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Auf keinen Fall Liebe

Auf keinen Fall Liebe

Titel: Auf keinen Fall Liebe
Autoren: Marina Schuster
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ausgeübt.
    Gabriel. Sofort blendete sie diesen Namen aus. Sie wollte ihn nicht mehr hören und nicht mehr daran denken, nie wieder. Er hatte sie benutzt und manipuliert, und das, was sie anfangs für die große Liebe gehalten hatte, hatte sich als die größte Katastrophe ihres Lebens erwiesen.
    Deswegen war sie überhaupt hier in St. Albury. Die Beerdigung ihres Vaters war der eine Grund, die Suche nach Vergessen der andere. Sie war regelrecht hierher geflohen, geflohen vor der Oberflächlichkeit ihres glamourösen Rampenlicht-Daseins, und geflohen vor dem Schmerz, den Gabriel ihr zugefügt hatte.
    Doch statt die erwartete Ruhe zu finden, sah sie sich jetzt mit einer Situation konfrontiert, die erneut Fluchtgedanken in ihr auslöste.
    »Ich bin achtundzwanzig, ich kann nicht ewig vor allem davonlaufen«, dachte sie resigniert. »Es wird Zeit, dass ich mein Leben wieder in die Hand nehme.«
    Mit einem leisen Seufzen stand sie auf, zog sich aus und legte sich in ihr Bett.
    Tante Polly hatte recht, es wäre nicht fair, Lucian Clarke und seine kleine Tochter ausbaden zu lassen, was ihr Vater angerichtet hatte. Sollte er eben die Praxis weiterführen, im Prinzip war es egal. Sie würde ein paar Tage hierbleiben, alles regeln, was zu regeln war und sich überlegen, wie sie ihre Zukunft gestalten wollte. Bis dahin würden sie sich irgendwie arrangieren, und sie war reif genug, um sich nicht von irgendwelchen dummen, körperlichen Reaktionen aus der Bahn werfen zu lassen.

4
    E s war mehr das Wetter für einen schönen Ausflug als für eine Beerdigung. Der Frühling hatte bereits begonnen, überall grünte und blühte es, und die Sonne lachte von einem fast wolkenlosen, strahlend blauen Himmel.
    Ganz St. Albury sowie unzählige Anwohner aus den umliegenden Ortschaften hatten sich auf dem kleinen Friedhof versammelt, um Dr. Elliott Havering die letzte Ehre zu erweisen.
    Faith, die flankiert von ihren Tanten direkt am Kopfende des Grabes stand, war darüber nicht sonderlich erstaunt.
    Ihr Vater hatte den gesamten Bezirk rings um St. Albury medizinisch betreut, und alle waren über seinen plötzlichen Tod mehr als betroffen gewesen. Die Leute kannten ihn zum größten Teil von Kindesbeinen an und hatten ihm rückhaltlos ihre Gesundheit anvertraut. Seine ruhige und besonnene Art, sein Sinn für Humor und sein ausgeprägter Charme hatten ihn bei seinen Patienten sehr beliebt gemacht – bei einigen zu beliebt, wie Faith jetzt zynisch dachte.
    Sie schob diesen Gedanken wieder beiseite, konzentrierte sich mit versteinertem Gesicht auf die Trauerrede von Reverend Oakland.
    Es entging ihr nicht, dass sie von allen Seiten aufmerksam beobachtet wurde. Das lag jedoch weniger an ihrem Bekanntheitsgrad als Schauspielerin, sondern mehr daran, dass alle Einheimischen über ihre schwierige Beziehung zu ihrem Vater im Bilde waren.
    In einem kleinen, verschlafenen Dorf wie St. Albury gelang es niemandem, irgendwelche Dinge geheim zu halten, selbst wenn sie noch so privat waren. Allerdings fand der Tratsch und Klatsch hier nur selten aus Neugier oder zur allgemeinen Unterhaltung statt, fast immer steckten aufrichtige Anteilnahme und der Wunsch nach Zusammenhalt dahinter.
    Nachdem der schwere Eichensarg hinabgelassen war, nahm sie geduldig die Kondolenzwünsche entgegen und schüttelte unzählige Hände.
    Als der Friedhof sich langsam leerte, bat sie ihre Tanten, sich um die Trauergäste zu kümmern, die in der Villa erwartet wurden, und sie für einen Augenblick am Grab allein zu lassen.
    Faith setzte sich auf eine Holzbank, die ein paar Schritte entfernt stand, und starrte nachdenklich auf den Grabstein, der bereits den Namen ihrer Mutter trug.
    »Ach Mom«, flüsterte sie unglücklich, »Ich vermisse dich so sehr.«
    Ihre Gedanken wanderten zurück zu der Zeit, als ihre kleine, heile Welt zerbrochen war.
    Sie war in der Geborgenheit eines liebevollen Elternhauses aufgewachsen, und soweit sie sich erinnern konnte, hatten ihre Eltern immer eine glückliche Ehe geführt.
    Dann kam das Wochenende, als sie von der Universität nach Hause kam, und ihre Mutter weinend in der Küche vorfand. Sie war damals einundzwanzig gewesen, hatte ein Medizinstudium begonnen und war beflügelt von dem Wunsch, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten.
    Obwohl sie ihre Mutter mit Fragen bestürmte, wollte diese ihr natürlich nicht erzählen, was ihr solchen Kummer machte, dass sie vor dem Herd stand und bittere Tränen weinte.
    Doch es hatte nicht lange
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