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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)
Autoren: Mark Hodder
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hatten sich geöffnet, und die königliche Kutsche rollte auf den Weg.
    »Komm schon!«, flüsterte Burton. »Wo steckst du?«
    Wo war der Mann, den zu töten er gekommen war?
    Wo war Spring Heeled Jack?
    *
    Er spähte durch das Periskop. Die Szene, die er durch die Linse sah, war unfassbar. Formen, Bewegungen, Schatten, satte Farben   – sie weigerten sich, zu etwas Begreifbarem zusammenzuwachsen. Die Welt war zerschmettert, und er lag zersplittert inmitten des Gerölls.
    Tot. Offensichtlich war er tot.
    Nein. Aufhören. So geht das nicht. Lass dich nicht davon unterkriegen. Nicht schon wieder.
    Er schloss die Augen, bohrte die Fingernägel in die Handflächen und zog die Lippen über die Zähne zurück. Mit enormer Willensanstrengung suchte er die versprengten Teile seiner selbst, fügte sie zusammen, bis:
    Frank Baker. Mein Name ist Frank Baker.
    Gut. Das fühlte sich vertraut an.
    Er roch Schießpulver. Lärm bestürmte seine Ohren. Die Luft war heiß.
    Frank Baker. Ja. Der Name war ihm als Reaktion auf die Frage des Sanitäters über die Lippen geglitten.
    »Und was sind Sie, Mr. Baker?«
    Eine merkwürdige Frage.
    »Ein Beobachter.«
    Eine gleichermaßen merkwürdige Antwort. Wie der Name war sie aus dem Nichts aufgetaucht, aber der überlastete Sanitäter zeigte sich zufrieden damit.
    Es folgten Anflüge von Leere. Fieberschübe. Wahnvorstellungen. Dann die Genesung. Man war davon ausgegangen, dass er dem zivilen Beobachterkorps angehörte, und hatte ihn der Obhut des kleinen Mannes mit der Fistelstimme unterstellt, der im Augenblick neben ihm stand.
    Was noch? Was noch? Was war es, das ich mir angesehen habe?
    Er schlug die Augen auf. Es herrschte wenig Licht.
    Ihm wurde bewusst, dass er etwas mit der Faust umklammerte. Er öffnete die Hand und stellte fest, dass er eine rote Mohnblume hielt. Sie fühlte sich bedeutsam an, wichtig. Weshalb, wusste er nicht. Er steckte sie in die Tasche.
    Dann schob er seinen Blechhelm hoch, wischte sich Schweiß von der Stirn, schob die Oberkante des Periskops wieder über den Rand des Schützengrabens und spähte erneut durch das Objektiv. Zu seiner Linken verschmolz die Kuppe einer aufgedunsenen Sonne mit einem Horizont, der vor Hitze flimmerte, und geradeaus bahnten sich in der zunehmenden Düsternis sieben hoch aufragende, langbeinige Spinnentiere einen Weg durch das rote Unkraut, das im Niemandsland wucherte. Dampf wallte aus ihren Ablufttrichtern und zeichnete sich weiß vor dem dunkler werdenden, violetten Himmel ab.
    Weberknechte , ging es ihm durch den Kopf. Diese Kreaturen sind Weberknechte, die von der Eugenikerfraktion der Technokraten zu gewaltiger Größe herangezüchtet werden. Nein, halt, nicht Eugeniker   – das ist der Feind   –, bei uns heißen sie Genetiker. Die Spinnentiere werden herangezüchtet, getötet und ausgeweidet. Anschließend bauen Techniker dampfbetriebene Maschinen in ihre Schalen ein .
    Er betrachtete die Gerätschaften eingehender und stellte fest, dass bestimmte Dinge ihm anders vorkamen. Zum Beispiel hatte man unter ihren kleinen Körpern Gatling-Repetiergeschütze angebracht, wo Baker eigentlich Frachtnetze erwartet hätte. Die Waffen schwenkten hin und her, funkelten und blitzten, als sie eine Kugelsalve in die deutschen Schützengräben feuerten. Das metallische Prasseln der Geschosse übertönte beinah das Tuckern der Motoren. Zudem verfügten die Weberknechte über eine Panzerung, und die Fahrer saßen auf einer Art Sattel obenauf statt auf einem Sitz im Innern des ausgehöhlten Körpers, was darauf schließen ließ, dass die Schale mit größeren, mächtigeren Maschinen gefüllt war als   … als   …
    Womit vergleiche ich sie eigentlich?
    »Ziemlich beeindruckender Anblick, was?«, ertönte eine hohe Stimme.
    Baker räusperte sich. Er fühlte sich nicht bereit für eine Unterhaltung, obwohl er den vagen Verdacht hegte, dass er sich bereits unterhalten hatte   – dass er und der kleine Mann neben ihm erst vor wenigen Minuten miteinander geplaudert hatten.
    Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber sein Gefährte fuhr fort: »Wäre ich ein Dichter, könnte ich ihnen vielleichtgerecht werden, aber für einen bloßen Journalisten ist die Herausforderung zu groß. Wie soll ich eine dermaßen unnatürliche Szene beschreiben? Jeder, der sie nicht mit eigenen Augen gesehen hat, würde denken, ich hätte eine wissenschaftliche Fantasieerzählung verfasst. Vielleicht würde man mich als neuen Jules Verne bezeichnen.«
    Denk
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