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Auf vier Pfoten zur Millionenbeute

Titel: Auf vier Pfoten zur Millionenbeute
Autoren: Stefan Wolf
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vorwärts und starrte auf die blaue Tauchmaske, den gelben Schnorchel, die giftgrünen Schwimmflossen. Moritz’ Freizeit-Zubehör lag in einer Lücke zwischen den Blechkutschen – als hätte hier ein Wagen geparkt.
    TKKG sahen einander an. Schreck ist eine ansteckende Krankheit.
    Â»Noch gibt’s die Möglichkeit«, redete Tim gegen die Panik an, »dass er alles weggeworfen hat, weil er schnell mal in die Büsche... Was ist das?«
    Lappen und Flasche lagen neben einer Fahrrinne. Die Flasche war ausgelaufen. Ätzender Geruch stieg auf. Tim beschnüffelte den Lappen nur kurz, ließ ihn dann fallen, als hätte er einen Seuchenherd berührt.
    Â»Chloroform (Betäubungsmittel) ! Das ist Chloroform!«
    Â»Wenn er betäubt wurde«, sagte Karl mit Grabesstimme, »hat jemand ihn mitgenommen. Entführt. Gekidnappt. Logisch! Papa Möhlen hat viel Geld und TKKG können auf den Kleinen nicht Acht geben.«
    Sie rotierten, löcherten jeden und jede mit Fragen. Aber niemand hatte was bemerkt. Niemand entsann sich, ob in der Lücke ein Wagen geparkt hatte. Es war zum Verzweifeln.
    *
    Ludwig Schreyer, genannt Lugi, wischte sich sowohl kalten als auch warmen Schweiß von der Stirn. Einesteils quälte ihn die Schwüle, andernteils erschreckte ihn die eigene Kühnheit. Jetzt hatte er ihn ausgeführt, den lang gehegten Plan, im Ruckzuck-Verfahren eine Million abzusahnen. Als Lösegeld.
    Für den kleinen Moritz Möhlen. Die Situation war ja wahnsinnig günstig gewesen, weil sich niemand in der Nähe aufhielt. Hinterrücks hatte er den Irrwisch gepackt und chloroformiert. Jetzt lag der Millionärsspross auf der Ladefläche des Kombis, versteckt unter einer Schmuddeldecke.
    Lugi fuhr zügig. Nicht in die Stadt, sondern nach Dorfenbach – was nicht weit entfernt ist. In Dorfenbach wohnte er. Allein. In einem von Großmutter ererbten Häuschen. Im Keller konnte er den Jungen verstecken, bis Fabrikant Möhlen das Lösegeld gezahlt hatte. Eine Million! Lugis Froschaugen glänzten bei dem Gedanken wie Glaskugeln am Weihnachtsbaum.
    Lugi war 28, arbeitsscheu und rothaarig wie ein gesunder Fuchs. Vor Jahren hatte er in Möhlens Fabrik gearbeitet. Daher kannte er – jedenfalls aus der Ferne – die Möhlen-Familie. Aus der Ferne hatte er auch beobachtet, wie Moritz heranwuchs. Jetzt war er ein gewitzter Bengel im Vorschulalter... gerade richtig für eine Entführung.
    Gesehen hat er mich nicht, dachte Lugi. Ich halte ihn streng unter Betäubung. Dann weiß er hinterher nichts von seinem Entführer, hahahah!
    Er erreichte Dorfenbach und das abseits liegende Häuschen, wo er auf den rückseitigen Hof fuhr. Moritz war noch bewusstlos. Lugi wickelte ihn in die Decke und trug das Bündel in den Keller.
    Im Wohnzimmer, oben, kreischte eine seltsame Stimme: »Küss mich! Küss mich!«
    Das war Fridolin, der Papagei. Er gehörte nicht Lugi, sondern dessen Freund Hugo Fangschmidt, einem ehrbaren Typ, der außer Falschparken noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war. Trotzdem verband ihn eine lockere Freundschaft mit Lugi. Und da Hugo zurzeit auf Urlaub in Zentralafrika weilte, hatte Lugi den Papagei in Pension.
    Â»Küss mich! Küss mich!«, kreischte Fridolin, als Lugi eintrat.
    Â»Halt den Schnabel!«, maulte der.
    Fridolin spreizte einen Flügel ab und legte den Kopf schief. Lugi holte erst mal ein Bier aus der Küche, setzte sich dann ans Telefon und suchte den Zettel, auf dem er Möhlens Rufnummer notiert hatte. Ob dieser Geldscheich schon wusste, dass sein Kronprinz gekidnappt war?
    *
    Konstanze Möhlen, die Mutter, wurde vom dritten Weinkrampf geschüttelt. Gaby weinte ein bisschen mit. Es war ja auch furchtbar! Herbert Möhlen nahm zum zweiten Mal Herztropfen. Er war entschieden zu dick und stand auch sonst unter Stress. Sein Stress-Soll wurde täglich erfüllt – da brauchte es keine Aufregung wie diese.
    Ich wünschte, dachte Tim, der Boden täte sich auf und ich könnte in die Erdkruste versinken.So sehr schäme ich mich. Dreimal verdammter Leichtsinn!
    Â»Euch«, keuchte Möhlen, »trifft keine Schuld. Wenn ein Verbrecher zuschlagen will, hat er immer eine Chance. Macht euch keine Vorwürfe. TKKG sind nicht schuld. Auch wenn wir – Konstanze und ich – mit Moritz... Also, auch wir hätten nichts bemerkt und nichts verhindern
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