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Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)

Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)

Titel: Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
Autoren: Jeri Smith-Ready
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möchtest du nicht sehen, glaub mir.«
    »Gut, dann eben gar nicht.« Ich knipste das Licht aus und wollte gerade den Obsidian-Blocker einschalten, als die Geisterfrau wie ein violetter Blitz auf mich zuschoss.
    »Nicht!« Sie blieb wenige Zentimeter vor mir stehen und stieß einen schrillen Schrei aus, der meine Ohren zum Klingeln brachte.
    Falls sie geglaubt hatte, ich würde zurückzucken, täuschte sie sich. Ich verschränkte die Arme, dann hob ich die Hand und legte sehr langsam und sehr entschlossen den Zeigefinger auf den Schalter.
    »Ich warne dich«, kreischte sie mit sich überschlagender Stimme, um mir Angst einzujagen. »Mach sofort das Licht wieder an.«
    »Sie haben gesagt, Sie wollen mit mir reden. Ich spreche aber nicht mit Geistern, die ich nicht sehe.« Mein Zeigefinger lag immer noch auf dem Schalter des Blockers. »Unangenehmes Gefühl, so in die Ecke gedrängt zu werden, was? Genau so fühle ich mich Tag für Tag, wenn Geister wie Sie mich zwingen, mir ihre Geschichten anzuhören.«
    »Wie kannst du es wagen?« Die Frau schlug mir mit gekrümmten Fingern quer übers Gesicht. Ihre Hand fuhr durch meinen Kopf hindurch, ohne dass ich auch nur einen Lufthauch verspürt hätte. »Nach allem, was ich durchgemacht habe. Sieh mich doch nur an!«
    Ich versuchte es, aber sie zitterte vor Empörung so sehr, dass die violetten Konturen ihres Körpers zu einem einzigen Durcheinander heller Linien verschwammen. Es war ein bisschen so, wie wenn ich ohne Kontaktlinsen fernschaute.
    »Mal abgesehen von Ihren Schuhen, die etwas schicker sein könnten, sehen Sie ganz okay aus«, sagte ich achselzuckend.
    Die Geisterfrau blickte an sich herab und zog überrascht die Brauen hoch. Sie hatte ihre blassvioletten Haare, die zu Lebzeiten wahrscheinlich grau gewesen waren, zu einem Knoten hochgesteckt, trug ein elegantes Kostüm mit Schluppenbluse und dazu Pumps mit niedrigen Absätzen. Die Frau sah aus wie all die anderen alten Bonzenzicken, die in den Villen hier im noblen Vorort Roland Park residierten und sich mit Golf und Cocktails im Country Club die Zeit vertrieben. Vermutlich betrachtete sie ihr eigenes Ableben als absolut skandalös .
    »Ich konnte mich bis jetzt nicht sehen«, sagte sie erstaunt, »und hatte angenommen, ich wäre …« Sie strich sich über den Bauch.
    »Was? Dicker?«
    »Aufgeschlitzt worden …«
    »Oh.« Plötzlich schämte ich mich. »Sie sind ermordet worden?« Die Geister alter Menschen waren normalerweise an Herzinfarkten oder Schlaganfällen gestorben. Aber das erklärte natürlich, warum sie so aufgebracht war.
    Sie warf mir einen bösen Blick zu. »Selbstmord war es jedenfalls ganz bestimmt nicht.«
    »Ich weiß«, sagte ich sanft und beschloss, geduldiger mit ihr zu sein. Obwohl sich die Regierung seit dem Shift immer wieder darum bemühte, die Bevölkerung in groß angelegten Kampagnen über das zu informieren, was sie nach ihrem Tod möglicherweise erwartet, gab es genug arme Seelen, die es immer noch völlig unvorbereitet traf. »Wenn Sie sich umgebracht hätten, wären Sie jetzt kein Geist, weil Sie vorher gewusst hätten, dass Sie sterben«, klärte ich sie auf. »Und von den Stichwunden ist deshalb nichts zu sehen, weil Ihr Geist im letzten glücklichen Moment Ihres Lebens materialisiert wurde.«
    Um die Mundwinkel der alten Frau spielte die Andeutung eines Lächelns, während sie ihr Kostüm in Form zupfte. Vielleicht dachte sie an den Tag zurück, an dem sie es getragen hatte. Doch dann hob sie plötzlich ruckartig den Kopf und sah mich mit verzweifeltem Blick an. »Aber warum ?«
    »Woher soll ich das wissen?«, stöhnte ich. »Ich habe keine Ahnung, warum wir Sie überhaupt sehen können. Das weiß niemand, okay?«
    »Nicht in diesem Ton, junges Fräulein!« Sie hob streng einen violetten Zeigefinger. »Als ich in deinem Alter war …«
    »Als Sie in meinem Alter waren, hatte der Shift noch nicht stattgefunden. Sie sollten froh sein, dass Sie überhaupt jemand hören kann.«
    »Ich wäre noch froher, wenn ich nicht …« Die Worte tot wäre brachte sie offensichtlich nicht über die Lippen. Sie holte tief Luft. »Ich brauche jemanden, der das in Ordnung bringt.«
    »Verstehe. Sie wollen also Anklage erheben?« Solche von Geistern angestrengte Mordprozesse waren das Spezialgebiet von Tante Gina, die nicht nur die Schwester meiner Mutter und mein gesetzlicher Vormund war, sondern auch eine leidenschaftliche Rechtsanwältin. Sie glaubte fest an das Konzept des »Inneren Friedens
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