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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)
Autoren: Mark Hodder
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nach! Mach schon! Füge die Worte des Mannes zusammen. Entschlüssle die Sprache. Erkenne die Bedeutung darin.
    Er holte tief Luft, als eine Erinnerung in ihm aufstieg. Er lag in einem Bett im Feldlazarett, hielt eine Zeitung in den Händen und las einen Bericht, der von diesem kleinen, molligen Burschen geschrieben worden war.
    Ja, genau. Und jetzt sprich, Baker. Mach den Mund auf und sprich!
    »Sie schaffen das schon«, sagte er. »Ich habe kürzlich einen Ihrer Artikel gelesen. Sie besitzen ein seltenes Talent. Wer ist Jules Verne?«
    Er sah, dass der kleine Mann die Augen verengte und ihn im Zwielicht prüfend musterte, als versuche er, seine Züge auszumachen.
    »Ein französischer Romanautor. Er kam ums Leben, als Paris fiel. Sie haben noch nie von ihm gehört?«
    »Doch, vielleicht«, antwortete Baker. »Aber ich muss gestehen, ich erinnere mich im Augenblick an so wenig, dass ich kaum funktioniere.«
    »Ah, natürlich. Ein keineswegs seltenes Symptom von Kriegsneurose oder Fieber, und Sie haben nach allem, was man so hört, unter beidem schwer gelitten. Wissen Sie noch, warum Sie in der Seenregion waren?«
    Die Seenregion? Die ist   … die ist in Afrika! Das hier ist nicht Afrika!
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Meine erste Erinnerung ist, dass man mich auf einer Bahre getragen hat. Dann weiß ich nur noch, dass ich hier war und von Sanitätern untersucht wurde.«
    Der Journalist grunzte. »Ich habe mich ein wenig umgehört«, sagte er. »Die Männer vom Landvermessungskorps haben Sie am Ukerewesee gefunden, in der Nähe des Westufers, am Rand des Blutdschungels. Ein gefährlicher Ort   – dort treiben sich viele Deutsche herum. Sie waren unbewaffnet und haben wirres Zeug geredet wie ein Verrückter. Und diese seltsame, glitzernde Hieroglyphe schien frisch in Ihren Kopf tätowiert gewesen zu sein.«
    Hieroglyphe?
    Baker fasste nach oben, schob die Hand unter den Helm und fuhr mit den Fingern durch sein kurzes Haar. An seiner Kopfhaut stieß er auf harte Erhebungen.
    »Ich erinnere mich an nichts von alledem.«
    Ich erinnere mich nicht. Ich erinnere mich nicht. Ich erinnere mich nicht.
    »Die Landvermesser wollten Sie nach Tabora bringen, aber auf der Route nach Süden wimmelt es von Schnappern, deshalb sind sie stattdessen nach Osten gegangen, bis sie zu den dort versammelten Bataillonen stießen. Unterwegs waren Sie abwechselnd besinnungslos und bei Bewusstsein, aber nie bei klarem Verstand, um eine Erklärung abzugeben.«
    Plötzlich wurde der Korrespondent vom an- und abschwellenden Geheul einer Sirene unterbrochen. Es handelte sich um einen Weberknecht, der in eine Notlage geraten war. Der Journalist wandte die Aufmerksamkeit wieder seinem Periskop zu. Baker tat es ihm gleich.
    Eines der gigantischen Fahrzeuge hatte sich verheddert. Scharlachrote Ranken wanden sich um die stelzenartigen Beine und schlängelten sich zum hoch über dem Boden kauernden Fahrer empor. Der Mann riss verzweifelt an den Bedienhebeln und versuchte, die emporkletternden Pflanzen von der Maschine abzuschütteln. Es gelang ihm nicht. Der Weberknecht krängte immer weiter nach links. Dann kippte er um, zu Boden gezogen vom fleischfressenden Unkraut. Die Sirene gurgelte und verstummte. Der Fahrer rollte aus dem Sattel und wollte aufspringen, doch eswar zu spät. Er kreischte, als Pflanzenschoten unter seinem Gewicht zerplatzten und ihn mit Säure bespritzten. Seine Uniform fing Flammen, sein Fleisch löste sich blubbernd und zischend von den Knochen. Das Unkraut brauchte weniger als eine Minute, um den Mann in ein blankes Skelett zu verwandeln.
    »Armer Teufel«, murmelte der kleine Berichterstatter. Er senkte sein Beobachtungsinstrument und schüttelte sich Staub von der rechten Hand. »Haben Sie gesehen, wie gestern das Unkraut eingetroffen ist? Ich hab’s verpasst. Hab geschlafen.«
    »Ich habe es auch nicht gesehen.«
    »Anscheinend wurde eine dünne Wolkenranke, die wie eine Schlange aussah, vom Meer hereingeweht und hat die Samen herabregnen lassen. Die Pflanzen haben über Nacht gekeimt und wuchern seither. Das Gebiet sieht unpassierbar aus. Ich sage Ihnen, Baker, wenn es um das Wetter und um Pflanzen geht, kennen sich diese vermaledeiten Hexer der Krautfresser wirklich aus. Darum gelingt es ihnen immer noch, Hunderttausende Afrikaner mehr als wir zum Militär zu holen. Die Stämme sind dermaßen abergläubisch, dass sie alles tun, was man sagt, wenn sie glauben, man könne Regen heraufbeschwören und ihnen eine gute
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