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Aufgedirndlt

Aufgedirndlt

Titel: Aufgedirndlt
Autoren: Jörg Steinleitner
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ich es noch sagen, haben die Araber das doch überhaupt nicht nötig, sich auf so unmenschliche Art Sex zum holen.«
    »Denkst du!«, schnauzte Nonnenmacher zurück. »Für den Araber ist der normale Mensch nix wert, und eine Frau schon gar nicht. Das sieht man ja schon daran, wie der seine Frauen aussucht; als wären’s Rindviecher auf der Kälberauktion.«
    Kastner gab auf. Aber auch er war sich nicht hundertprozentig sicher, ob nicht doch einer der Araber der Täter war. War es ein Fehler, sich auf Annes Bauchgefühl zu verlassen? In seinem tiefsten Inneren musste er sich eingestehen, dass seine unumwundene Begeisterung für die schöne Kollegin durch den negativ ausgefallenen Abgleich zwischen dem Sperma aus dem Intimbereich des Opfers mit dem Speichel der Verdächtigen einen Dämpfer erhalten hatte. Allerdings waren für ihn die Araber eigentlich aus dem Rennen. Eher kam für ihn der Hirlwimmer Hanni infrage, der gar so überstürzt ins Ausland abgehauen war. Der Schlagersänger mit den Cowboystiefeln war ein hinterlistiger Fuchs. Aber wie war es zu erklären, dass der Gentest auch ihn eindeutig entlastet hatte?

SIEBEN
    Einzig Anne ließ sich von der Verfolgung ihrer neuen Spur nicht abbringen. Wie eine Staubsaugervertreterin lief sie mit den Fotos der Tatverdächtigen von Tür zu Tür und fragte jeden, ob ihm die beiden Männer nicht bekannt vorkämen. Auch am Supermarkt stellte sie sich auf und ließ niemanden hinaus, der sich nicht wenigstens kurz die Bilder der beiden mutmaßlichen Verbrecher angesehen hatte. Anne war derart besessen von ihrer Idee, dass sie sogar die Besucher des sonntäglichen Gottesdienstes mit ihren Fragen belästigte.
    Längst murmelte man in der Polizeidienststelle hinter ihrem Rücken wenig Respektvolles. Kastner versetzte es jedes Mal einen Stich, wenn er hörte, wie Kollegen Anne als überkandidelte Ziege oder als durchgeknallte Alleinerziehende bezeichneten. Als ein Beamter sich bei der Brotzeit sogar zu der Aussage verstieg, Anne brauche nur mal einen, der sie so richtig flachlege, sprang Kastner auf, eilte zur Toilette und übergab sich. Zwar hatte auch er seine Zweifel an Annes Theorie und vor allem daran, dass ihre derzeitige Ermittlungsmethode von Erfolg gekrönt sein würde, aber solche Unverschämtheiten gingen ihm dann doch viel zu weit.
    Als schließlich ein Schreiben aus dem Präsidium eintraf, in dem Anne dazu aufgefordert wurde, sich für die ehrverletzenden Eingriffe in die Privatsphäre erfolgreicher bayerischer Politiker und hochrangiger ausländischer Regenten zu rechtfertigen, traf Kastner letztlich für sich den Entschluss, Anne doch bei ihrer Recherche zu unterstützen, und zwar nach allen ihm zu Gebote stehenden Kräften. Fortan putzte auch er die Klingeln im Tal und musste sich nicht selten dumme Sprüche anhören. Der Ruf der Polizei hatte spürbar gelitten.
    An einem Freitagnachmittag hatten die beiden dann aber die Nasen endgültig voll. Ohne Anne zu fragen, steuerte Kastner den Dienstwagen in eine Tankstelle, ließ die verdutzte Kollegin ohne Erklärung sitzen und kam zwei Minuten später mit zwei kalten Flaschen Bier zurück.
    »Feierabend«, verkündete der Polizist und drückte Anne, die auf dem Beifahrersitz saß, die Flaschen in die Hände. »Die können uns jetzt alle mal.«
    Anne bemerkte plötzlich, dass sie den ganzen Tag über viel zu viel gesprochen und gar nichts getrunken hatte.
    Kastner lenkte das Auto in nördlicher Richtung durch den Ort, bog dann rechts ab, fuhr bis ans Ende der Straße, forderte Anne auf, auszusteigen, und nach einem kurzen Fußweg saßen die beiden uniformierten Beamten auf einer grünen Wiese und blickten auf den See, dessen Wasseroberfläche sich sachte kräuselte, weil ein sanfter Wind wehte. Ploppend öffneten sie die Flaschen, stießen schweigend an, schauten hinüber auf die Berge und genossen den Augenblick. So saßen und tranken sie, bis die Flaschen leer waren. Dann erhoben sie sich und begaben sich auf den kurzen Weg zum Auto zurück.
    Kastner sah Anne vorsichtig von der Seite an. So nah wie jetzt hatte er sich ihr noch nie gefühlt. So harmonisch waren sie noch nie beisammen gewesen. Vielleicht mussten sie häufiger gemeinsam schweigen? Immer stärker spürte er in sich den Drang, Annes feingliedrige gebräunte Hand in die seine zu nehmen, ganz so, als wären sie ein Paar. Sollte er es versuchen? Konnte er es wagen? Schon konnte er den Streifenwagen sehen, gleich war die Chance vorbei.
    Just in dem Moment, in
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