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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1
Autoren: cross
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weiterzuleben: das Bild, wie ich erneut vor einem Drachen lag, die transzendentale, fleischliche Intimität erlebte, göttliches Wispern vernahm, die uralten Drachenerinnerungen sah, die mir versprachen, das Himmlische Reich für mich zu öffnen …
    Ja.
    Ja, ich würde es tun. Ich würde es wagen, die Herausforderung des Drachenmeisters anzunehmen. Erneut würde ich das Leben dem Tod vorziehen.
    Daraufhin tat ich das Unaussprechliche und das gleichermaßen so Offenkundige: Ich trat auf die Straße der Geißelung und machte Anstalten, dem Drachenmeister zu folgen.
    Die Menge wurde unruhig, Unsicherheit machte sich breit. Empörung bei denen, die wussten, dass die Statuten des Tempels einem niederen, mit grünem Überwurf bekleideten Akolyten verboten, während des Mombe Taro die Straße der Geißelung zu betreten.
    Am Rand der Straße wurde das Wummern der Wasserschalen unregelmäßiger, verstummte schließlich.
    Die Menge schwieg angespannt.
    Der Drachenmeister blieb stehen. Er kehrte mir den Rücken zu, und ich blieb ebenfalls stehen, furchtsam und unsicher.
    Langsam drehte sich der Drachenmeister um. Er betrachtete mich, während von den Peitschen in seinen Armen Gift in den Staub der Straße tropfte.
    Oh, lass mich nackt in diesem Staub liegen, während das Drachengift auf mich tropft!
    »Ausziehen«, befahl der Drachenmeister.
    Nein.
    Nein, das konnte er doch nicht meinen. Ich konnte mein Geschlecht nicht vor diesem Mob entblößen. War er von Sinnen?
    Ja, genau das war er, ja.
    Und er meinte es.
    Seine Augen, seine Haltung, sein boshaftes Grinsen forderten mich auf, ihm zu gehorchen, und ich wusste, dass dies ein Test war, den ich bestehen musste, wenn ich als Novize in seine Dienste aufgenommen werden wollte. Und jetzt, da mir genau das angeboten worden war, das Unvorstellbare, Unmögliche, wollte ich es mehr als alles andere, was ich bislang in meinem Leben jemals gewollt hatte.
    Während ich meine Machete unter meiner Kutte festhielt, griff ich mit der freien Hand an meinen Hals und löste den Verschluss des grünen Überwurfs. Ließ ihn fallen.
    Ich starrte in die rot marmorierten Augen des Drachenmeisters, bückte mich etwas, packte den Saum meiner Kutte, zog mir mit einer fließenden, schnellen Bewegung meine Verkleidung über den Kopf und hob dabei die Hand, welche die Machete hielt, sodass die Klinge in der Kleidung versteckt blieb.
    Ich ließ Kutte und Waffe zu Boden fallen.
    Dann stand ich da, kerzengerade, die Schultern zurückgenommen, und sah nur den Drachenmeister an. Meine Wangen fühlten sich feucht an. Weinte ich? Ja, ich weinte vor Sehnsucht nach dem Gift, weinte, weil ich gescheitert war …
    Doch – war ich wirklich gescheitert?
    Als die schockierte Menge sich rührte, fragte ich mich, ob ich tatsächlich versagt hatte. Ob ich nicht immer noch, als Schüler des Drachenmeisters, Kratt das Leben nehmen und seinen Bruder Ghepp als Herrscher unserer Brutstätte einsetzen konnte. Ob ich nicht sogar eines Tages Drachenmeister von Brut Re werden konnte.
    Zuerst einmal jedoch musste ich diesen heutigen Tag überleben.
    Die Menge begann zu johlen, aufgebracht zu fluchen, und nach wenigen Herzschlägen verängstigte mich diese Wut, als die Gesichter sich vor Hass verzerrten in Anbetracht meiner vulgären Anwesenheit auf der Straße der Geißelung. Ein Stein prallte von meiner Schulter ab, der scharfe, stechende Schmerz ließ mich einen Schritt vortaumeln. Eine Sandale flog gegen meinen Bauch und nahm mir den Atem. Nur das Gebot des Tempels, das exakt vorschrieb, wer während Mombe Taro die Straße der Geißelung betreten dufte, hielt die aufgebrachte Menge davon ab, vorwärts zu stürmen und mich totzuschlagen.
    Ein anderer Stein traf mich in den Rücken. Ich schrie auf, sprang vor, drehte mich herum, wurde an der Stirn getroffen, dann wieder am Rücken …
    Der Steinregen wurde stärker, traf mich an Rückgrat, Ellbogen und Brüsten, machte mich schwindlig, flößte mir Todesangst ein, und ich stolperte unter die Schranke, fiel auf die Knie, als etwas Hartes gegen meinen Kopf prallte, sodass es mir in den Ohren klingelte, mein Blick sich verschleierte und ich oben und unten nicht mehr unterscheiden konnte. Das Gebrüll des Mobs erreichte einen neuen Höhepunkt, und die Furcht sang kalt und schrecklich in meinem Blut, als ich meinen Kopf in den Staub drückte und mit den Händen schützte …
    Hinter mir ertönte ein Brüllen, ein wildes Brüllen, das sich näherte. Es klang wie ein Stampfen und
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