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Auf und ab - Mord in Hellwege

Auf und ab - Mord in Hellwege

Titel: Auf und ab - Mord in Hellwege
Autoren: Wilhelm Wuensche
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die beiden mit an, und so war es schnell geschafft.
    Sie fuhren ungefähr zwölf Kilometer fast immer geradeaus, bis sie ein Gebäude erreichten, das tatsächlich wie ein Forsthaus aussah. Es war ein großer, zweigeschossiger Bau, von einigen Holzschuppen und Garagen umgeben, in denen allerdings keine Fahrzeuge standen. Alles sah verfallen, verlassen und tot aus, wahrscheinlich die Reste der Kolchose › Stolz des Arbeiter- und Bauernwaldes ‹ sagte sich Holten schmunzelnd.
    Die beiden schienen die standhaften Wächter eines verfallenden Waldreiches zu sein. Der Wald war noch vorhanden, das › Reich ‹ nicht mehr.
    Er wurde in einen Raum geführt, der wohl eine Küche sein sollte, jedenfalls konnte man es aus dem Vorhandensein eines Kühlschrankes und eines Spülsteines schließen. An einer Wand hing ein Wolfsfell.
    Der Fahrer, der, wie Holten inzwischen wusste, wie alle anständigen Russen Iwan hieß, machte mit abgespreiztem kleinen Finger und Daumen das Handzeichen des Telefonierens und verschwand. Kurz darauf hörte Holten das Motorengeräusch des Jeeps, und er vermutete, dass es hier keinen Telefonanschluss gab. Gregory, der andere, griff jetzt in den Schrank und stellte Brot, Butter, Speck und ein Glas mit Honig auf den Tisch, legte ein Messer auf einem Holzbrett dazu und machte eine einladende Handbewegung. Nachdem er einen Becher von dem wohlschmeckenden Tee dazugestellt hatte, setzte er sich auf den zweiten Stuhl und sah zufrieden zu, wie Holten kräftig zulangte.
    Als Gregory die Wodkaflasche aus dem Kühlschrank holte, stellte Holten fest, dass es darin ziemlich dunkel blieb. Er schloss daraus, dass es hier wahrscheinlich auch keine Stromversorgung gab.
    Sie prosteten sich zu.
    Als Holten gegessen und getrunken hatte, steckten die Männer sich jeder eine von Holtens Zigaretten an, und er hatte endlich Gelegenheit, die letzten Stunden zu überdenken. Er hatte mehr als sieben Stunden als verantwortlicher Pilot während des Fluges geschlafen und war dem unvermeidlichen Absturz wegen Treibstoffmangels nur durch großes Glück entgangen.
    Aber warum war er eingeschlafen?
    Er musste durch ein Betäubungsmittel oder eine Droge in den Schlaf geschickt worden sein, und zwar sehr gezielt zu einem bestimmten Zeitpunkt. In den letzten vierundzwanzig Stunden hatte er alles, was er gegessen oder getrunken hatte, selbst ausgewählt, bis auf diesen Orangensaft, den er kurz vor Beginn des Fluges zu sich genommen hatte, und zu dem hatte ihn Marie Fermental überredet.
    Sollte sie mit der Sache zu tun haben?
    In jedem Fall war sie die einzige Verbindung zwischen Weser-Wümme und Amsterdam, die er bis jetzt erkennen konnte.
    »Lebt Papa noch?«, fragte Robert, ihr Jüngster.
    Er hatte die Eigenschaft, alle Dinge beim Namen zu nennen und nicht um den heißen Brei herumzureden. Martin und Anna, die große Tochter, sahen sich an und blickten dann zu ihrer Mutter. Anna war am Morgen sofort in ein Flugzeug gestiegen und › nach Hause ‹ gekommen, als ihr Bruder sie angerufen und erzählt hatte, dass ihr Vater vermisst wurde. Er hatte sie vom Hamburger Flughafen abgeholt, und nun saßen sie am Abendbrottisch, obwohl niemand Appetit hatte. Die Kinder hatten ihre Blicke auf Susanne gerichtet.
    »Eine komische Frage, natürlich lebt er noch. Du wirst sehen, er ruft bald an«, war ihre Antwort.
    Das klang sehr überzeugt und zuversichtlich, obwohl ihre Sicherheit und auch ihre Hoffnung im Laufe des Tages geschwunden waren.
    »Dann soll er aber auch wirklich bald anrufen!«, sagte der Jüngste mit einem trotzigen Ausdruck in der Stimme. Man konnte ihm ansehen, dass ihm zum Heulen war, doch tapfer kämpfte er dagegen an. Große Jungs weinen nicht.
    »Iss etwas«, empfahl ihm Martin, und als großes Vorbild, das er für seinen kleineren Bruder war, begann er, sein Ei aufzuklopfen.
    Anna fasste die Hand ihrer Mutter.
    »Er wird sich bald melden«, bestätigte sie, in ihrem Blick lag allerdings auch nicht viel Überzeugungskraft.
    Das schnurlose Telefon, das auf dem Tisch lag, ertönte. Robert reagierte am schnellsten.
    »Hier ist Robert Holten.«
    Er horchte, ganz aufgeregt, und war dabei aufgestanden.
    »Hallo, ...hallo!«
    Er drückte den Hörer fest an sein rechtes Ohr, sprach jedoch nicht. Schließlich ließ er die Hand sinken und drückte den roten Knopf, der die Verbindung trennte. Susanne nahm das Gerät an sich.
    »Das war bestimmt Papa, aber ich habe ihn gar nicht gehört.«
    Enttäuscht setzte er sich wieder auf seinen Platz
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