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Augenschmaus - Das Zombiedorf (German Edition)

Augenschmaus - Das Zombiedorf (German Edition)

Titel: Augenschmaus - Das Zombiedorf (German Edition)
Autoren: Chris van Harb
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knapp, was ich begrüßte. Den ganzen Tag traf ich auf Menschen, die sich in Erklärungen und Ausflüchten verstrickten um am Ende wissen zu wollen: „Hä? Worum ging es?“ Schrecklich. Kalle begegnete einem stets höflich und freundlich, drängte sich nie in den Vordergrund, aber wenn jemand Hilfe brauchte, war er sofort zur Stelle. Leider konnten die anderen Kinder wenig mit dem Sonderling anfangen und so saß er, Tag für Tag, in seinem hauseigenen Chemielabor während seine Altersgenossen Fußball spielten oder am See herumtollten.
    „ Was ist mit Tina?“ Seine Augen wanderten zwischen meiner Waffe und der am Boden liegenden Frau hin und her. „Ist sie tot?“
    „ Ja. Bedauerlicherweise“, versuchte ich diplomatisch zu antworten.
    „ Das ist traurig.“ In seiner Stimme lag echtes Mitleid. So ein sensibles Kerlchen.
    „ Geh jetzt besser wieder rein. Wir kümmern uns um alles.“
    Er nickte. Ein Vorhang aus blonden Haaren schoben sich vor seine Augen. Unschlüssig blieb Kalle stehen und meine kriminalistische Intuition entflammte.
    „ Hast du etwas gesehen, was uns bei der Aufklärung des Mordes hilft?“
    „ Mord!“, schrie er und wich zurück. Beschwichtigend legte ich meine Hand auf seine zierliche Schulter. „Alles okay Kalle. Wir regeln das. Und jetzt geh ins Haus.“ Er tat wie ihm befohlen.

10:57 Uhr
    Je später der Morgen umso mehr Schaulustige versammelten sich am Ort des Grauens. Vorneweg Herr Fritz Anker. Der Bürgermeister. In seiner Position als Gemeindeoberhaupt glaubte er die Absperrung passieren zu dürfen, was ihm Karsten Hanke unter lautem Gebrüll versagte. Pikiert und „Dienstaufsichtsbeschwerde“-Drohungen aussprechend steuerte Anker die Dorfschenke an. Heute drehten sich die Gespräche weder um Maden noch um Schimmelpilze. Soviel stand fest.
    Die Spurensicherung erledigte routiniert ihre Arbeit. Tinas Leichnam wurde abtransportiert. Seit Stunden versuchte eine junge Polizistin die Eltern der Verstorbenen zu erreichen, welche in der Karibik ihren zwanzigsten Hochzeitstag feierten. Leider ohne Erfolg. Das Erreichen. Nicht das Begehen des Ehrentags.
    Notizblöcke füllten sich mit Zeugenaussagen und bei jedem „Tut mir leid. Ich schlief“ sank meine Laune ein Stück mehr. Freies Wochenende adieu. Überstunden hallo. Gerade als ich Kalles Mutter interviewte trat Hanke zu mir und zog mich beiseite. „Es gibt Probleme mit der Katzenfrau. Wir sollen sofort zu ihr. Wissen Sie, wer das ist?“ Ja, tat ich. Eine alte Jungfer, die sich den Spitznamen deswegen einhandelte, weil sie alle Samtpfoten des Dorfes mit Milch und Leckereien versorgte. Allerdings bezweifelte ich, dass es Probleme mit ihr gab. Vor einer Woche segnete sie das Zeitliche. Aber der Auftrag kam von ganz oben und mir gelegen. Nach über fünf Stunden zähem Herumstochern im Moorast nutzloser Aussagen, freute ich mich auf einen Ortswechsel.

11:39 Uhr
    „ Das ist der Friedhof“, brummte Hanke, während er das Navigationsgerät mit klobigen Fingern malträtierte. Er bestand darauf für die Wegfindung elektronisches Kartenmaterial zu Rate zu ziehen. Obwohl er genau wusste, dass ich mich in Schnorkheim blind auskannte. Kunststück bei den paar Straßen. Mein Kollege war  alles andere als ein Traumpartner. Schlecht gelaunt, herablassend, besserwisserisch und hässlich. Seine dicke Wampe quoll prall über den Gürtel und bildete eine optische Einheit mit dem fetten Mondgesicht.
    „ Kümmert sich die Katzenfrau um die Gräber oder warum sind wir hier?“
    „ Nein. Sie ist nämlich...“ Mich missachtend hievte er sich schnaufend hinter dem Lenkrad hervor und stapfte Richtung Friedhofseingang. Zähneknirschend folgte ich.
    Die frischen Gräber befanden sich im vorderen Teil des Gottesackers.
    Blumenüberladene Erdhügel, deren Pracht nach wenigen Tagen Sonneneinstrahlung den besten Beweis dafür lieferten, was es mit dem Begriff verwesen auf sich hat.
    „ Gut, dass Sie endlich da sind, Frau Reifh.“ Ein aufgelöster Pfarrer in Cordhose und blauem Anzughemd stürmte auf mich zu und griff nach meiner Hand. „Vandalen! Leichenschänder!“ Die letzten Meter zog er mich zum Grab von Agnes Mars. So der bürgerliche Name der Katzenfrau. Sofort sah ich, was den Geistlichen dermaßen aus der Fassung brachte. Die Ruhestätte der Toten erinnerte an ein Schlachtfeld. Zerfetzte Blumen, zerfledderte Kränze und gebrochene Übertöpfe. In der Mitte klaffte ein Erdloch, welches den Blick auf den ebenfalls zerstörten und leeren Sarg
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