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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman
Autoren: Luchterhand
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zwischen den Geräten umher, bis sie von ihren Eltern eingesammelt, in Kinderwagen oder aufs Gras gesetzt wurden.
    »Vor wenigen Jahren, noch nicht mal fünf«, hob der Abgeordnete Zur an, »gab es nichts hier außer Felsen, Füchsen und Dornensträuchern.« Neben ihm auf dem Podium stand der wohltätige Stifter, Sheldon Mamelstein, der seinen Kopf leicht gesenkt Josh zugeneigt hatte, einem rothaarigen und rotbärtigen ehemaligen Brooklyner, der für ihn simultan übersetzte.
    »Doch hier sind wir, im Monat Schvat des Jahres 5769, und staunen angesichts eures Werkes: Mit eurer inspirierenden Hingabe, der harten, guten Handarbeit, den Werten pionierhafter Besiedelung und eurem kompromisslosen Glauben an die Heiligkeit des Landes habt ihr, teure Einwohner von Ma’aleh Chermesch 3, eine Siedlung zu Ruhm und Zier erbaut …«
    Der Abgeordnete Zur legte eine Atempause ein. Der Wind pfiff ins Mikrophon, sein Hall brach sich am Hügel. Sheldon Mamelstein hob den Kopf und streichelte seinen Hals. Die schwangeren Frauen und das Jungvolk verlagerten ihr Gewicht von einem Bein aufs andere. Kinder fragten, ob sie schon an den Geräten spielen könnten. Eltern antworteten, bald. Und Hauptmann Omer dachte, wieso denn Schvat 5769, warum kann man nicht Februar 2009 sagen?
    Nach Zur sprachen noch einige Funktionäre ein paar Dankesworte mehr, und als Letzter ergriff der Stifter Mamelstein das Mikrophon, und Josh übersetzte seine Worte in rudimentäres, von seinem Akzent verzerrtes Hebräisch. Bescheidener Applaus klang auf.
    Mamelstein hatte die Ehre, die Enthüllung des Schildes vorzunehmen, auf dem sein Name und das Datum eingraviert waren. Er übersah galant den Fehler in der Namensschreibung – ein irregeleitetes h nach dem s in seinem Familiennamen, wie üblich in Israel – und ließ sich vor dem Schild mit dem Abgeordneten, den Siedlungsbewohnern und ein paar Kindern fotografieren. Die Einweihungszeremonie hatte ihr Ende gefunden. Die Kinder stürzten sich fröhlich auf die neuen Geräte. Die Eltern schrien: »Vorsicht!« Frauen redeten über Schwangerschaften, empfahlen einen Wein für feiertags zum Kidduschsegen und tauschten sich über den letzten Stand der aktuellen Lage in der Schule der Muttersiedlung aus. Väter plauderten über Chiliks Doktorarbeit, den Volvo S80 des Knessetabgeordneten und den Austausch eines Zylinderkopfs zum halben Preis bei Farid im arabischen Nachbardorf Charmisch. In einigen Augenblicken würden sie sich langsam auf den Weg zu den Nachmittags- und Abendgebeten im Synagogencaravan unten an dem runden Platz machen, in dessen Mitte ein Unbekannter ein Kreisverkehrsschild aufgestellt hatte. Der Knessetabgeordnete Zur unterhielt sich mit Sheldon Mamelstein und versuchte mit ihm einen Termin zu vereinbaren. Otniel schlug den Würdenträgern eine Führung durch den Stützpunkt vor. Der Abgeordnete warf einen Blick auf seine Uhr, sagte »O weh, o weh« und stöpselte sich einen Blue-Tooth-Kopfhörer ins Ohr, begab sich eilends ans Händeschütteln und Abschiedswinken und stieg hastig in seinen Wagen. Nachdem aller Blicke dem davonrollenden Volvo S80 gefolgt waren, erhob sich plötzlich ein gewaltiger Lärm auf der anderen Seite, dem Abhang unterhalb. Zu ihrer Überraschung entdeckten die Siedler dort einen riesigen Lastwagen, von dem unter großem Geschrei und abgezirkelten Rangierbewegungen ein neuer Wohnwagen abgeladen wurde, und alle fragten sich, wie der Lastwagen dorthin gelangt war, wem der Wohnwagen gehörte und warum er heute hier angekommen war, doch bevor jemand den Fahrer des Lastwagens fragen konnte, hatte der kehrtgemacht und war davongefahren.
    Die Führung
    Otniel Asis, der am längsten ansässige Bewohner des Stützpunkts, der noch immer sein Arbeitshemd und die Arbeitsschuhe vom Morgen trug, führte die Besichtigungsrunde zusammen mit Chilik Jisraeli an, der sich herausgeputzt hatte, mit gekämmten Haaren und durchgeknöpftem Karohemd; mit von der Partie war auch noch Nathan Eliav, der Sekretär der Muttersiedlung Ma’aleh Chermesch. Der rothaarige Josh übersetzte für den amerikanischen Millionär und seine Begleiter. Neben ihnen ging der Kommandeur des Sektors, Hauptmann Omer, der gekommen war, um mit Nathan und Otniel »etwas Wichtiges« zu besprechen, und Otniel hatte ihm versichert, dass er sich sofort nach der Führung, die er dem ehrenwerten Gast aus Amerika versprochen habe, freimachen würde. An diese Gefolgschaft heftete sich McKinley von der Washington Post . Niemand
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