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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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irgendjemand wissen müsste, dass er in dieser Liga nicht mitmischen kann, dann bist du es, Dee. Du schaffst es nicht.«
    »Und das FBI hält sich raus.«
    »Außer sie stolpern aus anderen Gründen zufällig über den Fall. Ansonsten ist er ihnen eine Nummer zu klein. Und dir eine Nummer zu groß. Gib es auf, Dee! Möchtest du heute Nachmittag mitgehen zu Perri?«
    Dee war plötzlich ganz still. »Ich dachte, im ersten Monat darf sie keinen Besuch empfangen?«
    »Das gilt nicht für mich. Ich bin ihr Anwalt. Ich könnte dich als Mitglied der Anwaltskanzlei hineinbringen.«
    »Ja! O ja!«
    Eliot machte den Mund auf, als wollte er noch etwas sagen, ließ es aber sein und trank seinen Kaffee aus.
     
    Im Zug nach Cotsworth saß Dee schweigend neben Eliot und machte sich auf das Schlimmste gefasst. Dennoch war es dann ein Schock.
    »Hallo, Dee! Eliot.« Mit Mühe brachte Perri ein Lächeln auf ihre geschwollenen Lippen. Ein Auge war völlig geschlossen und blau geschlagen. Sie hatte an Gewicht verloren, das merkte man selbst bei dem formlosen Gefängnis-Overall.
    »Perri … Perri.« Dee riss sich zusammen. »Ich sagte dir doch, du sollst keinen Widerstand leisten! Bei niemandem!«
    »Wachen oder Insassen?«, fragte Eliot mit leiser Stimme.
    »Beide. Eliot, reichen Sie keine Beschwerde ein, das würde meine Lage nur noch schlimmer machen.«
    Er antwortete nicht; er wusste, dass sie Recht hatte. Und auch Dee wusste es, aber trotz allem stieg ihr die Wut wie Salzsäure die Kehle hoch.
    »Ich habe die schriftliche Berufung eingereicht, Perri«, sagte Eliot, und sie strahlte.
    Doch Dee wusste, der Berufung würde nicht stattgegeben werden, es gab keine Gründe dafür. Aber es war wenigstens ein kleiner Hoffnungsstrahl für ihre Schwester in dieser Hölle.
    Und Perri war unglaublich. Sie schnatterte mit Dee und Eliot, fragte sie nach allen Kleinigkeiten ihres täglichen Lebens und bemühte sich in jeder Hinsicht, so zu tun, als wäre sie nicht erfüllt von Schmerzen und ohnmächtiger Verzweiflung.
    Als die kurze Besuchszeit um war und sie beide alle Kontrollen auf dem Weg nach draußen passiert hatten, wandte Dee sich an Eliot: »Und sag mir nie wieder, ich soll aufgeben. Nie wieder!«
     
    Sie hatte vor, sich an zwei Stellen umzusehen: bei den Aktivisten und bei den Kriminellen. Sie wollte die Überlappung finden.
    Die Umweltaktivisten waren weder so zornig, noch so zahlreich wie vor der Krise, aus dem einfachen Grund, weil sie gesiegt hatten. Dee verstand das. Es war ihr auch klar, in welcher Richtung sich die Bewegung entwickeln würde: zu einer Art halbem Untergrund-Aktivismus.
    Die Sache lief folgendermaßen: Dein ganzes Leben treibt dich der Kampf für ein einziges, heiß ersehntes Ziel an, nämlich gentechnische Manipulationen vom Gesetz verbieten zu lassen – und dann sind sie mit einem Mal tatsächlich verboten, und plötzlich bist du emotional arbeitslos. Eine Weile probierst du es mit dem Einsatz für irgendeine andere gute Sache, aber es ist nicht das Gleiche. Also organisierst du – mit der Begründung, die Behörden wären dafür (je nach Belieben): zu faul, zu korrupt, zu dumm oder zu bürokratielastig – Truppen für den Kampf gegen Einrichtungen, bei denen du Verletzungen des Gentechnikverbotes argwöhnst. Und so bist du endlich wieder am Ball und kannst deine Zeit damit verbringen, illegale Labors und Pflanzungen aufzustöbern und zu zerstören. Natürlich seid ihr alle auch eine Art Speerspitze der Volksjustiz und somit praktisch verpflichtet, neben den Übeltätern auch die Bullen aufs Korn zu nehmen. Doch für einen bestimmten Typus macht das die Sache erst richtig interessant.
    Dee begann mit New Greenpeace. Bei ihrem ersten Besuch dort sprach sie mit einer Frau, die so finster und drohend wirkte, dass Dee sie als gute Kandidatin für »subversive Projekte« einstufte. Sie hieß Paula Caradine und war äußerst misstrauisch Dee gegenüber, aber an misstrauische Informanten war Dee gewöhnt.
    »Wieso interessieren Sie sich für Subversion?«, fragte Paula. Sie war reizlos, untersetzt und sehr angespannt.
    »Meine Schwester sitzt im Gefängnis wegen eines Gentech-Verbrechens, das sie nicht begangen hat. Die Beschuldigungen waren falsch.«
    »Ach? Wie heißt sie?«
    »Perri Stavros. Mein Name ist Demetria Stavros. Früher mal war ich bei der New Yorker Polizei. Perris Verurteilung hat meine Einstellung geändert. Das FBI hat jetzt zwar ein entsprechendes Gesetz zur Verfügung, ist aber ganz einfach
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