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Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters
Autoren: Charles Bukowski
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Manchmal, wenn ich die Western Avenue hinunterfuhr, sah ich auf den Aushang am Klub. Da stand ihr Name: Renie Fox. Aber sie war nicht die Hauptattraktion. Das war eine andere. Ihr Name leuchtete in dicken Neonbuchstaben. Renies Name stand zusammen mit zwei oder drei anderen auf einem Pappkarton. Ich ging nie rein.
Miriam sah ich noch einmal wieder, vor einem Thrifty Drugstore. Sie hatte den Hund dabei. Er sprang mich an und we delte. Ich tätschelte ihn.
»Naja«, sagte ich, »wenigstens der Hund vermißt mich.« »Das merk ich auch«, sagte sie. »Deshalb hab ich ihn mal genommen und bin rüber zu dir, aber bevor ich auf die Klin gel gedrückt hab, hat da drin bei dir so 'n Flittchen gekichert. Ich wollte nicht stören und bin wieder gegangen.« »Das mußt du dir eingebildet haben. Bei mir ist noch nie je mand gewesen.« »Ich hab mirs aber nicht eingebildet.« »Hör zu«, sagte ich. »Ich sollte vielleicht mal abends bei dir vorbeischauen . . .«
»Nee, das solltest du nicht. Ich hab jetzt einen sehr netten Freund. Er hat einen guten Job. Er ARBEITET , verstehst du? Er geniert sich nicht, was zu arbeiten!«
Und damit drehte sie sich um, und damit verschwanden Frau und Hund aus meinem Leben. Ich sah ihnen nach, wie sie weggingen und ihre Hinterteile schlenkerten. Ich stieg in den Wagen. Ich stand an der Kreuzung und wartete, bis es grün wurde. Dann gab ich Gas und fuhr weg. In die andere Richtung.
    Ich lernte sie in einer Buchhandlung kennen. Sie trug einen sehr kurzen, engen Rock und Schuhe mit enorm hohen Absätzen, und ihre Titten zeichneten sich sogar noch unter ihrem weiten blauen Pullover sehr deutlich ab. Ihr Gesicht war irgendwie streng, sie trug kein Make -up, und ihre Unterlippe schien etwas schief zu hängen; aber bei einem solchen Körper konnte man das schon in Kauf nehmen. Man erwartete unwillkürlich, daß sich ein massiver, bulliger Macker in ihrer Nähe aufhielt. Ihre Augen schienen keine Pupillen zu haben, man sah nur ein endloses, tiefes, schwarzes Leuchten. Ich stand da mit einem Wälzer über Pferderennen in der Hand. Ich beobachtete sie, wie sie sich ab und zu niederbückte — sie kramte in einem der unteren Fächer mit Fachliteratur über Mystik und okkulten Kram und so —, und dabei zeigte sie mir jedesmal ihre strammen Schenkel und einen Hauch von Arsch.
Ich ging zu ihr hin. »Entschuldigen Sie«, sagte ich, »Sie haben so eine magische Anziehungskraft. Ich fühle mich einfach unwiderstehlich zu Ihnen hingezogen. Ich glaube, es sind Ihre Augen . . .« »Gott«, sagte sie, »zieht uns unwiderstehlich in seinen Bann.«
»Sie sind Gott. Sie sind mein Schicksal«, sagte ich. »Darf ich Sie zu einem Drink einladen?«
»Gern.«
Wir gingen in die Bar um die Ecke, und dort blieben wir, bis die Bar schloß. Sie redete völlig wirres mystisches Zeug. Ich tat das gleiche. Und das half. Ich brachte sie dazu, daß sie mit auf mein Zimmer ging, und sie war eine ganz große Nummer.
Ich machte ihr ungefähr 3 Wochen lang den Hof, und dann fragte ich sie, ob sie mich heiraten wolle. Eigentlich hätte mir schon bei ihrem Namen etwas auffallen müssen. Sie hieß nämlich Yevonna. Jedenfalls, sie sah mir lange in die Augen. Sie sah mich so lange an, daß ich fürchtete, sie hätte die Frage womöglich schon längst wieder vergessen. Schließlich machte sie den Mund auf: »Als o gut. Aber ich heirate dich nicht aus Liebe. Es ist nur ... ich fühle, ich MUSS dich heiraten, es ist meine Bestimmung. Wenn es nur aus Liebe wäre . . . das wäre nicht recht. . . das würde nicht gut gehen . . . Aber so ... Ich fühle, daß es so sein muß.«
»O. K., Sweetheart«, sagte ich.
Wir waren kaum verheiratet, als die kurzen Röcke und die hochhackigen Schuhe verschwanden und sie tagaus tagein in einem langen roten Morgenrock aus Kordsamt umherlief. Und das Ding war nicht mal allzu sauber. Und darunter hatte sie ständig ein Paar zerfledderte blaue Schlüpfer an. In diesem Aufzug ging sie auch auf die Straße, ins Kino, überall hin. Und beim Frühstück ließ sie mit Vorliebe ihre Ärmel in die Butter hängen.
Anfangs sagte ich noch: »He, du schmierst dich ja ganz mit Butter voll!«
Aber sie reagierte nie darauf. Statt dessen schaute sie zum Beispiel aus dem Fenster und rief: » OOOOOOH ! Ein Vogel! Dort auf dem Baum, SIEHST du ihn?« Oder: » OOOOOOH ! Eine Spinne! Schau doch, dieses liebe kleine Geschöpf Gottes! Ich LIEBE Spinnen! Ich kann Leute, die etwas gegen Spinnen haben, einfach nicht verstehen! DU hast doch
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