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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
Autoren: Ursula Naumann
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Tod des Seefahrers, der 1779 auf seiner dritten großen Reise auf Hawaii von Eingeborenen erschlagen worden war. »Miss Williams' Ode ist das Glanzstück im Werk des Doktors. Das Talent dieser jungen Dame gereicht unserem Geschlecht zum Ruhm«, applaudierte Anna Seward.
    Als 1788 ein Gesetz verabschiedet wurde, das die unerträglichen Zustände auf den überfüllten Sklavenschiffen mildern sollte und den Gefangenen etwas mehr »Käfigplatz« zugestand, begrüßte Helen diesen höchst bescheidenen Fortschritt geradezu enthusiastisch – BRITAIN ! the noble blest decree / That soothes despair, is fram'd by thee [ 8 ]  – und schloß mit der Hoffnung auf die Abschaffung der Sklaverei durch Lov'd BRITAIN . Dazwischen liegen viele, viele Strophen, in denen sie ihren Lesern das traurige Schicksal der »afrikanischen Rasse« bewegt vor Augen stellte: ihrer Freiheit beraubt, in fremde Länder verschleppt, ohne Hoffnung auf familiäres Glück, täglich zu schwerer Arbeit gezwungen, körperlich zu Grunde gerichtet, seelisch abgestumpftund verhärtet – Those who the traffic of their race / has robb'd of every human grace / Whose harden'd souls no more retain / Impressions nature stamp'd in vain . [ 9 ]
    »Das Gedicht unserer liebenswürdigen Miss Williams über den Sklavenhandel ist mir sehr lieb!« schrieb Anna Seward an Mrs. Piozzi. »Ich bin mir sicher, daß Sie bemerkt haben, wie glücklich, schön und originell ihre Bilder sind. Helens Genie ist so hochfliegend, wie ihre Manieren sanft sind.« Das gewählte Versmaß allerdings fand sie ausgesprochen ungünstig. Mrs. Piozzi war eher an Inhalten interessiert. Im Dezember 1789 berichtete sie einem Bekannten aus Bath, wo sich die gute Gesellschaft im Winter traf und vergnügte, von ihrer neuesten Entdeckung. Nicht der elfjährige Mulatte, der als musikalisches Wunderkind in dieser Saison Aufsehen erregte, sondern –
    »Es ist Bridgetower, der afrikanische Neger, dessen Sohn so bezaubernd Geige spielt, daß ihm die ersten Professoren Beifall spenden müssen – während mich der Vater hundertmal mehr mit seinen eloquenten Ansagen in Erstaunen setzt – die geschliffene Brillanz seiner Sprache, die Menge und Vielfältigkeit seines Wissens, und die interessante Lage, in der er sich in Bezug auf seine abwesende Frau befindet, die als vornehme Polin in ihrem eigenen Land geboren wurde und gewaltsam von ihm getrennt wurde, der nun gezwungen ist, mit einem Pfeil im Herzen um den Erdball zu rennen, mit dem erstaunlichen Sohn an seiner Seite. Ich frage mich, ob die Vorsehung ihn hierher geschickt hat, um die Gleichheit von Schwarzen und Weißen zu beweisen, jedenfalls würde er vor dem Unterhaus eine gute Figur abgeben; und die charmante Miss Williams wird die süßesten Verse auf ihn machen, wenn sie sich treffen. Ist sie Ihnen über den Weg gelaufen? Ich möchte, daß sie sieht, wie weit es ein Mann bringen kann, obwohl er als Sklave geboren und nicht zu einer höheren Bestimmung erzogen wurde. Wenn sie hört, wie er von seinerFrau redet, wird sie vollends dahinschmelzen; die Damen hier haben geweint, als er bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung seinen Sohn auf solch elegante Art und Weise präsentierte.«
    Das musikalische Wunderkind übrigens, George Bridgetower, wurde ein berühmter Geiger, der überall in Europa Gastspiele gab, auch in Wien. Beethoven war so begeistert von ihm, daß er ihm 1803 eine technisch sehr anspruchsvolle Violinsonate (Nr. 9, A-dur, op. 47) zueignete – und ihm die Widmung noch am gleichen Abend nach einem Streit wütend wieder entzog. Bridgewater soll sich abfällig über eine von Beethoven verehrte Dame geäußert haben. Der Geiger Rodolphe Kreutzer, dem Beethoven die Sonate statt dessen widmete, fand sie unspielbar.

Julias Leiden
    Daß Helen keineswegs so harmlos war, wie sie sich in ihrer Rolle als Dichterin gab, zeigt ihr Roman Julia . Erzählt wird darin eine Dreiecksgeschichte nach dem Vorbild der zwei Epochen-Bestseller zu diesem Thema, Goethes Werther und Rousseaus Julie ou la Nouvelle Héloïse , dem sie mit dem Namen der Titelheldin ihre Reverenz erweist.
    Helen hat diese Julia Clifford liebevoll nach dem eigenen Idealbild gezeichnet. Eine junge Dame, ausgestattet mit großen intellektuellen Fähigkeiten, einem warmen, gefühlvollen Herzen und den gewähltesten Manieren, scheint sie doch nichts von ihren Vorzügen zu wissen, tritt bescheiden, anspruchslos, völlig natürlich und unaffektiert auf und spricht, dem Diktat des
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