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Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story

Titel: Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
Autoren: Gina French
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fing Papa an, ein neues Haus zu bauen; er verwendete Palmwedel, um das Dach zu decken, wie es hier üblich war, und dieser Ersatz war dann das Haus, in dem ich zur Welt kommen sollte. Das Leben musste weitergehen; selbst nach einer so schrecklichen Tragödie war nie Zeit, sich lange in Traurigkeit zu ergehen.
    Der Name des verstorbenen Babys war Berhelia gewesen, und sie war die vierte Tochter, nach Sonia, Marilyn - ihr Spitzname war Gang - und Joselyn, die in der Familie meistens »Beth« gerufen wurde. Mein Vater muss sich
sehnlichst einen Sohn gewünscht haben, der ihm mit der Landwirtschaft half, aber Mama gebar weiterhin Mädchen. Als dann schließlich ich kam, um Berhelias Platz einzunehmen, hatte er wohl schon jegliche Hoffnung aufgegeben, denn er behandelte mich immer fast wie einen Jungen und zog mir nur kurze Hosen und T-Shirts an. Ich sah mich gezwungen, mich meist wie ein Bub zu benehmen, und er belohnte mich, indem er mir zum Beispiel einen eigenen Drachen bastelte. Jeder machte Witze darüber, dass ich sein Lieblingskind war.
    »Ach, Gina«, sagte Mama immer ganz verzweifelt, wenn sie meinen knochigen kleinen Körper und die Jungenklamotten anschaute, »wie sollen wir je einen Mann für dich finden?«
    »Ach was«, sagte ich dann mit einem Achselzucken, »mir ist das egal.«
    Ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt einen Mann wollte, wenn das bedeutete, dass ich mit einer Horde Kinder dasaß und so hart arbeiten musste wie meine Mutter.
    Nach meiner Geburt hatte die Pechsträhne meines Vaters dann ein Ende, und Mama bekam fünf Söhne - einen nach dem anderen: Raul - meist Boy genannt -, Christopher, Argie, Michael und Normhel. Aber Papa behandelte mich trotzdem weiterhin wie einen Sohn und nicht wie eine seiner Töchter. Als Mutter mit Normhel schwanger war, war meine älteste Schwester Sonia gleichzeitig auch zum ersten Mal in anderen Umständen - was Mama sehr peinlich war. Ich stand den älteren Jungen immer näher als meinen Schwestern, klaute ihnen die Klamotten, wenn meine schmutzig oder zerrissen waren, und kämpfte wie eine Wilde, wenn sie sie mir wieder abnehmen wollten.

    Sobald wir dazu in der Lage waren, mussten wir alle zu Hause helfen: Wasser von der Quelle in der Nähe holen, um die Tonnen aufzufüllen, das Haus putzen, bevor wir zur Schule gingen, auf dem Kohlenfeuer kochen und in die Berge hinaufstapfen, um unserem Vater beim Bestellen der Felder zu helfen. Wenn Mama mit irgendwelchen Waren in die Stadt ging, um sie dort am Straßenrand zu verkaufen, nahm sie mich immer mit, und ich half ihr dann, so gut ich konnte, machte Besorgungen und bezirzte die Kunden.
    Eines Tages ließ mich Mama allein; ich sollte auf die Bananen und das Gemüse aufpassen, während sie unseren Stammkunden etwas lieferte. Der Ticket-Mann kam zu unserem Stand und rief »Tickets, Tickets!«. Er wollte sein Geld für den Platz, den er uns vermietete, umgerechnet so etwa zwei Cent. Mama hatte mir aber kein Geld dagelassen, und so bat ich ihn, sich zu bedienen und als Bezahlung so viele Bananen zu essen, wie er nur konnte. Er schien mit dem Vorschlag glücklich zu sein und nahm sich eine Staude, wobei er die erste Banane gleich in sich hineinstopfte. Ein paar Minuten später ging er wieder, und ich sah Mama zu unserem Stand zurückkommen. Ich war so stolz auf mich, dass ich es gar nicht abwarten konnte, ihr zu erzählen, wie ich mit meiner raffinierten Geschäftsidee Geld gespart hatte.
    »Mama«, sagte ich.
    »Ja, nene (Kleines)?«
    »Ich habe den Ticket-Mann nicht bezahlt.«
    »Hast du ihm gesagt, dass er noch einmal kommen soll?«
    »Nein«, antwortete ich und konnte ein stolzes Lächeln kaum verbergen. »Den sehen wir erst nächste Woche wieder.«

    Sie wollte wissen warum, und ich erklärte ihr, was ich getan hatte.
    »Was?«, rief sie aus, und da wurde mir klar, dass ich einen schrecklichen Fehler gemacht hatte.
    »Aber Mama«, protestierte ich, »ich habe dir zwei Cent gespart.«
    »Heiliger Himmel, Gina, aber was er gegessen hat, war mehr wert als zwei Cent! Verschwinde, geh mir aus den Augen!«
    Ich war niedergeschlagen, weil ich so einen dummen Fehler gemacht hatte, und schlenderte ziellos zwischen den Marktständen umher. Eine Frau, die herumging und fantasievolle Ohrringe verkaufte, kam auf mich zu.
    »Ach«, rief sie, »du bist aber süß!«
    Sie berührte mich an den Ohren und piekste mich ein bisschen. Als ich sie mit den Fingern betastete, stellte ich fest, dass ich ein Paar Ohrringe trug - die
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