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Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story

Titel: Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
Autoren: Gina French
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bei seinen Pflegeeltern und machte ein ganz trauriges und ernstes Gesicht, wenn er mich ansah. Ich musste mich arg zusammennehmen, um nicht in Tränen auszubrechen. Ich war so stolz auf ihn und wie er mit dem Leben zurechtkam, das er mir zu verdanken hatte. Er war die Liebe meines Lebens, und ich wollte nur immer bei ihm sein. Es durfte nicht wahr sein, dass ich Gefahr lief, für immer von ihm getrennt zu werden - wie ich von Dailyn getrennt worden war. Michael durfte immer nur eine Stunde bleiben, und ich sah dann, wie an der Uhr an der Wand die Minuten wegtickten, obwohl ich ihn für immer und ewig in den Armen halten wollte.
    »Warum bist du hier drin?«, fragte er mich bei seinem ersten Besuch und warf einen Blick auf all die Beamten in Uniform.
    »Ich arbeite hier«, log ich, denn ich wollte ihm vor den ganzen Leuten nicht die Wahrheit erklären müssen, schließlich wusste ich ja, dass er noch über meine Worte nachdenken würde, wenn er wieder gegangen war; und dann war ich nicht mehr da, um seine Befürchtungen zu zerstreuen.
    »Kannst du nicht woanders einen Job kriegen?«, fragte er. »Damit wir die ganze Zeit zusammen sein können.«
    »Vielleicht bald«, sagte ich.
    Als Julie, die Köchin vom Fox and Hounds erfuhr, was passiert war, schrieb sie mir und kam mich besuchen. Sie war mir wirklich eine Stütze. Zwei andere Mädchen, die im Fox and Hounds arbeiteten, besuchten mich ebenfalls. Sie erzählten mir, dass sie gesehen hätten, wie Paul Michael behandelt hatte, und sie fanden, dass man mich nicht bestrafen sollte, weil ich mich und meinen Sohn geschützt hatte. Sie ermöglichten es mir, den Verteidiger zu wechseln und einen zu nehmen, von dem sie wussten, dass er an mich und meinen Fall glaubte. Ich war ihnen so dankbar, dass sie für eine praktisch Fremde all diese Mühen auf sich nahmen.
    »Du brauchst einen anständigen Strafverteidiger«, sagten sie zu mir. »Du darfst dich auf nichts verlassen, was vom Staat kommt.«
    Ich hatte Julie noch nie zuvor gesehen. Aber Michael sagte, dass sie nett sei, und so war sie mein bester Trumpf.
    »Wenn du hier rauskommst«, sagte sie, »kannst du bei uns wohnen.«
    Es war sehr großzügig von ihr, jemandem zu helfen, den sie nicht einmal kannte, und ich war sehr gerührt. Aber alle warnten mich und meinten, dass ich mich auf eine lange Strafe einstellen solle, deshalb hatte ich meine Zweifel, ob ich ihr Angebot überhaupt würde annehmen können.
    Die anderen Frauen im Gefängnis sagten mir, dass mein Staatsanwalt ein schrecklicher Mann sei und mich hinter Schloss und Riegel bringen wolle, aber bei den Verhören schien er mir ganz in Ordnung zu sein. Als der Tag des Prozesses endlich gekommen war, bat ich Gott in meinen Gebeten um Hilfe, das durchzustehen und mir zu erlauben,
so schnell wie möglich wieder bei meinem Sohn zu sein. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Michael, bis ich herauskam, womöglich schon erwachsen war. Mir gingen so viele unerträgliche Gedanken durch den Kopf, dass ich mein Gehirn fast schon abschotten musste, um unter der Belastung nicht einfach zusammenzubrechen. Ich kam mir vor wie ein Zombie und durchlief das Strafverfahren wie eine Schlafwandlerin. Trotz allem, was in meinem Leben passiert war, hatte ich mir immer den starken Glauben bewahrt, den meine Eltern mich gelehrt hatten, und ich hatte das Gefühl, dass Gott mir schon gnädig sein würde, falls ich seine Gnade verdient hatte.
    Da ich niemandem von meinem Leben auf den Philippinen erzählt hatte und sich in mir alles aufgestaut hatte, überkam mich plötzlich das Bedürfnis, Dampf abzulassen. Vor dem Prozess blieb ich die ganze Nacht wach und schrieb wie eine Wilde alles, was in meiner Kindheit und in Manila passiert war, nieder und auch alles bis zu dem Augenblick, als ich durchgedreht und auf Paul losgegangen war. Ich hatte im Gefängnis überhaupt nicht über meine Tat gesprochen, denn ich dachte, es sei besser, nichts verlauten zu lassen, denn sonst würde ich womöglich meine Chancen gefährden, Michael zurückzubekommen, falls ich denn freikäme. Aber jetzt, als die letzten Stunden so dahingingen, ließ ich alles aus mir heraussprudeln und füllte Seite um Seite mit meiner ordentlichen, zierlichen Schrift.
    Als Dr. Naismith, der von der Staatsanwaltschaft bestellte Psychiater, mich am Morgen noch einmal aufsuchte, reichte ich ihm meine Aussage. Er war der Psychiater, der mich an meinem ersten Tag im Gefängnis aufgesucht hatte, auch wenn ich mich an diese
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