Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf die feine Art

Auf die feine Art

Titel: Auf die feine Art
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
meines Chefs ein genüssliches Grinsen. »Natürlich ist es schön, einen kleinen Augenschmaus im Büro zu haben«, meinte er. »Du hast schließlich die Armi, das ist doch auch ein hübsches Mädchen.«
    »Ich kann sowieso den ganzen Tag Weiber begrapschen«, wieherte Hellström.
    »Soweit ich das beurteilen kann, ist Maria keine, die sich von jedem begrapschen lässt«, versetzte Anttis Vater trocken. »Sie ist doch eine ziemlich resolute Feministin, oder?«
    »Auf jeden Fall hat sie entsprechende Waden, muskulös wie bei einem Mann«, meinte Hellström. »Mir sind feminine Frauen lieber, mit zierlichen Beinen.«
    »Was meinen Sie, wie maskulin meine Waden erst wären, wenn ich sie nicht vor ein paar Tagen enthaart hätte«, erklärte ich laut und kam hinter den Büschen hervor. »Weitere Kommentare über meinen Körper bitte ich direkt an mich zu richten.«
    Mein wütender Gesichtsausdruck ließ die Herren verstummen. »Hör mal, Eki, du hast mich doch als Juristin mit dem Spezialgebiet Strafrecht eingestellt. Wenn du bloß eine zum Begrapschen brauchst, kriegst du die auch für weniger Gehalt.«
    Ich kannte meinen Chef noch nicht sehr gut und wusste nicht, wie er reagieren würde. Eine Sekunde lang rechnete ich damit, auf der Stelle gefeuert zu werden. Zu meiner Erleichterung brach Eki in Gelächter aus und sagte zu Anttis Vater:
    »Mit der Frau kommen Antti und ich noch in Teufels Küche. Dein Zeugnis ist kein Thema, Maria, und deine Kurven auch nicht. Du hast die Stelle bekommen, weil du kein Hasenfuß bist, die kann ich nämlich nicht ausstehen.«
    Ich lächelte halbwegs versöhnt und machte mich auf den Weg zum Getränketisch, auf dem inzwischen auch ein paar Flaschen vom besten Kognak aufgetaucht waren. Die Rezession schien tatsächlich spurlos an den Hänninens vorübergegangen zu sein. Ich goss mir gerade eine ordentliche Portion ein, als plötzlich Antti neben mir stand.
    »Hast du’s nötig?«
    Ich erzählte ihm von meinem Lauschangriff und brachte ihn damit zum Lachen.
    »Erik Hellström prahlt allzu laut damit, alle Frauen von Tapiola von innen und außen zu kennen, das ist wahr. Deshalb geht meine Mutter ja nicht mehr zu ihm in die Sprechstunde. Aber er gilt als irrsinnig guter Arzt, ohne ihn wäre zum Beispiel Armis Schwester Mallu nicht mehr am Leben. Er hat eben seine guten und seine schlechten Seiten.«
    »Was war denn mit dieser Mallu?«
    »Fehlgeburt oder so was, da musst du Armi fragen. Aber nicht ausgerechnet jetzt, das ist nämlich Mallu, mit der sie da ankommt.«
    Armi steuerte mit einer dünneren und dunkelhaarigeren Ausgabe ihrer selbst auf uns zu. Ich goss mir den restlichen Kognak hinter die Binde und schenkte mir noch einen ein. Ich hatte es bis obenhin satt, ständig neue Leute kennen zu lernen und liebenswürdig in der Gegend herumzulächeln. Trotzdem tauschte ich mit Armi und Mallu höfliche Banalitäten aus, an denen Mallu ebenso wenig Anteil zu nehmen schien wie ich. Armi dominierte die Unterhaltung, Kimmo und Antti warfen ab und zu eine Bemerkung ein, irgendwer schenkte mir Kognak nach. Ich wurde langsam, aber sicher betrunken. Aus dem Haus war Tanzmusik zu hören, und Kimmo wusste zu berichten, dass im Wohnzimmer ein Trio der örtlichen Big Band spielte.
    »Wollen wir tanzen?« Make stand plötzlich vor mir, machte eine leicht ironische Verbeugung und zog mich ins Haus. Der langsame Swing verlockte dazu, sich im Takt zu wiegen, Makes Schultern unter dem weißen Hemd fühlten sich hart an, seine Hand war leicht schweißig. Er roch nach zu viel Rasierwasser. Als Tanzpartner hatte er genau die richtige Größe für mich. Mit Antti zu tanzen war schwieriger, weil er mich um mehr als dreißig Zentimeter überragte. Andere Paare glitten an uns vorüber: Kimmo und Armi, mein Chef mit seiner Frau, Antti und seine Mutter. Der Kognak sackte mir vom Kopf in die Beine, das Trio leitete vom Swing zum Tango über, und Make schwang mich in eine stilreine Tangowiege.
    Wir tanzten am Kamin vorbei. Zwischen silbernen Kerzenhaltern stand ein großes Abiturfoto von Sanna, die gelangweilt in die Kamera lächelte. Ich war in der ersten Klasse der Oberstufe, als sie Abitur machte. Am Abend nach der Abiturfeier traf sich die halbe Oberstufe im einzigen Park meiner Heimatstadt zu einem allgemeinen Besäufnis. Sanna war total blau, und einige flüsterten, sie hätte nicht nur Schnaps intus. Ich erinnerte mich nach all den Jahren noch genau daran, wie ihr die Sorbusflasche vom Mund gerutscht war und das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher