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Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Titel: Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet
Autoren: Axel Petermann
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zuletzt mit Agnes zusammen gewesen war. Vor einigen Tagen wahrscheinlich. Auf jeden Fall vor Silvester. Vermutlich aber am 29. Dezember. An dem Tag, so sagte er aus, habe seine Agnes vormittags die Wohnung verlassen und sei danach wohl nur noch einmal zurückgekehrt. Da habe sie in der Küche Reis für ihre Tiere gekocht und sie gefüttert. Vermutlich habe sie auch etwas Kartoffelsalat gegessen, von dem noch immer ein Rest in der Küche stehe.»Nee, gesehen habe ich sie seit ein paar Tagen nicht mehr. War doch auf Arbeit. Im Hafen. Bin da Stauer.«
    Obwohl Egon Finck angab, sich um seine Partnerin gesorgt zu haben, hatte er sie noch nicht als vermisst gemeldet. Angeblich hatte er sich mit dem Gedanken beruhigt, dass Agnes schon wieder zu ihm zurückkehren werde. So wie sie es in der Vergangenheit immer wieder getan habe, wenn sie mit flüchtigen Bekanntschaften spontane und intime Beziehungen eingegangen war.
    Agnes Brendel hatten auch andere Zeugen als eine Frau beschrieben, die stets auf der Suche nach Liebe und Glück war. Zum Beispiel habe sie sich einmal beklagt: »Alle wollen mich körpern, nur küssen will mich keiner!« Die ungewöhnliche, aber anschauliche Formulierung legte die Interpretation nahe, dass ihre Männerbekanntschaften nur auf Sex und nicht auf eine Beziehung aus waren.
    Auf meine Frage, ob er Agnes Brendel getötet habe, vielleicht in einem Streit, geriet Egon Finck in Rage. Er wurde laut und beschimpfte uns. »Nee, nee. Nun ist aber gut. Ich lasse mir doch von euch keinen Mord anhängen. Da müsst ihr euch schon einen anderen suchen!« Die Art und Weise, wie sich Egon Finck gegen die Anschuldigungen wehrte, wirkte auf mich überzeugend. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er uns etwas vorspielte. Zur Sicherheit ließ ich mit seiner Erlaubnis trotzdem sein kleines Häuschen vom Erkennungsdienst auf mögliche Tatspuren untersuchen. Ergebnislos. Kein Blut, kein Tatwerkzeug, keine abgeschnittenen Körperteile. Es gab keinen einzigen Beweis für Egon Fincks Täterschaft. Also mussten wir unsere Aufmerksamkeit ganz auf Agnes Brendels Bekanntenkreis und ihre Aufenthaltsorte richten.
    Nun begann die mühsame Ermittlungsarbeit. Galt es doch, wie oben bereits erwähnt, genau zu recherchieren, was Agnes Brendel bis zu ihrem Tode gemacht und wo sie sich aufgehalten hatte. Wir gaben Pressemeldungen heraus und befragten Bewohner ihrer Siedlung und Stammgäste in Gaststätten des Stadtteils. Zusätzlich hatte ich ein Fahndungsplakat entworfen, das ein Foto von Agnes Brendel zeigte, überschrieben mit der provokativen Frage: »Wer hat Agnes Brendel ermordet?« Das Plakat wurde überall in ihrem Viertel aufgehängt und als Handzettel in Geschäften und Kneipen ausgelegt. Wie erhofft, erhielten wir zahlreiche Hinweise, wo sich Agnes Brendel an den Tagen vor dem Leichenfund aufgehalten hatte.
    Nicht immer sind Zeugenaussagen zuverlässig. Besonders dann nicht, wenn eine Tat schon längere Zeit zurückliegt oder die Hinweise aus dem Kneipenmilieu und von Trinkern stammen, die oft unter starkem Alkoholeinfluss stehen. Doch diesmal schienen wir uns auf die Aussagen verlassen zu können: Agnes Brendel war wegen ihrer kauzigen Art und wegen ihres Aussehens bekannt wie ein bunter Hund, die Tat lag noch nicht lange zurück, und an so spezielle Tage wie Silvester und Neujahr können sich Zeugen normalerweise recht gut erinnern.
    Die verschiedenen Zeugenaussagen zeichneten folgendes Bild:
    Zunächst saß Agnes Brendel in den Nachmittagsstunden des 29. Dezember in einer Gaststätte und trank dort mit anderen Gästen Bier und Schnaps. Gegen 17 Uhr wollte sie bei einer Sparkassenfiliale ihre Sozialhilfe abholen, aber der monatliche Scheck war auf ihrem Konto noch nicht gutgeschrieben worden. Etwa um neun Uhr abends ging sie in eine Imbissstube, wo sie sich von einem Gast zum Bier einladen ließ. Etwa eine Stunde später verließen die beiden gemeinsam den Imbiss.
    Auch in den folgenden Tagen hatten zahlreiche Zeugen Agnes Brendel gesehen und sich mit ihr unterhalten. Mal in ihrer Wohnung, mal auf der Straße oder in Lokalen in der Nähe ihrer Wohnung. Einen besonders wichtigen Hinweis erhielt ich von dem direkten Nachbarn des Opfers. Er hatte sie nämlich am Silvesterabend gegen 22 Uhr in ihrer Wohnung besucht, um schon einmal mit ihr und einigen Flaschen Bier ins neue Jahr zu feiern. Doch nach etwa einer Stunde war er wieder gegangen. Auf die Frage, ob es zum Geschlechtsverkehr gekommen sei, hatte er entrüstet reagiert und
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