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Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)

Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)

Titel: Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
Autoren: Jeri Smith-Ready
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ausstieg, warf ich einen prüfenden Blick in den Rückspiegel und stöhnte. Ich sah wie eine total verklemmte Bürotusse aus. Hastig kramte ich in meiner Tasche nach den Spängchen mit den Totenköpfen und gekreuzten Knochen, die ich mir vor ein paar Tagen gekauft hatte, und schob sie mir so in die Haare, dass sie kreuz und quer nach allen Richtungen abstanden.
    Stirnrunzelnd begutachtete ich das Ergebnis. Jetzt sah ich aus wie eine Sekretärin, die krampfhaft einen auf Punkgirl macht. Ich zog eine Grimasse und beugte mich noch ein Stück näher zum Spiegel vor.
    Hatte ich tatsächlich einen erschöpften Blick? Ich leckte an meinem Zeigefinger und rieb prüfend über die Haut, um zu sehen, ob vielleicht nur die Wimperntusche verschmiert war. Nein, die grauen Schatten unter meinen Augen kamen eindeutig daher, dass ich zu wenig geschlafen und zu viel darüber nachgegrübelt hatte, was ich gleich zu Logan sagen sollte.
    Als ich den gepflasterten Weg zum Haus hinaufging, hörte ich durch das geöffnete Kellerfenster Gitarrenakkorde.
    Verdammt , z u spät! Wenn Logan erst einmal seine Gitarre in der Hand hatte, vergaß er alles um sich herum, einschließlich mir – seiner Freundin. Dabei musste ich wirklich dringend mit ihm reden.
    Ich trat ohne zu klingeln ins Haus, wie ich es schon als Sechsjährige getan hatte, als die Keeleys noch bei uns um die Ecke in einem Reihenhaus wohnten, das exakt so geschnitten gewesen war wie unseres. Ihre Tür stand immer offen.
    »Hey, Aura«, begrüßte mich Logans fünfzehnjähriger Bruder Dylan, der wie üblich im Wohnzimmer barfuß vor dem Fernseher lag, als ich auf meinem Weg zum Keller an ihm vorbeikam. Er schaute kurz von seinem Ballerspiel auf und zog die Augenbrauen hoch, als er den Riesenbecher Coke-Slush in meiner Hand bemerkte. »So schlimm?«
    »Alte Frau. Ist bei einem Raubüberfall erstochen worden. Semi-Schatten.«
    »Ach du Scheiße.« Dylan richtete den Blick wieder auf den Fernseher und nickte im Rhythmus der Gitarren des Metal-Soundtracks, der aus den Boxen dröhnte. »Energydrinks wirken übrigens noch besser.«
    »Ich schätze, da hat wohl jeder sein eigenes Heilmittel.«
    »Kann sein«, murmelte Dylan und heulte dann plötzlich auf. »Hey! Wa…? Neeeeiiiiiin! Was soll die Scheiße? Ich mach dich platt, du verdammtes Arschloch!« Er warf sich rücklings gegen die Couch und rüttelte so heftig am Joystick, dass er ihn fast abgebrochen hätte. Als sein Avatar von einem Flammenwerfer in ein Häufchen Asche verwandelt wurde, kommentierte er das mit einer Flut noch derberer Beschimpfungen, von denen seine Eltern wahrscheinlich nicht einmal ahnten, dass er sie überhaupt kannte.
    Ich wusste, dass Mr and Mrs Keeley vorgehabt hatten, an diesem Tag in ihre lang geplanten zweiten Flitterwochen auf einem Karibik-Kreuzfahrtdampfer aufzubrechen. Offensichtlich waren sie schon abgereist, sonst hätte Dylan es niemals gewagt, zu Hause so zu fluchen.
    Obwohl mir laute Gitarrenmusik entgegendröhnte, als ich die Kellertür aufzog, schlüpfte ich vorsichtshalber aus meinen Pumps, um möglichst geräuschlos nach unten zu gehen.
    Auf der Hälfte der Treppe beugte ich mich über das Geländer und spähte hinunter. Logan stand mit dem Rücken zu mir und stimmte gerade seine brandneue Fender Stratocaster, während sein Bruder Mickey ein Solo spielte. Logan hatte das T-Shirt an, das ich ihm vor Kurzem bei einem Ausflug nach Ocean City gekauft hatte.
    Gerade neigte er leicht den Kopf nach unten, um auf das Griffbrett seines Instruments zu schauen. Er sah hochkonzentriert aus und gleichzeitig lag ein seliges Lächeln auf seinem Gesicht. Logan hätte auch irgendwo in einem verdreckten Abwasserkanal ohne Publikum nur für sich allein Gitarre spielen können und wäre in dem Moment der glücklichste Mensch der Welt gewesen.
    Er und Mickey waren in jeder Beziehung wie Yin und Yang – nicht nur äußerlich. Logan hatte blond gebleichte, stachelig hochgegelte Haare mit schwarzen Strähnchen, die von Mickey waren schwarz gefärbt und blond gesträhnt. Logan war Rechtshänder und spielte auf einer nachtschwarzen Gitarre, sein Bruder war Linkshänder und hatte ein schneeweißes Instrument. Ihre einzige Ähnlichkeit bestand darin, dass beide groß und schlank waren, weshalb sie oft für Zwillinge gehalten wurden, obwohl Mickey schon achtzehn und Logan erst siebzehn war (minus einen Tag).
    Siobhan — die tatsächlich Mickeys Zwillingsschwester war – saß, die Fiedel neben sich, im Schneidersitz auf
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