die in Schwarzwälder Ställen stünden. Vermutlich lief es mit dem Unternehmen so gut, dass es im gesamten Schwarzwald nicht genügend Milch gab, jedenfalls stammte die Milch in Wahrheit aus dem Allgäu, was aufmerksame Kunden sogar schmecken konnten. Der Schwindel flog 2010 auf. Dass die Firma Breisgaumilch kurz nach ihrem imageschädigenden Etikettenschwindel ihre Marke aufgab und sich in »Schwarzwaldmilch« umbenannte, hat laut Angaben des Unternehmens nichts damit zu tun.
    Die Kunden hinters Licht zu führen ist in manchen Kreisen der Wirtschaft so normal, wie es unanständig ist. Wenn es kurzfristig Umsatz bringt, wird es einfach gemacht. Die langfristigen Folgen sind egal. Als Verbraucher haben wir nach zig Skandalen in den letzten Jahrzehnten jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass wir uns auf nichts mehr verlassen können.
    Aber am allerschmutzigsten geht es dort zu, wo der Ursprung der Renditegier der Manager sitzt: bei den internationalen Finanztransaktionen, die sekündlich über die Bildschirme der Brokerzunft flimmern. Dieses Geschäft ist der Wilde Westen, denn es gibt ja in diesem Feld nicht einmal Gesetze, auf deren Verletzung hin man die Täter verfolgen könnte.
    Ich glaube, wir alle fühlen instinktiv, dass es so nicht mehr weitergeht. Wir leben in einer unglaublich abgefahrenen, zutiefst verunsichernden Zeit, in der sich radikalste Veränderungen mit irrwitziger Geschwindigkeit abspulen. Wir erleben, wie gestern noch scheinbar festgefügte Systeme plötzlich kollabieren. Ich bin damit aufgewachsen, dass in Ägypten Mubarak und in Libyen Gaddafi herrschen. Das war so sicher wie die Tatsache, dass ein Taxi beige ist und aus Untertürkheim stammt. Und plötzlich ist das alles weggefegt.
    Ich bin damit aufgewachsen, dass trotz Tschernobyl gegen die Atomindustrie kein Kraut gewachsen ist, und wenn man auch noch so heftig dagegen demonstriert. Und plötzlich wird die Atomwirtschaft von der schwarzgelben Bundesregierung so schnell wie möglich aus dem Land geworfen.
    Ich bin mit einer stabilen Währung in einem vereinigten Europa aufgewachsen, und heute droht uns der Euro mitsamt der EU um die Ohren zu fliegen. Alles scheint möglich. Alles ist irgendwie extrem verdreht. Auf nichts ist mehr Verlass. Alles passiert von heute auf morgen. Und niemand blickt mehr durch.
    Während sein Land vor die Hunde geht, sitzt da der griechische Milliardär George Economou, der weltweit zweitgrößte Besitzer von Riesen-Containerfrachtern der Panamax-Klasse, nach ausgiebigem Kunstwerke-Shopping bei Noch-Metro-Chef Eckhard Cordes im Büro auf dem Ledersessel und will von ihm für ein paar Milliarden die Warenhauskette Kaufhof übernehmen. Während seine Landsleute unter den drakonischen Sparmaßnahmen ächzen, die federführend die Bundeskanzlerin des Heimatlands von Kaufhof durchdrückte. Das ist einfach nur durchgeknallt.
    Wir ärgern uns und wir wissen, dass die Profiteure all dieser Verrücktheiten am Ende immer nur einige wenige sind. Und diese wenigen sind immer diejenigen, die nicht Waren oder Dienstleistungen verkaufen, sondern Geld. Sie sitzen in ihren Villen an der Goldküste des Zürichsees oder in den Beverly Hills vom Genfer See und produzieren nichts, sie erzeugen keinen Mehrwert, sie erfinden nichts, innovieren nichts, verkaufen nichts, sie haben einfach nur Geld und lassen es per Computer ein paarmal pro Minute um den Globus wandern, um es zu vermehren. Legal. Steuerfrei.
    Wir, der »neue Mittelstand« zwischen Geldadel und Transferleistungsempfängern, sind das Melkvieh. Wir sollen einfach nur stillhalten, effizient
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