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Auf keinen Fall Liebe

Auf keinen Fall Liebe

Titel: Auf keinen Fall Liebe
Autoren: Marina Schuster
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Besucherstroms abzusehen.
    Irgendwann bemerkte Faith, dass Emily, die den ganzen Nachmittag aufgeregt zwischen den Gästen herumgelaufen war, sich müde die Augen rieb.
    Liebevoll nahm sie die Kleine auf den Arm. »Was hältst du davon, wenn wir nach oben gehen und du dich einen Moment ausruhst?«
    Sie rechnete mit Widerspruch, doch Emily nickte nur schläfrig. Nachdem sie Polly kurz Bescheid gesagt hatte, stieg sie mit dem Mädchen auf dem Arm die Treppe hinauf und betrat ihr Zimmer. Als sie das Licht eingeschaltet hatte, sah Emily sich mit großen Augen um.
    Seit ihrer Teenagerzeit hatte Faith nie mehr etwas in dem Raum verändert. Die Wände waren in einem pfirsichfarbenen Pastellton gestrichen, die Möbel aus weißem Holz. Auf dem Boden lag ein flauschiger Teppich, an den Erkerfenstern waren helle Gardinen angebracht, über dem Bett gab es einen Himmel aus zartem Voile.
    »Das ist ein schönes Zimmer«, sagte sie begeistert. »Wohnst du hier?«
    Faith lächelte. »Manchmal.«
    »So ein Zimmer habe ich mir auch immer gewünscht«, erklärte Emily traurig. »Aber Mom hat mit mir nur in Hotels gewohnt.«
    Ihre Worte erzeugten eine Welle des Mitgefühls, und der verlorene Ausdruck in ihren grauen Augen schnitt Faith ins Herz. Behutsam drückte sie die Kleine an sich.
    »Weißt du was?«, sagte sie leise und strich ihr über die dunklen Locken. »Wie würde es dir gefallen, hier zu wohnen?«
    »Ehrlich? Für immer?« Emily begann zu strahlen.
    »Nun, zumindest solange dein Dad und du es möchten«, nickte Faith.
    »Aber es ist doch dein Zimmer, wo wirst du dann schlafen?«
    »Es gibt noch mehr Räume, ich werde einen Platz finden«, beruhigte Faith sie, und beschloss sicherheitshalber nicht zu erwähnen, dass sie sowieso nicht lange hierbleiben würde.
    Emily schlang ihr die Arme um den Hals. »Danke«, flüsterte sie glücklich und küsste in kindlichem Überschwang ihre Wange.
    Mühsam schluckte Faith den dicken Kloß der Rührung in ihrem Hals herunter.
    »Dann würde ich vorschlagen, du legst dich jetzt hin und probierst aus, ob du hier überhaupt gut schlafen kannst.«
    »Das werde ich bestimmt«, betonte Emily eifrig.
    Wenig später lag sie im Bett. Faith setzte sich zu ihr und las ihr aus einem ihrer alten Kinderbücher vor, bis sie eingeschlafen war.
    Vorsichtig zog sie ihr noch einmal die Decke zurecht, löschte das Licht und ging leise nach draußen.
    Vor der Tür blieb sie einen Moment nachdenklich stehen und lächelte schließlich still in sich hinein.
    »Damit wäre es dann wohl entschieden.«

5
    W eit nach zweiundzwanzig Uhr hatten sich endlich die letzten Gäste verabschiedet und schlagartig kehrte im Haus Ruhe ein.
    »Puh, was für ein Rummel«, seufzte Polly, während sie begann, Ordnung zu schaffen.
    Lucian nahm ihr das Tablett mit dem Geschirr aus der Hand.
    »Lassen Sie mich das machen. Es war ein anstrengender Tag für Sie, Sie sollten schlafen gehen.«
    »Aber das kommt gar nicht infrage«, wehrte Molly ab.
    »Er hat recht«, mischte Faith sich jetzt ein. »Ihr wart den ganzen Tag auf den Beinen, für heute ist Schluss. Ich erledige das hier.«
    Als Molly erneut widersprechen wollte, fügte sie hinzu: »Außerdem würde ich mich gerne noch mit Dr. Clarke wegen der Praxis unterhalten.«
    »Oh«, sagte Molly, »Wenn das so ist, dann wollen wir natürlich nicht stören.«
    Sie zwinkerte ihrer Schwester unauffällig zu und kurz darauf waren die beiden verschwunden.
    Verlegen griff Faith nach einem Stapel Teller und trug ihn in die Küche.
    Inzwischen tat es ihr leid, dass sie Lucian Clarke auf dem Friedhof so angefahren hatte. Sie war sicher, dass er es nur gut gemeint hatte, und bedauerte ihre grobe Reaktion.
    Während sie die Gläser in die Spülmaschine räumte, überlegte sie, wie sie das Gespräch am besten beginnen sollte.
    »Das ist der Rest«, erklärte Lucian, als er mit einem weiteren Tablett voller Geschirr zu ihr in die Küche kam.
    Abwartend blieb er stehen und sah ihr zu, wie sie nervös die Essensreste in den Mülleimer kratzte.
    Plötzlich trat er zu ihr, nahm ihr den Teller aus der Hand und stellte ihn beiseite.
    »Was haben Sie mir zu sagen?«
    »Was?«, fragte sie irritiert.
    »Sie wollten mit mir sprechen«, erinnerte er sie, »also – was haben Sie mir zu sagen?«
    Er stand dicht vor ihr, fixierte sie mit einem durchdringenden Blick, und Faith hatte auf einmal das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Instinktiv wich sie einen Schritt zurück, obwohl sie insgeheim den
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