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Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story

Titel: Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
Autoren: Gina French
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Begegnung nicht mehr erinnere. Ich muss die meiste Zeit im Gefängnis unter Schock
gestanden haben. Im Laufe der Monate hatte er Geduld ohne Ende an den Tag gelegt, als ich ihm von meinem Leben mit Paul erzählte. Er bot mir sogar einen Übersetzer an, aber ich sagte, ich wolle es lieber auf Englisch versuchen. Schließlich fühlte ich mich in der Lage, ihm die ganze Geschichte zu erzählen.
    »Wäre es möglich, noch einmal bei meiner Kindheit anzufangen?«, fragte ich ihn.
    »Selbstverständlich«, antwortete er. Er muss erleichtert gewesen sein, dass ich ihm endlich etwas an die Hand gab, womit er arbeiten konnte.
    »Ich glaube nicht, dass das für meinen Fall einen gro ßen Unterschied macht«, sagte ich. »Ich möchte nur gern, dass Sie wissen, wer ich bin und wie es dazu kam, dass ich so etwas Schreckliches getan habe.«
    Der Fall kam sieben Monate nach Pauls Tod zur Verhandlung. Der Richter las alles, was Dr. Naismith geschrieben hatte, und hörte sich an, was die Anwälte zu sagen hatten. Mein Verteidiger trug die Geschichte für mich vor, ich musste also nichts sagen. Dr. Reynolds flog von Brunei her, um für mich auszusagen, nachdem sich mein Anwalt mit ihm in Verbindung gesetzt hatte; er erzählte dem Gericht, was ich damals mit Paul durchgemacht hatte. Ich bekam nie Gelegenheit, von Angesicht zu Angesicht mit ihm zu sprechen, weil er sofort nach Brunei zurückfliegen musste, aber am Telefon redeten wir miteinander. Ich war ihm sehr dankbar. Die philippinische Regierung hatte auch Hilfe in jeder Hinsicht angeboten - sie wollte sogar meinen Vater zum Prozess nach England fliegen, aber er lehnte dankend ab und sagte, er sei schon zu alt zum Reisen. Es wäre herrlich gewesen, wenn er gekommen wäre, doch das konnte ich nicht von ihm erwarten.
Ich war jetzt erwachsen, und ich wollte ihm nicht noch mehr Ärger bereiten, als ich es sowieso schon getan hatte.
    Am Anfang war ich auf der Anklagebank recht nervös, denn ich wusste ja nicht genau, was sich da abspielte und was mit mir passieren würde. Jedes Mal, wenn ich in den Gerichtssaal ging, verwirrte mich alles noch mehr. Am Ende gab ich es dann auf, die Vorgänge verstehen zu wollen, und setzte mich einfach hin, um das Urteil abzuwarten.
     
    »Ich bin selten jemandem begegnet, der auf einer so tiefen Talsohle angekommen ist wie Sie«, sagte der Richter, als er die ganze Geschichte meiner Vergangenheit vernommen hatte.
    Meine Anwälte plädierten auf Totschlag bei »verminderter Schuldfähigkeit«, da ich aufgrund meines Geisteszustands nicht zurechnungsfähig sei.
    »Ich verurteile Sie zu drei Jahren auf Bewährung«, sagte der Richter, »unter der Bedingung, dass Sie sich die ganze Zeit einer psychiatrischen Behandlung unterziehen.«
    Bewährung? Was sollte das heißen? Mein Anwalt machte einen sehr zufriedenen Eindruck. Ich schaute mich um, und alle sahen zufrieden aus, bis auf Pauls Familie, die gekommen war, um dem Prozess beizuwohnen; sie wollte, dass ich möglichst streng bestraft würde.
    »Was soll das heißen?«, fragte ich meinen Anwalt.
    »Das bedeutet, dass Sie nicht ins Gefängnis müssen«, erwiderte er. »Sie sind frei, müssen aber in den nächsten drei Jahren Ärzte aufsuchen, die Sie hoffentlich wieder gesund machen, damit Sie für Ihren Sohn sorgen können.«

14. KAPITEL
    Ende gut, alles gut
    Nach der Verkündung eines Bewährungsurteils muss man das Gefängnis sofort verlassen, selbst wenn man nicht weiß wohin. Ich hatte nicht damit gerechnet, auf freien Fuß zu kommen, und deshalb keine Vorkehrungen getroffen. Als ich Julie anrief, um sie zu fragen, ob ich ihr Angebot wirklich annehmen und bei ihr wohnen dürfe, stellte ich fest, dass sie in Urlaub war. Sie sagte, sie käme zurück, um mich abzuholen, aber das würde mindestens eine Stunde dauern; es war jedoch nicht gestattet, dort zu warten. In der Zwischenzeit rief eine andere Zellengenossin ihren Freund an und bat ihn, zu kommen und mich am Gefängnistor in Empfang zu nehmen. Doch das lehnte ich ab, ich wollte lieber auf jemanden warten, den ich kannte.
    »Du warst die Einzige hier, die nett zu mir war, als ich deprimiert war«, sagte sie. »Du hast mir von deinen Zigaretten abgegeben und mich mit offenen Armen aufgenommen, als ich dich gebraucht habe.«
    Alle waren so hilfsbereit, aber ich wusste nicht, was los war oder wo ich in meiner ersten Nacht in Freiheit schließlich enden würde. Ich kannte niemanden in England, von Pauls Familie abgesehen, und die würde mich ja wohl kaum
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