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Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Titel: Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
Autoren: Bernhard Hoëcker
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selbst nochmal hinaufzudürfen, ohne dass die Ehefrau sagt: «Jetzt hör doch endlich mit diesen Spielereien auf!» Wir hatten keine Kinder dabei, auch keine Ehefrauen, aber tierisch Schiss, und deshalb waren wir sofort oben. Die Angst war mit einem Schlag verschwunden, sie streifte am Boden um die toten Stämme herum und griff hin und wieder mit ihren kalten Tatzen nach uns, um doch irgendwie in unsere Körper zu gelangen.
    Dort oben saßen wir dann erst mal und leuchteten ein bisschen in den Wald hinein, einerseits hoffend, dass wir den Reflektor fanden, um endlich weitergehen zu können, andererseits hoffend, dass wir den Reflektor nicht fanden, um nicht weitergehen zu müssen. Um jedweden Hohn und jedwede Spannung aus der Geschichte zu nehmen, sei hier schon mal gesagt: Wir hatten auch dieses Mal die Cachebeschreibung mit. Deshalb hatten wir gerade hier, bei Station 1, die geringste Hoffnung, fündig zu werden. Zumal wir auch feststellten, dass der Haufen Holzstämme30   Meter von den eigentlichen Stationskoordinaten entfernt lag. Wir saßen also ein bisschen herum und lauschten, und das, was wir hörten, trug nicht wirklich dazu bei, dass wir uns wohler fühlten. Rascheln, Knacken, abbrechende Äste, ein Rauschen hier, ein Rasseln da. Aber irgendwann siegte natürlich der Cacher in uns über den rational denkenden, verschiedene Situationen analytisch betrachtenden und dann objektive Urteile fällenden Menschen. Kurz: den Schisser.
    Wir machten uns auf den Weg, fest entschlossen, alle anderen Stationen zu finden, um dann noch einmal zurückzukehren und mit der hinzugewonnenen Erfahrung endlich erfolgreich zu sein. Kaum waren wir wieder auf ebener Erde, kroch uns dieses kalte Kribbeln den Rücken hinauf. Während wir hin und her geworfen waren zwischen lautem Reden, um die wildesten aller Wildtiere zu vertreiben, und leisem Schleichen, um auch jede herannahende Gefahr früh genug hören zu können, strebten wir der nächsten Station zu. Auch hier hatten wir wieder mit einer Ungenauigkeit von 50 oder mehr Metern zu kämpfen. Dank einer topografischen Karte auf dem Display meines GP S-Gerätes kamen wir dennoch relativ zielsicher voran.
    Nach ein paar Schritten wurde ich hoffnungsvoller. «Weißt du, wie wir die Angst besiegen können?», wandte ich mich an Tobi.
    «Ja, ein anderes Hobby suchen», sagte er.
    «Nein, ich meine: Weißt du, wie wir die Angst besiegen können, ohne uns ein anderes Hobby suchen zu müssen?»
    «Ja, tagsüber cachen gehen!»
    «Nein, ich meine: Weißt du, wie wir die Angst besiegen können, ohne uns ein anderes Hobby suchen oder tagsüber cachen gehen zu müssen?»
    «Ja, wir werfen Brotkrumen 81 in den Wald, um die Wildschweine milde zu stimmen!»
    «Nein, ich meine: Weißt du, wie wir die Angst besiegen können, ohne uns ein anderes Hobby suchen oder tagsüber cachen gehen oder Brotkrumen in den Wald werfen zu müssen, um die Wildschweine milde zu stimmen?»
    «Ja, wir nehmen einen Frischling als Geisel und verlangen freies Geleit durch den Wald!»
    «Nein, ich meine: Weißt du, wie wir die Angst besiegen können, ohne uns ein anderes Hobby suchen oder tagsüber cachen gehen oder Brotkrumen in den Wald werfen zu müssen, um die Wildschweine milde zu stimmen, und auch ohne einen Frischling als Geisel nehmen zu müssen, um freies Geleit durch den Wald zu erpressen?»
    «Nein, aber wir sind angekommen!»
    Das war gut. Wir hatten die nächste Station erreicht. Wieder eine Wegkreuzung. Wie die ganze Zeit schon, hatten wir auch hier ungenauen Empfang, aber zumindest waren die Forstwege auf unseren GP S-Geräten angezeigt, und wir wussten daher, dass wir genau richtig waren. Wir blickten uns um und entdeckten zuerst einmal wieder einen Stapel Holzstämme ganz in der Nähe. Den merkten wir uns, nur für den Fall, dass wir fliehen mussten. Nun leuchteten wir durch den Wald. Wie Suchscheinwerfer durchschnitten unsere Taschenlampen das Dunkel, und plötzlich wurde der Lichtstrahl reflektiert. Weit, weit, weit, weit, weit im Wald. Etwa zehn Meter. Viel zu weit weg vom sicheren Weg. Das bedeutete zehn Meter durch vermintes Gelände, überallkonnten Frischlinge lauern und eine sie schützende Bache uns als Gegner wahrnehmen und angreifen. Doch bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Wir stellten uns an den Rand des Weges, blickten Richtung Reflektor und versuchten jede Bewegung wahrzunehmen, die auf der Strecke Weg   – Reflektor zu erkennen war.
    Nichts passierte. Wir holten tief Luft und
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