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Aufstand der Fischer von St. Barbara

Aufstand der Fischer von St. Barbara

Titel: Aufstand der Fischer von St. Barbara
Autoren: Anna Seghers
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Sie aßen, es wurde dunkel. Aber die Bruyks schmatzten im Dunkeln weiter, klapperten, schrappten die Teller.   Sie legten sich schlafen. Sie schliefen schon ein paar Stunden, da klopfe es fest an die Tür. Bruyk öffnete. Draußen standen ein paar Leute aus dem Dorf. Hinter ihnen, im Dunkeln, standen noch andre. „Nu, Bruyk, legst dich ja früh schlafen, bist ja früh weg von der Versammlung." – „Hab mir gedacht, ihr werdet schon selber kommen, alles haarklein erzählen. Was hat er denn gesagt, euer Hull?" – „Er hat gesagt, man soll solch Spitzbuben wie dich durchprügeln." – Der Wind fuhr durch die Tür, machte die Stuhlbeine hüpfen. Bruyk wollte schließen, einer stellte das Bein dazwischen, ein andrer packte ihn am Hals. Sie drangen in die dunkle Stube. Die Kinder und die Frau wachten auf und heulten. Sie warfen Bruyk um und schlugen drein.   Der Wind war froh, weil die Tür offen war. Er fuhr herein, zauste und rüttelte. Der junge Bruyk konnte nicht helfen. Er packte seinen Vater an einer Schulter und versuchte, ihn unter dem Haufen wegzuziehen. Aber er bekam einen Tritt, von einem, den er im Dunkeln nicht erkannte. „Gib nur bei, kleiner Bruyk, du hast einen Lumpen zum Vater, da ist nichts zu machen."   Nachdem sie sich satt geprügelt hatten, gingen sie. Der Wind stieß nochmal gegen die Tür und fuhr pfeifend weiter. Frau und Kinder schleppten noch immer heulend Bruyk in den Alkoven. Bruyk seufzte und wälzte sich.    Die Kedenneks saßen gerade bei Tisch, da klopfe die Nachbarin Katarina Nehr. Sie brachte das Tuch zurück, das sie für ihre Schwiegermutter geliehen hatte, die war inzwischen gestorben. Man stellte ihr einen Teller hin, und alle dachten, ob sie wohl essen würde. Sie aß aber nicht, sie erzählte. Die Schwiegermutter hatte den ganzen Sommer über schon nicht mehr recht mitgemacht. Dann war der Sohn und der Enkel gekommen, dann war sie ganz zusammengeklappt. Die Männer hatten in einer Wand geschlafen und Katarina Nehr mit der Alten. Sie war nicht lahm, aber schlapp und blöd. Sie sprach nichts mehr, nur wenn der Laden klapperte, konnte sie ganz fuchswild werden und ein Geschimpf loslassen, daß es nicht zu glauben war von so einer alten Frau, kurz vor dem Tode, nur wegen einem Laden.    Aber vor drei Tagen, die Männer waren drunten, hatte sie auf einmal gesagt: „Anna" – „Nu?" – Sie hätte doch bestimmt alles vorgeteilt, daß es reicht über den Winter, auch ihren eignen Teil, aber da sie's ganz gewiß nur noch ganz kurz machen würde, könnte sie vielleicht von ihrem Teil jetzt gleich auf einmal viel wegessen, es bliebe doch noch was für die andren. Da hatte sich Katarina Nehr gewundert, denn die ganze Woche hatte die Alte bloß getrunken und keinen Löffel gegessen, aber sie hatte einen Topf voll Warmes gemacht und Speck hineingeschnitten, hatte der Alten einen Arm untern Rücken gelegt, da hatte die Alte selbst den Löffel genommen und ganz munter gegessen, bis der Topf leer war, hatte sich noch den Mund gewischt, und umgelegt und gar nicht am Abend über den Laden geärgert, und wie sie dann aufgewacht waren, war sie tot gewesen. Nachdem das die Frau erzählt hatte, dankte sie nochmals für das Tuch und ging. Kedenneks Frau schüttelte das Tuch auf, um zu sehen, ob es Schaden genommen hätte. Die Buben saßen noch still, die Geschichte hatte ihnen gefallen, sie hatten alles verstanden. Das Tuch war heil, und sie aßen weiter. Auf einmal sagte Andreas: „Ihr, Kedennek, im Frühjahr, in Port Sebastian, sind da viele draufgegangen?" – „Man sagt, so ein Dutzend." – „Ihr, Kedennek, wenn's so bei uns wird, wie im vorigen Frühjahr in Port Sebastian, dann gehen doch auch welche drauf, dann wär's doch am besten, Ihr, Kedennek, und ich, wir würden's auch mit dem Speck so machen, wie Katarina Nehrs Schwiegermutter." Kedennek streckte den Arm aus, ohne sich viel zu rühren und gab Andreas quer über den Tisch mit der Faust eins vor die Brust. Andreas prallte zurück, hielt sich aber mit beiden Händen fest an der Tischplatte. Das Geschirr klirrte. Andreas richtete sich lachend auf und kaute weiter.
    Eine Woche später saß Hull, wo er meistens saß, am Tisch, gegen das Fensterkreuz. Vor seinem Platz gab es schon viele Ritze und Kreise von seinem Messer. Desak rückte an ihn heran, er fing ein Gespräch an: „Heute nachmittag, Hull, ist der Dampfer von der Margareteninsel gekommen, geht morgen zurück. Jetzt geht er nur alle Monat. Da mein ich, es war
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