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Auf Tour mit Bob Marley

Auf Tour mit Bob Marley

Titel: Auf Tour mit Bob Marley
Autoren: Mark Miller
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Bandmitglieder alle besser kannte, dämmerte mir, dass es sich um eine ganz besondere Gruppe handelte. Sie alle folgten einem »Messias«, und alle waren Ausnahmetalente, jeder auf seinem Gebiet.
    In Gegenwart von Außenstehenden schien sich Bob ein wenig unbehaglich zu fühlen; er war ihnen gegenüber sehr vorsichtig und distanziert. Er passte sehr genau auf, was gesagt wurde, und war meist auf Abstand bedacht.
    Im Vorlauf der Survival Tour erschienen zahlreiche Berichte über Bob und seine Vorstellung vom militanten Musiker in der Presse. Ich kann es nur noch einmal sagen: In seinem engeren Umfeld gab es keine Militanz. Aber Bob war der Chef, und wer nicht mit ihm harmonierte, war nicht lange dabei, wie ich bald erfahren sollte.
    Ich weiß noch, dass wir einmal in einem kleinen Proberaum im Süden Miamis waren, als Bob wütend wurde, weil sich der Track, an dem er mit der Band arbeitete, einfach nicht richtig anhörte. Die Band musste den Song endlos wiederholen, damit sie endlich hinkriegte, was er wollte. Dabei wurde er ziemlich heftig, insbesondere zu Rita und den beiden anderen Sängerinnen. Die Stimmung wurde immer schlechter, und schließlich sagte Bob der Band, sie sollten es alleine hinkriegen, und stürmte wutentbrannt hinaus. Ich sah, wie Dennis den Ausbruch mit einer wegwerfenden Geste quittierte, und dann arbeitete die Band weiter, bis der Track richtig klang. Ich kann mich ich nicht erinnern, dass Bob nach einer solchen Szene jemals zurückgekehrt wäre. Die Band kriegte es dann immer selber hin. Ich wurde bald eine Vertrauensperson für die Band, was vielleicht daher rührte, dass Bob (wie auf dem alten Filmmaterial über die Bob Marley and the Wailers gut zu sehen ist) mitten in einem Konzert oft seine Gitarre abnahm und über seinen Kopf hielt, während er sang. Er ließ die Gitarre dann einfach los, und es war meine Aufgabe, sie aufzufangen. Die ersten ein oder zwei Mal warf er einen Blick über die Schulter, bevor er sie fallen ließ, aber dann wusste er, dass ich immer genau da war, wo ich sein sollte. Von da an bekam ich, was immer ich wollte. Ich begann, ganz mit der Band zu leben, ließ mich vom Wirbelwind der Ereignisse mitreißen und hatte das Gefühl, dass ich es Bob und der Band schuldete, ihnen so perfekt wie möglich die Bühne zu bereiten. Bob kümmerte sich wirklich sehr um mich und alle anderen.
    Eines Tages sprachen Dennis und ich darüber, wie teuer es war, dass wir immer das Equipment liehen, wenn wir eine Tournee in den Vereinigten Staaten machten. Bob hörte irgendwie von dem Gespräch, und bald darauf kam Dennis kam zu mir und sagte: »Bob will, dass wir eine komplette Bühnenausrüstung kaufen.« So etwas lässt man sich natürlich nicht zweimal sagen. Dennis und ich fuhren nach New York, kauften alles, was wir brauchten, und Bob bezahlte alles. Die Bühne hatte damals einen kompletten »Stereosound«, wie ihn Dennis und ich vorgeschlagen hatten. Wir kauften zwei Ampeg SVTs plus zehn komplette 8x10-Lautsprecherboxen für Fams, Carly bekam das neue Yamaha-Schlagzeug, wir kauften für Bob einen Fender Twin Reverb, zwei ebensolche Verstärker für Junior und einen neuen Mesa Boogie für den Bass von Al. Außerdem fanden wir im Sam Ash Music Store in Manhattan eine alte, verbilligte Hammond B3 und zwei Leslie-Boxen für Wya, und ich glaube, wir kauften auch was für Tyrone, aber ich kann mich nicht mehr erinnern, was. Bestimmt war es ein Keyboard oder irgendeine neue Elektronik, denn Tyrone experimentierte schon immer mit neuen Sounds.
    Bob war nicht nur großzügig, er war auch ein sehr guter Geschäftsmann, und unsere Kosten-Nutzen-Rechnung in Bezug auf Ausleihen oder Besitzen hatte ihm offenbar sofort eingeleuchtet. Ich hörte später, dass die ganze Ausrüstung nach Bobs Tod zwischen seinen Kindern aufgeteilt wurde. Ich hoffe, es wird heute noch gute Musik damit gemacht.
    In der Umgebung der Wailers herrschte eine andere Energie als im normalen Leben. Und natürlich stand Bob immer ihm Zentrum. Die Luft war wie elektrisch geladen, wenn er in der Nähe war, das spürten alle. Als Performer war er einfach unübertrefflich. Er ging völlig in seiner Musik auf und tanzte in einer Art Trance über die Bühne. Diese Trance übertrug sich durch den treibenden Beat der Wailers und durch Bobs inspirierende Texte auf das Publikum, und, wie ich zugeben muss, auch auf mich, sodass ich spirituelle Höhen erreichte, die ich danach nie wieder erlebte. Bob wirkte absolut »zu Hause« auf der
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