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Aufstand der Maenner

Titel: Aufstand der Maenner
Autoren: Johannes Tralow
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Arm, die ihr ein Gefühl der Beklemmung einflößten, sondern die Verstellung, die der Junge von klein auf Jahr für Jahr und ohne ein einziges Mal zu versagen, ausgeübt haben müsse.
    Nie habe sie, deren Mitschüler er doch gewesen sei, ihn anders als linkshändig und hinkend gekannt. Stets habe seine Rechte genauso nach außen gehangen wie allen andern Männlichen, keine Willkür sei ihr damals bei ihm aufgefallen, und ihr entgehe doch sonst nichts. Auf irgendeine Weise
    habe er sogar eine Armverkürzung hervorgezaubert. List galt den Mädchen nicht weniger als Tapferkeit, und so erbebte Lampeto vor dieser Leistung. Unheimlich war er ihr. Von keinem Mädchen wußte sie, dem ähnliches gelungen sei. Und da Garp nur ein Knabe sei und, wie sie überzeugt war, tief unter ihr stehe, so empfand sie um so mehr Haß gegen eine Vollkommenheit, die ihm nicht zukomme und die sie nicht teilte.
    Das erste Wort sprach Garp.
    »Warum rufst du nicht die andern Mädchen herbei?«
    Ein Lächeln, das Verachtung ausdrücken sollte, war ihre Antwort.
    Bei der geringsten Bewegung von ihm hätte sie ihre furchtbare Waffe geschleudert. Immer wieder hatte sie den oft bewunderten Schwung geübt, der aus der vollkommenen Ruhe, nur aus dem Handgelenk, jedem Angriff zuvorkommen sollte.
    Aber Garp stand wie aus Stein. Mit den Blicken hielten sich beide gebannt.
    Seine Unbeweglichkeit empörte sie. Es war unmöglich, daß ein Männlein so furchtlos vor einem Mädchen stehen könne. Zwingen werde sie die erbärmliche Feigheit, die sicher hinter dieser Ruhe stecke, zitternd hervorzukommen.
    »Schade, daß du ins Moor mußt.« - Das war ihm ein Stoß ins Gesicht, und er sollte ihn erschüttern, dieser Stoß. Ihre Augen glitzerten. - »Hispa hatte dich für die Zeit nach der Jugendweihe für mich aufgehoben. Ich hätte mein Probestück an dir abgelegt in der Bestrafung eines unbotmäßigen Hinkers.«
    Doch Garp rührte sich nicht. Er hörte aus dem Hohn auch ein Locken heraus, wieder demütig unter das weibliche Joch zu kriechen, nur daß er sich nicht in der hintergründigen Lüsternheit des Mädchens verfing.
    So ganz unrecht hatte Lampeto nicht, die kluge, die schlaue, wenn sie noch andere Kräfte beschwor als die der Axt. Er aber wußte, daß es sein Tod sein würde, wenn er seine Gedanken abirren ließe - oder er war wenigstens davon überzeugt. Der erste Knabe sei er, der je so vor einem Mädchen gestanden habe, wie er jetzt vor Lampeto stehe.
    Kein Muskel zuckte an seinem ganzen Leibe, und so war sie es, Lampeto, die ihre Ruhe verlor.
    »Du fragst, warum ich nicht rufe? Ich will es dir sagen. Mir ist es unlieb, daß ich um dich kommen soll. Hurtig also! Dort im Wasser steht eine Weide. Sie kommt dir zwar nicht zu, aber so genau will ich es nicht nehmen. Hau mir tüchtige Ruten mit deiner Axt heraus. Ist erst alles vorüber, magst du entfliehen. Bei der Großen Jägerin, ich werde dich nicht verraten! Nur spute dich, eh’ es mich reut.« Sie wußte, daß er ihrem Schwur glaube, und er wußte, daß sie ihn halten würde. Doch außer einem Zucken um seine Backenknochen sah sie keine Bewegung in seinem Gesicht. Habe er denn wirklich keine Furcht? fragte sie sich. Und warum sei er nicht häßlich? Ein Hinker habe verrußt, gefurcht und häßlich zu sein. Ein Hinker sei doch keiner von den kecken, selbstbewußten Männern der Grenze! Keines der Jungmädchen könne sich im Geprahle genugtun, wie es sich dieser Nordmänner bedienen werde. Nun wohl, hier war auch ein Mann, aber einer, dem es nicht zukomme, so zu sein. Keiner von denen im Norden könne ihn übertreffen. Frech sei er in der Makellosigkeit seines Leibes. Nicht zu dulden sei diese Makellosigkeit; zerschlagen, zerstört, ausgelöscht müsse sie werden. Nur so dürfe das da dem Sumpf entrinnen.
    Lampeto glaubte einen höhnischen Glanz in seinen Augen zu gewahren und raste. Die Brustlosen säugten nicht. Um es ihr gleichzutun im Spannen des Bogens, brachten sie die rechte Brust der Göttin zum Opfer, die linke wurde ihnen zum Verdorren gebracht. Mit Hohn betrachte Garp den sternigen Narbenkranz an Stelle ihrer rechten Brust, dachte Lampeto. Wer denn sei hier der Krüppel? Sie selbst sei es. Sie selbst sei nicht ohne Makel an ihrem Leibe . . . Oh, wie sie ihn haßte! Wie sie sich schämte! Ganz von selbst fuhr der berühmte Schwung in ihre Hand - nur in die Hand! - und von der Hand in die Axt . . .
    Um einen Augenblick zu spät. Garp warf sich nieder, und während die Doppelaxt über ihn
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