Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)
Autoren: Emily Byron
Vom Netzwerk:
riechen.
    Riechen?
    O Gott, ich müffelte doch nicht etwa?
    Dieser unsinnige Gedanke half mir, mich wieder einigermaßen mental an die Bushaltestelle zurückzuversetzen. Sie sehen, ich konnte selbst die aufregendsten Szenen ruinieren. So war das eben, wenn man nicht gerne unten lag. Ich bestimmte, was ich fühlte und wann ich es fühlte. Und kein anderer. Mal ganz abgesehen davon, dass der dunkle Fremde und ich viel zu weit auseinander waren, als dass er auch nur mein Parfüm hätte erschnüffeln können. Mein RicciRicci, heiß geliebt und stets eine Investition wert. So schwer und gleichzeitig doch leicht, wie eine Blumenoase mitten in der kargen, unerbittlichen Wüste …
    Ein Lachen riss mich aus meinen Gedanken. Ein Lachen voller Versprechungen, herzlich und echt wie Holz mit dem vollen Ton von Waldesrauschen. Ein Lachen, so tief wie die Wurzeln meiner Pappel in der Erde und so intensiv wie die wärmende Sonne nach einem Regenschauer. Ich schüttelte kurz den Kopf, ordnete meine Gehirnwindungen neu und konzentrierte mich abermals auf den Fremden unter meinem Baum.
    Er war weg.
    Wo war er hin? Und wieso hatte ich nicht gesehen, dass er sich bewegt hatte?
    Super, Aline, ganz super. Mal wieder kurz die Kontrolle verloren und ein geheimnisvolles Beobachtungsobjekt gleich dazu. Verdammt! Ich ließ meinen Blick über den gesamten Park schweifen – oder vielmehr über das, was ich in der Dunkelheit noch erkennen konnte.
    Nichts. Nur der Regen, der unaufhaltsam auf die Blätter schlug und blechern gegen das Dach der Bushaltestelle trommelte.
    Während ich noch so grübelte und versuchte, meiner sich überschlagenden Gedanken Herr zu werden, quietschten auch schon laut die Bremsen des Busses hinter mir.
    Ach, stimmt, ich wollte ja eigentlich nach Hause.

2
    Zu Hause angekommen, war der Abend für mich erst einmal gelaufen. Ein fieser, drückender Kopfschmerz begann sich in der hinteren Hälfte meines Schädels auszubreiten, als würde jemand langsam, aber stetig mit einer Hand zudrücken. Ich bekam doch hoffentlich keine Erkältung?
    Achtlos ballerte ich die durchnässten Schuhe in die Ecke, überlegte es mir dann aber doch anders und verfrachtete sie auf die Heizung. Es gibt kaum was Ekligeres, als am nächsten Morgen in noch klamme Schuhe zu schlüpfen. Eigentlich hatte ich saumäßigen Hunger und mich schon auf eine kalorienreiche Fertigpizza gefreut, doch nachdem sich der Kopfschmerz nach einem Blick auf das noch tiefgekühlte Mahl dazu entschloss, auch seinen Freund Übelkeit zur Party einzuladen, wanderte das kleine Stückchen Italien wieder ins Gefrierfach. Auch der schon auf der Anrichte auf mich wartende Rotwein musste seine Vorfreude aufs Entkorkt-werden unterdrücken. Alkohol und Kopfschmerz war eine fatale Kombination. Man konnte mir ja viel Unvernunft nachsagen, aber so masochistisch war ich dann doch nicht. Zügig entledigte ich mich meiner Tagesklamotten auf einem Stuhl gegenüber vom Bett und schlüpfte anschließend in meine geliebte graue Jogginghose, zog einen rosafarbenen Fleecezipper über, und fertig war die Kuschelmontur. Meine weißen Eisbärpuschen rundeten das Ensemble perfekt ab, auch wenn ich an diesem Abend dafür nicht wirklich ein Auge hatte. Normalerweise fand ich mich selbst mit meinen kurzen roten Strubbelhaaren in dieser Kombination immer ganz niedlich, doch heute war mir nicht nach Selbstbeweihräucherung vor dem Spiegel. Hauptsache trocken und warm, mehr brauchte ich nicht.
    Doch, eine Aspirin.
    Während ich mir also eine Sprudeltablette in ein Wasserglas schnipste, fragte ich mich noch, wann ich wohl das letzte Mal solche Kopfschmerzen gehabt hatte. Ein leicht geprellter Fuß, als mich vor Kurzem ein nicht gerade rücksichtsvoller Rentner mit seinem Rollator „überfuhr“ und mir statt sich zu entschuldigen auch noch einen Stinkefinger zeigte – ja, das passierte mir in der Großstadt schon mal häufiger. Aber Kopfschmerzen? So richtig arg hatte ich die zuletzt vor ganzen vier Jahren, und das, nachdem mir mein damaliger Freund verkündet hatte, er hätte mit einer anderen geknutscht.
    Autsch.
    Ich hatte mich damals auf ein schönes Wochenende zu zweit gefreut, als er zur Tür hereinkam. Das Essen stand bereits auf dem Tisch, ich hatte mich extra an den Herd und dazu noch in Schale geschmissen – bei einer Wochenendbeziehung erhöhte sich nämlich sprunghaft die Qualität der gemeinsamen Zeit. Ich hatte sofort gespürt, dass etwas anders war, es jedoch auf das typische Fremdeln
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher