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Auf Tour mit Bob Marley

Auf Tour mit Bob Marley

Titel: Auf Tour mit Bob Marley
Autoren: Mark Miller
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Robinson

    Beschäftigungsbestätigung von Mark Miller. © Mark Miller

    Bob Marley in Genf 1980.

    Mark Miller, Bob Marley und Maori-Damen in Neuseeland, 16. April 1979.

    Bob Marley mit Al Anderson 1980, © Alberto Baschieri

»Lebe das Leben, das du liebst, und liebe das Leben, das du lebst.«
    Bob Marley
    Anfangs war die Arbeit für Bob Marley and the Wailers für mich nicht anders als bei den vielen anderen Tourneen auf der ganzen Welt, die ich damals schon mit verschiedenen Musikern gemacht hatte. Die meisten begabten Künstler haben anscheinend irgendeinen Persönlichkeitsdefekt. Viele verlieren irgendwann die Herrschaft über ihr Ego und zerstören die großartigen Dinge, die sie aufgebaut haben. Bei Bob aber gab es nichts dergleichen. Die Tournee lief wie am Schnürchen, und alle Musiker leisteten ihren Beitrag. Nur eines lernte ich sehr schnell: Bob war der Chef.
    Er war sehr großzügig zu den Leuten in seiner Umgebung. Auf vielen Tourneen musste ich mir hinter der Bühne regelrecht den Weg bahnen, weil Bob zu vielen von unseren Konzerten einen Haufen jamaikanischer Freunde einfliegen ließ, damit sie die Welt außerhalb Jamaikas kennenlernten. Zehn oder zwanzig Dreads aus Jamaika mit auf Tour zu nehmen kommt mir ziemlich großzügig vor. Manchmal musste ich mich sogar zwischen zwanzig oder fünfundzwanzig hindurchschlängeln, wenn ich hinter der Bühne schnell was erledigen musste. Ich glaube, ein Psychologe würde sagen, dass Bob einen gewissen Komfortbereich brauchte, in dem er sich wirklich wohl fühlte. Ich glaube nicht, dass er allzu vielen Leuten vertraute, weil sein Leben anfangs nicht einfach war. Also war es für ihn wichtig, seine eigene »Gang« um sich zu haben. Die Presse machte damals einen Riesenwirbel um ihn und seine Band, aber die Militanz, von der in den Zeitungen die Rede war, habe ich im inneren Kreis nie bemerkt. Ich nehme an, sie machte sich gut in der Presse, aber Bob war nur militant, was das Unrecht betraf, das an verschiedenen Völkern auf der Welt und an seinen eigenen Landsleuten begangen wurde. Diese waren ihm immer am wichtigsten. Ich muss zugeben, dass ich anfangs ein bisschen Angst davor hatte, für die Band zu arbeiten, weil ich ein totaler Außenseiter und obendrein auch noch ein Weißer war. Doch die Hautfarbe spielte für Bob keine Rolle. Nach einiger Zeit, als er wusste, dass alles klappte, wenn er auf die Bühne kam, behandelte er mich wie alle anderen auch.
    Auf vielen der alten Videos kann man sehen, wie Bob seine Gitarre einem Mann auf der Bühne gibt. Dieser Mann war ich. Und oft, wenn Bob seine Gitarre wiederhaben wollte, um darauf zu spielen, musste ich sie sehr schnell einstöpseln oder ihm hinterherrennen. Er war auf der Bühne immer in einer nach vorne gerichteten positiven Bewegung. Und er war, als ich ihn kennenlernte und die meiste Zeit, als ich mit der Band unterwegs war, eine sehr gesunde, tatkräftige Persönlichkeit. Er liebte das Leben, soweit ich das beurteilen konnte. Er schien nicht nur durch seine Musik zu gedeihen, die natürlich der wichtigste Antrieb in seinem Leben war, sondern konnte, wenn er nicht im Studio oder auf Tournee war, auch viele Stunden mit Fußball verbringen. Ich weiß noch, wie ich eines Tages vor dem Haus in der Hope Road 56 saß, als Bob, Gilly (der auf dem Niveau eines Fußballprofis spielte) und eine Gruppe von Bobs Freunden vor dem Haus einen spontanen Kick machten. Bob bewegte den Ball über den staubigen Vorhof seines Kingstoner Hauses, als würde er im Wembleystadion spielen. Danach setzten sich alle auf die Treppe vor seinem Haus, Joints wurden gedreht, Bongs [1] wurden gestopft und angezündet, und Bob »hielt Hof«. Soweit ich mich erinnere, gab es viele Gesprächsthemen. Bob wusste erstaunlich viel über die Welt insgesamt, die er als »Babylon« bezeichnete. Er war außerdem ein sehr anspruchsvoller Bandleader; die Musik, die er im Kopf hatte, musste genau so umgesetzt werden. Manchmal war die Atmosphäre dann gereizt bei Proben, wenn die Band vergeblich zu erreichen versuchte, was Bob haben wollte. Er sagte den Musikern dann in aller Deutlichkeit, was er nicht wollte. Die I-Threes wurden in meiner Anwesenheit mehrmals besonders heftig kritisiert. Ich bin sicher, Bob hörte die Stimmen von Engeln, und die wollte er dann auch in seinen Songs haben. Rita, Marcia und Judy arbeiteten lange und hart an ihren Parts und trugen mehr zum Sound der Wailers bei, als die meisten Leute ihnen zugestehen. Als ich die
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