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Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters
Autoren: Charles Bukowski
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nichts gegen Spinnen, Hank, oder?«
»Hm. Darüber hab ich mir eigentlich noch keine Gedanken gemacht.« Nun, die ganze Wohnung wimmelte von Spinnen und Fliegen und Wanzen. Und alle waren sie liebe kleine Geschöpfe Gottes.
Als Hausfrau war sie eine Katastrophe. Sie bestand darauf, das sei völlig unwichtig. Ich dagegen hatte sie im Verdacht, daß sie einfach stinkfaul war und außerdem ein bißchen eigen. Ich war gezwungen, ein Dienstmädchen einzustellen. Es hieß Felicia.
Eines Nachts kam ich nach Hause und überraschte die beiden, wie sie die Rückseite eines Spiegels mit irgendeiner Salbe beschmierten und darüber beschwörende Bewegungen mit den Händen machten und merkwürdige Laute von sich gaben. Als sie mich sahen, schrien sie auf, rannten weg und versteckten den Spiegel vor mir.
»Also ich will verdammt sein«, sagte ich, »was ist denn das für ein Zirkus hier?«
»Keines Fremden Auge darf auf den Magischen Spiegel fallen«, sagte Yevonna.
»Das stimmt«, sagte Felicia. Aber dann stellte sich heraus, daß auch Felicia längst keinen Finger mehr krumm machte und die Wohnung allmählich wie ein Saustall aussah. Auch sie hatte die fixe Idee, das sei alles unwichtig. Entlassen wollte ich sie allerdings nicht, denn auf der Matratze war sie fast so gut wie Yevonna. Außerdem konnte sie ganz gut kochen, wobei mir jedoch oft nicht klar war, WAS sie mir da eigentlich auftischte.
Dann wurde Yevonna schwanger, und immer häufiger wurde mir von Nachbarn hinterbracht, daß sie sich in meiner Abwesenheit immer merkwürdiger aufführte. Sie selbst erzählte mir, sie habe ständig solche irren Träume, und ein Dämon sei im Begriff, von ihr Besitz zu ergreifen. Sie beschrieb mir das Ding. Der seltsame Macker schien ihr in zweierlei Gestalt zu erscheinen. Eine davon hatte große Ähnlichkeit mit mir. Das andere war eine Kreatur mit dem Gesicht eines Menschen, dem Körper einer Katze, Beinen und Krallen wie ein Adler, und Flügeln wie eine Fledermaus. Die Erscheinung sprach nie zu ihr, aber allein das Ansehen schien sie auf ko mische Gedanken zu bringen. Einer dieser komischen Gedanken war, daß ich an ihrem ganzen Elend schuld sei; und das löste eine unbändige Zerstörungswut in ihr aus. Nur ließ sie ihre Wut nicht an den Schmeißfliegen und Wanzen aus oder an dem Dreck und dem Schmant, der sich überall ansammelte, sondern an Dingen, die mein gutes Geld gekostet hatten. Sie ramponierte die Möbel, riß die Jalousien herunter, verbrannte die Vorhänge, zerfetzte die Couch, warf ganze Rollen Toilettenpapier durch die Zimmer, ließ die Badewanne überlaufen und setzte die ganze Wohnung unter Wasser. Außerdem führte sie endlose Ferngespräche mit Leuten, die sie kaum kannte. Wenn sie einen dieser Anfälle hatte, blieb mir in der Regel nichts anderes übrig, als mit Felicia ins Bett zu steigen und drei oder vier Nummern nach allen Regeln der Kunst abzuziehen, bis ich aus reiner Erschöpfung alles um mich herum vergaß.
Schließlich brachte ich Yevonna so weit, daß sie sich bereit erklärte, einen Psychiater aufzusuchen. »Na schön«, sagte sie, »wenn du meinst. . . Aber glaub mir, das ist kompletter Nonsens, du bildest dir das alles nur ein. In Wirklichkeit hast nämlich du einen Dachschaden.«
»All right, Baby«, sagte ich, »aber überlassen wir das doch dem Fachmann, hm?«
»Hol schon mal den Wagen raus«, sagte sie. »Ich komm gleich nach.« Ich wartete draußen im Wagen. Als sie herauskam, hatte sie einen engen Rock an, hohe Schuhe, nagelneue Nylons an den Beinen und makelloses Make -up im Gesicht. Sogar frisiert hatte sie sich — zum erstenmal seit unserer Hochzeit.
»Gib mir einen Kuß, Baby«, sagte ich. »Ich werd schon ganz scharf.«
»Nein. Erst zum Psychiater.«
Als wir schließlich dem Psychiater gegenübersaßen, hätte sie sich nicht normaler aufführen können. Kein Wort von dem Dämon. Sie lachte, wenn der Mann einen Scherz machte, sie kam nie ins Plappern, sie ließ immer den Doktor zuerst kommen. Er kam zu dem Schluß, daß sie in ausgezeichneter körperlicher und geistiger Verfassung sei. Daß sie in ausgezeichneter körperlicher Verfassung war, wußte ich selbst. Wir stiegen wieder in den Wagen und fuhren zurück. Zu Hause hatte sie sich im Nu umgezogen und lief wieder in ihrem dreckigen Morgenmantel herum. Und ich stieg wieder mit Felicia ins Bett.
Die Erscheinungen des Dämons hörten auch nach der Geburt unseres ersten Kindes nicht auf. Yevonna behauptete steif und fest, daß er sie nach wie
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