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Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)

Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)

Titel: Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
Autoren: Kirsten Greco
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streifte.
    »Alles in Ordnung, Kleines? Du hast geweint …«
    Anna rieb sich durchs Gesicht. Natürlich war Peter das nicht entgangen. Ihre Augen brannten immer noch, die Lider fühlten sich bleischwer an, und als sie das letzte Mal in den Spiegel geschaut hatte, zierten dicke rote Flecken ihr Gesicht. Wahrscheinlich waren ihre Augen gerötet, was aber auch durchaus daran liegen konnte, dass sie in dieser Nacht so gut wie gar nicht geschlafen hatte. Anna lächelte schwach.
    »Es geht mir gut, Peter. Wirklich. Setzt euch doch erst mal.«
    Sie winkte die beiden an den niedrigen Kindertisch in der hinteren Ecke des Sonnenecks, an dem eine Handvoll Kinderstühlchen lehnten, und griff nach der Kaffeekanne.
    »Da soll ich sitzen, Anna?« Edmund runzelte die Stirn, doch Anna drückte ihn grinsend auf einen der winzigen Stühle.
    »Keine Sorge, Ed. So schwer bist du nun auch wieder nicht.«
    Der große Okeanid beäugte die Stühlchen skeptisch und faltete die Hände ergeben im Schoß, offenbar davon überzeugt, dass die Holzbeinchen jeden Moment unter ihm einknicken würden. Anna wartete, bis sich auch Peter setzte, und schenkte dann ein. Lächerlich, der Kaffee könnte jederzeit als Kamillentee durchgehen … Müde setzte sie sich an die Kopfseite des Tischchens.
    »Nun?« Peter sah sie mit hochgezogenen Brauen an.
    »Wir haben etwas gefunden heute Nacht.« Langsam zog Anna den Brief aus ihrer Hosentasche, entfaltete ihn und legte ihn wortlos auf den Tisch. Die Tinte war an mehreren Stellen verschwommen, Beweis für Peters Annahme …
     
    Liebste Anna,
     
    wir wünschen dir zu deinem achtzehnten Geburtstag alles Gute. Nun bist du also erwachsen. Und was für ein wunderbarer Mensch du geworden bist. Wir sind so stolz auf dich. Wir haben lange überlegt, was für ein Geschenk wir dir machen können, das dir zeigt, wie viel Freude du uns jeden Tag bereitest. (Du weißt, das Geld ist ein wenig knapp im Augenblick …) Dann ist uns das Medaillon deiner Großmutter eingefallen. Es gehört zu den wenigen Kostbarkeiten, die wir noch besitzen und nicht hergeben und zu Geld machen wollen. Öffne es, mein Kind, es wird dir gefallen. Öffne es mit dem Wissen, dass wir dich in unserem Herzen tragen. Egal, wo du bist, wo immer das Leben dich hinträgt, wir sind bei dir.
     
    In Liebe,
    Mama und Papa
     
    »Endlich habe ich ihn verstanden«, begann Anna, als keiner der Männer das Wort ergreifen wollte. Edmund sah sie verwirrt an. »Den Phönix. Er hat mich zu ihnen geführt.«
    Peters Gesicht war aschfahl geworden und Anna legte sacht ihre Hand auf seine Schulter.
    »Ich habe wieder geträumt, Peter. Der Phönix. Warum habe ich das nicht längst verstanden? Er hat mich zu ihnen geführt«, wiederholte sie leise. »Wir haben die ganze Nacht gesucht. Ich war mir plötzlich absolut sicher. Etwas befand sich im Sonneneck, direkt unter meiner Nase. Erin hat den Brief unter Papas Geldschatulle gefunden, mit Wachs festgeklebt. Ich sollte ihn an meinem achtzehnten Geburtstag bekommen. Vier Jahre lang bin ich daran vorbeigelaufen.«
    Anna rieb sich entschieden die Augen, sie hatte genug Tränen vergossen. Kopfschüttelnd schielte sie zu der hölzernen Schatulle, die zur Ladenkasse umfunktioniert worden war und auf der Theke stand. Schließlich zog sie die silberne Kette mit dem Bernsteinmedaillon unter ihrem Hemd hervor, streifte es über den Kopf und öffnete den Verschluss. Ihre Hände bebten, als sie es wortlos neben den Brief legte. Nun war es um die Fassung des alten Mannes geschehen. Er schluchzte laut auf und vergrub sein Gesicht in den Händen.
    »Es ist gut«, entschied Anna, »es ist wirklich gut. Bitte, Peter, beruhige dich. Sie würden nicht wollen, dass wir hier herumsitzen und Trübsal blasen.« Anna hielt inne und drückte Peters Hand. »Endlich habe ich verstanden. Peter, sie sind bei mir, bei uns. Egal, wo wir sind oder was wir tun. Sie sind immer hier gewesen. Es geht mir gut.« Anna atmete tief durch. »Zum ersten Mal seit sehr, sehr langer Zeit fühle ich mich frei. Sie haben mir geschenkt, was ich am dringendsten brauchte. Sie haben mir Frieden gegeben. Frieden und Freiheit. Und der Phönix hat mich zu ihnen geführt.«
    Peter schniefte noch einmal laut, wischte sich mit dem Ärmel seines abgetragenen blassblauen Hemds durchs Gesicht und versuchte es mit einem Lächeln.
    »Was für ein Glück, dass Erin mitgekommen ist, nicht wahr, Kleines?«
    Anna nickte gedankenverloren. Sie hatte Erin viel, sehr viel zu verdanken.
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