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Augenschmaus - Das Zombiedorf (German Edition)

Augenschmaus - Das Zombiedorf (German Edition)

Titel: Augenschmaus - Das Zombiedorf (German Edition)
Autoren: Chris van Harb
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hier? Womit verdient die ihr Geld? Statt direkt zu fragen, überhäuften die Schnorkheimer mich mit Willkommensgeschenken. Die Frauen schleppten einen Kuchen nach dem anderen an, um ihn in meiner Wohnung bei einer Tasse Kaffee zu verspeisen. So spionierten sie die Räumlichkeiten aus und entlockten der Neuen wichtige Informationen. Bereitwillig ordnete ich mich ihren Sitten und Gebräuchen unter und ein halbes Jahr später saß ich bei einem Glas Bier am Kneipentresen und jammerte über Mehlmotten, die sich in meiner Küche einnisteten.
    Der Grund nach Schnorkheim zu ziehen lag auf der Hand. Es erinnerte an ein ruhiges und hübsches Märchendorf. Kleine Häuser umsäumt von Wein- und Efeuranken. Geranienkästen an den Fenstern und Sitzbänke vor den Toren. Idylle pur.
    Tina Müllers bestialischer Mord störte den Landfrieden empfindlichst. Und auch mein freies Wochenende, welches ich mir nach zwei Monaten Durcharbeiten, redlich verdiente. Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. C’est la vie. So ist das Leben. Bestes Beispiel dafür, die erst seit kurzem gemeuchelte Leiche vor meinen Füßen.
    Während die Spurensicherung ihrer Arbeit nachging, suchte ich mir ein abgelegenes Plätzchen, um die Gesamtsituation zu erfassen.
    Im ordentlich gestalteten Vorgarten neben einer betenden Engelsfigur lag Tina. Bizarrerweise strahlte der Anblick Harmonie aus. Tasche, Handy, voller Geldbeutel und Autoschlüssel um sie verstreut. Alles in allem ließ vermuten, dass ein Raubüberfall ausschied, denn sonst stände Tinas Porsche wohl kaum noch in der Einfahrt. Es sei denn, der Mörder war minderjährig und ohne Führerschein. Eher unwahrscheinlich, trotzdem machte ich mir eine Notiz. Nur wer jede winzigste Kleinigkeit beachtet schnappt am Ende den Mörder.
    Zur Person Tina Müller gab es kaum spektakuläre Details. Eine Bilderbuchschönheit mit langen blonden Haaren, puppenhaftem Gesicht und natürlichen Monstervorbau. Letzten Monat feierte sie im Kreise der Dorfgemeinschaft ihren neunzehnten Geburtstag. Offiziell Single aber inoffiziell wusste die Gerüchteküche, dass sie eine Liaison mit dem Milchbauern pflegte. Was Olaf den Winzer ärgerte, denn der plante eine Verheiratung mit ihr und seinem Sohn. Worauf der sich freute, Tina aber verneinte, denn sie verabscheute Wein was Bianca wurmte, die nämlich offiziell in einer Beziehung mit dem Milchbauern lebte. Kompliziert, wirr und abgefahren. Wie gesagt, in Schnorkheim liebäugelte jeder mit jedem. Fakt aber war, dass es mindestens drei Tatverdächtige gab, die einen Grund besaßen die ehemals attraktive Dorfschönheit aus dem Weg zu räumen. Olaf, Fritz und Bianca.
    Vertieft in meine kriminalistischen Überlegungen raschelte es plötzlich hinter mir. Gleich einem Brummkreisel wirbelte ich herum, zückte meine Dienstwaffe und richtete sie auf den Schmetterlingsstrauch.
    „ Nicht schießen!“ Kalle, der Nachbarsohn der Müllers, kroch hinter einem Meer aus violetten Blütenrispen hervor. Schlamperei. Niemandem durfte es möglich sein während der Spurensicherung den Tatort zu betreten. Soviel zu Theorie und Praxis.
    Sein Outfit, ein Car-Pyjama, passte genauso wenig zu der morbiden Umgebung wie mein Mickey Mouse-Shirt. Ich musste grinsen.
    „ Entschuldigung“, sagte er mit gesenktem Blick. Schielte aber von unten zu meiner Dienstwaffe, die ihn offensichtlich beeindruckte.
    „ Was machst du hier draußen? Du solltest im Bett liegen.“
    „ Die Blaulichter“, erklärte er. Seine Mimik glich der eines schuldbewussten Cockerspaniels. Hängender Mund, hängende Augenlider, nur die Ohren blieben an ihrer Position.
    Muttergefühle überkamen mich nie. Selbst Welpen entlockten mir seltenst „oh-wie-süß“-Laute aber Kalle berührte mein Herz.
    Gerade mal zehn Jahre alt besuchte er die sechste Klasse des Gymnasiums. Das Wunderkind von Schnorkheim. Sein Intelligenzquotient betrug 209! Nur zum Spaß ermittelte ich meinen per Internettest, vergaß das Ergebnis jedoch direkt.
    Einrichtungen für hochbegabte Kinder rissen sich um ihn aber seine Eltern wollten ihren Sohn in einer „normalen“ Umgebung aufwachsen sehen.
    Die blonden Haare trug er kinnlang, was seine wachsamen blauen Augen zum Teil verdeckte. Eine unmögliche Frisur, wie ich fand, trotzdem bei der heutigen Jugend sehr angesagt. So lebte jede Generation ihre haarigen Unarten aus. Arme und Beine glichen dünnen Stöckchen, die unbeholfen an seinem schmalen Körper hingen. Fragen beantwortete er kurz und
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