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Auf immer und ewig

Auf immer und ewig

Titel: Auf immer und ewig
Autoren: Victoria Veel
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dir liegen mit welchem du mich in eine Schublade einordnen kannst? Borderliner, Suizidgefährdeter, Narzist oder einfach nur Verrückter? Was glaubst du denn was ich davon bin?“ Jasons Stimme klang ruhig und melodisch, als würden wir über etwas viel Angenehmeres sprechen.  Ich sah ihn direkt an und nahm meine Lesebrille ab.
    „Nein, so etwas habe ich nicht. Ich möchte nur gern mehr über dich erfahren, damit ich besser auf dich eingehen kann.“
    Jasons Augen funkelten. „Mit der Brille siehst du süß aus, wie ein unschuldiges Schulmädchen. Ohne die Brille total sexy, wie ein Vamp, ein Männerfresser.“
    Mein Herz raste und ich hoffte, dass Jason es nicht hören konnte. Als könne er Gedanken lesen, lachte er nun laut auf. „Bringe ich dein Herz zum Schlagen? Das gefällt mir.“ rief er.
    Mir fehlten für einen Moment die Worte und ich starrte ihn nur wortlos an. Analysierte jedes Detail seines Gesichts. Schön war es, fast zu schön für ein Männergesicht. Seine Haut war glatt und leicht gebräunt, sein Kiefer markant geformt. Seine gerade Nase und die großen, strahlenden Augen machten ihn perfekt. Für einen Moment stellte ich mir vor wie es wäre, mit ihm in einer Bar zu sitzen und über die einfachen Dinge des Lebens zu reden, wie Hobbies oder Musikgeschmack. Ich würde an meinem Martini nippen, in einem kurzen schwarzen Abendkleid, während er ein blaues Hemd und polierte Schuhe tragen würde, während er sein Guiness Bier trank. Im nächsten Moment wurde mir bewußt, wie absurd und lächerlich diese Vorstellung war.
    „Wir reden jetzt über dich, Jason. Bitte versuch, meine Fragen zu beantworten.“ fuhr ich fort.
    „Und du hast dich nicht heimlich gefragt ob ich dich attraktiv finde? Die Antwort ist ja. Säße ich nicht in diesem verdammten Loch hier, würde ich dich fragen ob du mit mir ausgehen willst.  Und du hättest ja gesagt.“
    Ich hatte mich nie so unvorbereitet gefühlt. Häftlinge hatten mich in der Vergangenheit manchmal „Süße“ oder „Baby“ genannt oder mir obszöne Dinge hinterher gerufen, aber den Charme, den Jason ausstrahlte, hatte ich noch nie erlebt.
    „Jason...“ begann ich, doch er unterbrach mich.
    „Eine Sache verrate ich dir heute. Komm näher.“ Jason beugte sich nun so weit nach vorne, wie die Handschellen es zuließen. Ich saß nur da und starrte ihn an.
    „Komm näher... ich tu dir nichts, ich verspreche es.“ Ich rückte meinen Stuhl um den Tisch herum, näher an ihn heran. So nah, dass ich seinen Atem spüren konnte, was mir eine Gänsehaut verpasste.
    „ Ich bin kein schlechter Mensch. Meine Frau hat mich betrogen, belogen, verlassen.  Ich war immer ein guter Ehemann, habe ihr gegeben, was sie wollte, Autos, Häuser, Reisen, Liebe, alles. Am Ende mußte ich ihr dann geben was sie verdiente. Und dafür schäme ich mich nicht.“ Jason flüsterte nun. Bevor ich als Gefängnispsychologin arbeitete, hatte ich oft Straffälle im Fernsehen und der Zeitung verfolgt und oft mit denen sympathisiert, die ein echtes Mordmotiv hatten und nicht nur mordeten aus unnötiger Eifersucht, Habgier oder gar aus Spaß.  Heute war mir klar, dass das noch immer keinen Mord rechtfertigt, aber tief in mir wußte ich, dass ein Mensch zu allem fähig ist. Und ich wußte nicht, wozu ich fähig sein könnte.
    Ich sah Jason an, versuchte, die richtigen Worte zu finden. Er lächelte mich noch immer an.
    „Das ist alles, was du heute von mir zu hören kriegst. Willst du mehr über mich herausfinden, musst du mir mehr von dir erzählen. Ich finde Dinge über dich heraus und du über mich. Klingt das fair?“ fragte er nun.
    Die Ethik meines Jobs verbot es mir, mit einem Häftling über jegliche private Angelegenheiten meinerseits zu sprechen, ausnahmslos.
    „Jason, das wird nicht möglich sein. Als Psychologin ist es mir nicht gestattet, über Privates mit den Insassen zu sprechen.“
    Jason lehnte sich nun gelassen zurück und zeigte mir wiedermal sein perfektes Lächeln. Er schien nicht besonders überrascht über meine Antwort zu sein.
    „Laura, meine Teuerste,“ betonte er nun. „Wenn du irgendwelche Infos von mir willst, musst du meine Spielregeln spielen. Ich kann dir alles erzählen, auch, wo die fünfte Leiche vergraben liegt. Es liegt nur an dir.“
    Ich sah ihn erschrocken an. Eine fünfte Leiche? Meinte er das ernst? Und hatte er jemals irgendwem von einer fünften Leiche erzählt? Vielleicht spielte er auch nur mit mir um mich zu verunsichern, um mehr aus mir
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