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Auf und ab - Mord in Hellwege

Auf und ab - Mord in Hellwege

Titel: Auf und ab - Mord in Hellwege
Autoren: Wilhelm Wuensche
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wieder, umrundete wie zum Hohn zweimal seinen Kopf und setzte sich dann wieder vor ihn auf die karierte Tischdecke, von wo er ihn frech fixierte. Offensichtlich war unter der Zeitung ein Hohlraum gewesen.
    Er war sich jetzt sicher, dass dieses Ungeziefer ihn absichtlich ärgern wollte, und spürte Hassgefühle. Langsam näherte sich jetzt die Zeitung wieder der Fliege, umgedreht – › Friedensgespräche ‹ war wieder zu sehen –, und sauste dann plötzlich herab. Dieser Versuch war erfolgreich.
    Befriedigt atmete Holten tief durch.
    Sein Triumphgefühl wurde jedoch dadurch beeinträchtigt, dass jetzt auf der blau karierten Tischdecke ein auffälliger, hässlicher Fleck zu sehen war. Außerdem war ein großer Teil der Tischplatte mit Zigarettenasche bedeckt, denn der Schlag mit der Zeitung hatte viel Wind gemacht, und die Fliege war in der Nähe des Aschenbechers gestorben. Leise fluchend versuchte er, die Fliegenleiche mit der Zeitung vom Tisch zu kratzen und blies die Asche fort.
    Welch ein Sommer!
    Weil die Sonne unaufhörlich wanderte, musste Holten den Liegestuhl ein Stück weiter in den Schatten rücken. Dann lehnte er sich zurück und faltete das Blatt wieder auseinander, um weiterzulesen.
    Den ersten Teil mit den wichtigsten Schlagzeilen und den Nachrichten aus Politik und Wirtschaft legte er über die unschönen Reste auf der Decke, zum einen natürlich, um den Fleck zu verdecken, und zum anderen, weil ihn diese Themen nur in zweiter Linie interessierten.
    Holten war alt genug, um erkannt zu haben, dass sich in der großen Politik und Wirtschaft erst etwas änderte, wenn sowieso nichts mehr zu ändern war, und das hatte sich in den letzten dreitausend Jahren nicht geändert, weil der Normalbürger nichts daran ändern konnte. Er hatte sich abgewöhnt, sich darüber aufzuregen. Die Informationen im Großen mussten reichen, um sich eine eigene Meinung zu bilden und eigene Gedanken zu machen. Später würde er also noch die Überschriften überfliegen.
    Endlich war wieder Ruhe eingekehrt.
    Interessiert verfolgte er den unsicher schwankenden Flug eines Admirals, der über dem der Terrasse vorgelagerten Blumenbeet von Blüte zu Blüte taumelte. Er dachte unwillkürlich an die Zeit, als er noch ein junger Mann gewesen war. › Butterfly ‹ war damals ein großer Hit gewesen, und er lächelte leise, als er sich erinnerte, wie sie damals über dieses Stück und andere Schnulzen gelästert hatten.
    Holten legte die Beine hoch und widmete sich dann intensiv dem Sportteil.
    Seitdem sein ältester Sohn, Martin, höherklassig Fußball spielte, war sein Interesse für eben diese Sportart stark gewachsen, und es war für ihn, besonders nach den Spieltagen an den Wochenenden, schon fast ein zwanghaftes Bedürfnis geworden, sich über den Verlauf der Spiele und den aktuellen Tabellenstand in der Liga zu informieren.
    Es erstaunte ihn immer wieder, was für einen sportlichen Sohn er hatte.
    Vor allem, weil er selbst in seinem Leben immer nur so viel zu seiner eigenen körperlichen Ertüchtigung beigetragen hatte, wie unbedingt nötig war, und diese Notwendigkeit bestand vor allem darin, sich in seiner aktiven Zeit als Polizist – er war Kommissar, schließlich sogar Hauptkommissar bei der Kriminalpolizei und Leiter der Mordkommission gewesen – eine gute Dienstfähigkeit bescheinigen lassen zu können. Er war gelaufen, bevor es › joggen ‹ hieß, und hatte Judo trainiert. Das Laufen war ihm aber im Grunde immer zu eintönig gewesen, und die Glücksgefühle, die Langläufer angeblich häufig verspürten, hatten sich bei ihm nie eingestellt. Seit seiner frühzeitigen Pensionierung hatte er es aufgegeben. Er nahm allerdings freiwillig und regelmäßig einmal wöchentlich am › Männersport ‹ , wie man im Dorf mit einem humorvollen Unterton zu sagen pflegte, teil. Dort spielte er mit den gesetzten Herren des Ortes in der Sporthalle, im Sommer auch draußen im Sand, eineinhalb bis zwei Stunden Volleyball. Mehr Sport war seiner Meinung nach auch gar nicht nötig: Nach eigener Einschätzung hatte er sich für sein Alter gut gehalten. Mit seiner kompakten, kräftigen Figur konnte er noch eine erstaunliche Beweglichkeit vorweisen, doch die eisgraue Farbe von Haaren und Bart ließ ihn für die meisten Menschen älter wirken, als er war.
    Die Jungs hatten ihr Punktspiel, ein Heimspiel, gewonnen, und sie hatten auch recht gut gespielt. Das wusste Holten natürlich schon, weil er dabei gewesen war. Der Berichterstatter
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