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Auf immer und ewig

Auf immer und ewig

Titel: Auf immer und ewig
Autoren: Victoria Veel
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auch. Erzähl mir von deinem letzten Freund, was war das für ein Typ?“
    Mit dem Tempo hatte ich nicht gerechnet. Er schien direkt testen zu wollen, ob ich auf sein Angebot eingehen würde. Und so tat ich, was ich geplant hatte. Ich begann, ihm von einem fiktiven Exfreund zu erzählen, einem Mann namens Ben, der als Kardiologe in einer Klinik in Los Angeles arbeitete, mit dem ich drei gemeinsame Jahre verbracht hatte. Nichts davon war wahr. Während ich erzählte, schaute mich Jason intensiv an, leicht hervorgelehnt, die Stirn in Falten gelegt, als würde er nachdenken. Nach einer Minute hatte ich meine fiktive Geschichte vollständig vor ihm ausgebreitet. Er schwieg einen Moment.
    „ Laura. Als ich sagte du sollst mir über deinen Exfreund erzählen, meinte ich nicht, dass du mir irgendeine Lügengeschichte auftischen sollst. Ich hasse Lügen. Und ich durchschaue Lügner problemlos. Du hast noch eine Chance.“
    Ich erstarrte, zugleich erschrocken und überrascht. Wie um alles in der Welt konnte Jason meine Lüge durchschaut haben? Ich hatte sie mit größtmöglicher Überzeugung erzählt, hatte nicht einmal gestottert oder inne gehalten.
    „Glaub mir, ich erkenne einen Lügner aus zehn Meter Entfernung. Warum glaubst du habe ich herausgefunden, dass meine Ex-Frau eine Affäre hatte.  Ich habe einen sechsten Sinn für soetwas.“ fügte er hinzu.
    Ich fand noch immer keine Worte. Das Risiko war zu groß, ihm eine weitere Lügengeschichte aufzutischen. Wenn er mich wieder als Lügner enttarnte hieß das vielleicht, dass er mir gar nichts erzählen würde. Die wenigen Optionen, die ich hatte, rasten immer wieder durch meinen Kopf. Es war als roch er meine Verunsicherung, denn sein Lächeln wurde breiter.
    Augen zu und durch. Ich beschloß, ihm die Wahrheit zu sagen. Wie konnte das schon schaden. Er konnte mir dieser Information absolut nichts anfangen. Und so erzählte ich ihm die Wahrheit über Josh, meinen wirklichen Exfreund, mit dem ich vier Jahre zusammen gewesen war, seit der Uni, bis er mich wegen meines stressigen Jobs verlassen hatte. Ich fühlte mich Jason ausgeliefert, obwohl er derjenige war, dessen Hände fest hinter seinem Rücken an den Stuhl gekettet waren. Es schien, als habe ich die Kontrolle über die Situation verloren. Ich versuchte mir immer wieder zu sagen, dass ich diese Opfer bringen musste, um schlussendlich Erfolg zu haben.
    „Sehr gut Laura. Siehst du, die Wahrheit zu sagen ist doch gar nicht so schwierig. Ich gebe dir jetzt eine wichtige Information von mir, den Namen der fünften Leiche. Er wird dir nichts bringen, um den Leichnam zu finden, aber du kannst prüfen, dass ich die Wahrheit sage. Die Person gilt als vermisst. Die Frau heißt Mary-Ann Marley und lebte in Los Angeles. 28 Jahre alt, brünett, Kellnerin.“
    Ich brauchte den Namen nicht einmal aufzuschreiben, so wichtig war mir diese Information. Eine weitere vermisste Frau, die anscheinend auf sein Konto ging . Ich wollte mehr Informationen, doch Jason zuckte nur lächeln die Schultern.
    „Ich werde dir alles sagen, wenn du bereit bist, mir alles zu sagen.“ sagte er.
    Und so begannen unsere ersten Sitzungen nicht nur, so endeten sie auch. Von diesem Punkt an begann ich, Jason immer mehr private Details aus meinem Leben zu erzählen. Wo ich aufgewachsen war, wo ich zur Schule ging, mit wem ich meinen ersten Kuss hatte. Seine Fragen wurden immer spezifischer, immer privater. In der fünften Sitzung fragte er sogar,  welche Sexstellungen ich am liebsten mochte. Ich wollte diese Fragen nicht beantworten, versuchte immer wieder, das Thema zu wechseln, aber er ließ es nicht zu. Sein durchdringender Blick brachte mich immer wieder dazu, über meine eigenen Grenzen heraus zu schießen. Und er ließ meine Geschichten nie unkommentiert. Ohne dass ich es wirklich realisierte begannen wir, immer intensiver über mich und mein Leben zu sprechen, als sei er mein fester Freund, oder zumindest ein guter Freund. Oder auch dein Psychologe, schrie eine Stimme in mir. Mir wurde immer klarer, dass ich ihm all diese Dinge nicht nur erzählte, um mehr Informationen aus ihm heraus zu holen. Ich begann, es zu genießen, diese Dinge mit jemandem teilen zu können. Jason war verständnisvoll, hatte immer einen Rat, war ein guter Zuhörer. Mein Privatleben ließ mir nicht viel Zeit für  Freunde. Ich hatte nicht in Kalifornien studiert, sondern in Ohio, wo ich aufgewachsen war. Die meisten meiner alten Schulfreunde lebten dort noch, in
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