Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story

Titel: Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
Autoren: Gina French
Vom Netzwerk:
ersten in meinem Leben. Und sie verbesserten meine Laune auf der Stelle.
    »Wo ist deine Mama?«, fragte die Frau.
    Ich nahm sie mit zum Stand meiner Mutter und hoffte, dass sie mir meinen Fehler von vorhin verziehen hätte und jetzt von der Großzügigkeit der Frau beeindruckt wäre. Zu meinem Entsetzen bat die Frau um Bezahlung der Ohrringe. Mama war wütend. Unter Tränen versuchte ich zu erklären, dass ich keine Schuld hätte - dass diese Frau mir die Ohrringe ohne mein Wissen einfach hineingesteckt hatte. Aber sie glaubte mir offensichtlich nicht. Jetzt kostete ich sie also noch einmal Geld.
    Mama gab nie Geld für etwas aus - bis auf Essen. Wir hatten keinen netten Krimskrams zu Hause, wie ich ihn bei anderen Leuten sah; Mama kaufte auch nie etwas für sich.

    »Man kann netten Krimskrams nicht essen«, sagte sie immer abschätzig, wenn ich vorschlug, dass sie sich doch etwas Hübsches genehmigen solle, wenn wir in der Stadt waren und am Ende eines Arbeitstages Geld in der Tasche hatten.
    »Sie können die Ohrringe zum halben Preis (etwa drei Cent) haben«, sagte die Frau, als ihr klar wurde, dass Mama es auf eine Auseinandersetzung ankommen lassen würde. Aber sie war auch dazu nicht bereit. Ich musste die Ohrringe zurückgeben, und als ich sie der Frau aushändigte, fühlte ich, wie sich wieder Enttäuschung in mir breit machte. Für den Rest des Tages hielt ich einfach den Mund, bis es Zeit war, zusammenzupacken und nach Hause zu gehen, denn ich hatte Angst, dass sie mir den Hintern versohlen würde, wenn ich noch einen Fehler machte.
    Unsere Eltern waren streng und immer schnell bereit, uns mit dem Stock zu verhauen, wenn wir uns schlecht benahmen. Unser Vater musste uns nur einmal drohend anschauen, dann wussten wir schon, dass wir uns zusammenreißen mussten oder die Konsequenzen zu tragen hätten. Wenn Erwachsene bei uns zu Besuch waren, wussten wir, dass wir in unseren Zimmern zu bleiben hatten, bis sie wieder weg waren. Wir konnten mit Papa nie über etwas reden, das irgendwie wichtig für uns war. Er stellte uns nie eine persönliche Frage über unser Leben oder unsere Träume, er erfuhr alles über uns aus zweiter Hand von Mama. Das bedauere ich noch immer sehr. Ich hätte mir immer gewünscht, dass er mich besser kennen gelernt und sich mehr dafür interessiert hätte, was in meinem Leben und in meinem Kopf vorging.
    Mama war auch sehr streng. Sie schüttete uns Chili in den Mund, wenn sie hörte, dass wir fluchten, und sie
schlug uns mit dem Stock, wenn wir nicht gehorchten. Sie hatte keine Zeit, geduldig mit uns zu sein, denn ständig mussten so viele Arbeiten im Haus erledigt werden. Wenn sie uns nicht mehr stillen wollte, rieb sie Chili-Pulver auf ihre Brustwarzen. Bei einigen von uns hat das geklappt, manche entwickelten dadurch aber nur eine Vorliebe für scharfes Essen, die das ganze Leben lang anhalten sollte.
    Wenn ich heute zurückblicke, kann ich verstehen, weshalb meine Eltern sich so verhielten. Aber damals wunderte ich mich immer, weshalb sie meinten, so streng sein zu müssen. Manchmal schlug mich Mama wegen der kleinsten Kleinigkeiten, wie mir schien. Danach kauerte ich mich in einer Ecke zusammen und weinte. Immer wenn ich mit einem Stock - oder was ihr sonst gerade in die Hände fiel - verhauen wurde, machten sich meine Geschwister über mich lustig. Zweifellos waren sie einfach froh, dass nicht sie geschlagen worden waren, aber gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass die ganze Welt gegen mich war. Heute ist mir klar, wie schwierig es für Mama und Papa gewesen sein muss, neun übermütige Kinder großzuziehen, und trotz unserer striemenübersäten Hinterteile liebten wir unsere Eltern alle sehr.
    Mit sechs Jahren wurde ich im Dorf Panlayaan weiter unten am Berg eingeschult, und da wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass meine Familie doch ein wenig anders war.
    Ich wusste bereits von den Ausflügen zu den Märkten mit meiner Mutter, dass es in den Dörfern und Städten viel Seltsames und Beängstigendes zu sehen gab. Ich versteckte mich immer vor den Polizisten, weil sie beim Regeln des Verkehrs stets leuchtend rote Handschuhe trugen - ich
dachte, sie wären vom Blut der Einheimischen, wie wir welche waren, durchtränkt. Ich hatte vermutlich Recht, vor ihnen auf der Hut zu sein, wenn auch aus anderen Gründen. Wenn man so arm ist, hat man praktisch kein Hab und Gut zu schützen und auch keinen Einfluss, und somit hat die Polizei keinen Grund, gut Freund zu sein. Das erste Mal,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher