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Auf und ab - Mord in Hellwege

Auf und ab - Mord in Hellwege

Titel: Auf und ab - Mord in Hellwege
Autoren: Wilhelm Wuensche
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ihn nicht. Mit einer schnellen Bewegung schlang er das Drahtseil des Schlosses um die Stange und ihren Hals und ließ den Verschluss einrasten.
    »Du Bullenschwein!«, kreischte sie, und es folgte eine Tirade niederländischer Flüche, die er nicht verstand.
    In aller Ruhe steckte er die Pistole ein und machte sich auf den Weg zum Tower, um zu telefonieren.
    Inzwischen hatte starker Regen eingesetzt, und als er sich vor der Tür noch einmal nach ihr umsah, musste er an Wilhelm Lehmberg denken.
    »Alles muss man selbst machen«, brummte er, während er die Wendeltreppe hinaufstieg.
    Buß- und Bettag im November war immer ein besonderer Tag im Jahr. Holten und seine Frau hatten Mitte November Geburtstag, beide an einem Tag. Er hatte sich schon häufiger im Scherz öffentlich darüber beklagt, dass er mit einer älteren Frau ins Bett gehen musste. Sie war gut vier Stunden vor ihm zur Welt gekommen.
    Da an diesem kirchlichen Feiertag fast alle Berufstätigen arbeitsfrei waren, wurde ihr Geburtstag traditionsgemäß schon seit Jahrzehnten an diesem Tag feierlich begangen, und das schönste Geschenk für Holten war stets, dass sie auf diesen Tag auch den Beginn der Grünkohlsaison gelegt hatten. Grünkohl, auf norddeutsche Art zubereitet, war sein liebstes Gericht, und er wusste, dass er es jetzt, in den kommenden Wintermonaten, häufig genießen konnte. Sie saßen an diesem Tag für gewöhnlich mit sechs Erwachsenen am Tisch. Ihre besten Freunde, Bodo und Gitta, waren jedes Mal dabei, dazu kam, in wechselnder Besetzung, ein zweites Paar aus ihrem Freundeskreis, das besonders eingeladen wurde. Diesmal waren es Bernd und Anja.
    Auf dem Tisch standen der Topf mit heißem, dampfendem Kohl, eine Schüssel mit gekochten Kartoffeln und die Platte mit Pinkelwurst, Kassler, Bauchspeck und Rauchwürsten. Jeder langte kräftig zu, und die einzigen Äußerungen, die zu hören waren, bezogen sich auf die überragende Kochkunst der Hausfrau. Als dann der größte Appetit gestillt war und zwischen den einzelnen Bissen wieder Zeit für Unterhaltung blieb, war natürlich der von Holten gelöste Kriminalfall das große Thema.
    Bodo und Gitta bestanden darauf, dass er ihnen alles genau erzählte, und Holten fasste zusammen:
    »Marie Fermental, die früher Marie van Dalen hieß, hat sich schon als junges Mädchen mit ihrem Bruder Jasper im Rauschgiftmilieu herumgetrieben, mit Drogenschmuggel zu tun gehabt und ist auch deswegen straffällig geworden. Das weiß ich von Karen Dusen, einer netten jungen Frau, die ich in Amsterdam kennengelernt habe und die das über ihren Vater, der zufällig auch Kriminalpolizist ist, erfahren hat. Nach ihrer Haft ist Marie jedenfalls raffinierter geworden. Sie hat wohl an dem Punkt weitergemacht, an dem sie aufgehört hatte, sich jedoch nicht erwischen lassen. Durch Zufall hat sie den armen Klaus Fermental kennengelernt und ihm die große Liebe vorgespielt. Sie hat ihn dann geheiratet, wohl um seine Verbindungen, die er als Chef einer internationalen Spedition hatte, auszunutzen, und ist mit ihm nach Hellwege gezogen. Hier hat sie unseren versteckt liegenden kleinen Flugplatz entdeckt und ihren Plan ausgeheckt: Ihr Bruder und ein zweiter Pilot sind fast jeden Montag mit zwei kleinen Maschinen, einer langsamen und einer flotten, von Amsterdam nach Warschau geflogen und haben das schnellere Flugzeug dort mit Rauschgift beladen. Dienstags, wenn an unserem Platz kein Flugbetrieb war, sind sie im Verband zurückgeflogen. Weil die langsame Maschine im Flugplan als Verbandsführer und Ansprechpartner für die Flugsicherung angegeben war, konnte die schnelle ziemlich tief und unbemerkt vorausfliegen, in Weser-Wümme landen und das Schmuggelgut ausladen, wieder starten und dann mit der langsamen gemeinsam wieder in Amsterdam ankommen. Das haben sie oft gemacht. Riecker, unseren Flugleiter, haben sie mit ein wenig Geld bestochen, und niemandem ist je irgendetwas aufgefallen. Marie hat das Rauschgift in Riedauer Heide übernommen und den Vertrieb hier in der Gegend organisiert. Doch einmal im August stand kein schnelles einmotoriges Flugzeug zur Verfügung, und sie mussten ein großes zweimotoriges nehmen. Es war nun Zufall, dass Wilhelm Lehmberg die landende Mitsubishi aufgefallen ist und er dann zum Flugplatz fuhr. Marie, die die Ware wie immer am Flugplatz in Empfang nahm, war sich nicht sicher, ob er irgendetwas mitbekommen hatte. Vielleicht hat er auch unbequeme Fragen gestellt. Das werden wir nicht mehr klären
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