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Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Titel: Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman
Autoren: Kerstin Gier
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Parallelwelt niemals bekommen werde: Er ist der Mann, mit dem ich alt werden will.« Ich schaute auf die Gleise. »Oder wenigstens alle Zeit, die mir im Leben noch bleibt.«
    »Oh nein, ich glaube, ich will das nicht hören.« Mathias stand auf. »Komm! Wir fahren irgendwohin, wo wir in Ruhe reden können …«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich … nehme die U-Bahn. Du kannst zurück auf die Party gehen … und dich einfach gepflegt volllaufen lassen.«
    »Tatsächlich kommt mir das gerade wie eine sehr gute Idee vor«, sagte er und rieb sich über die Augen.
    Ich hätte ihm gern gesagt, sehr sicher zu sein, dass er ganz bestimmt auch bald jemanden finden würde, mit dem er glücklich werden konnte, und ach ja, dass er den Job in Berlin auf jeden Fall bekam und ein Penthouse ohne Wände. Aber das erschien mir in diesem Augenblick nicht besonders angemessen.
    Wir küssten uns zaghaft zum Abschied auf den Mund, und als er schon fast an der Treppe war, drehte er sich noch einmal um und sagte: »Aber ich rufe dich trotzdem morgen mal an und frage, ob du es dir anders überlegt hast.«
    Ich nickte. »Ich werde es mir aber nicht anders überlegen.«
    »Okay. Dann rufe ich an und frage, was der andere Typ hat, das ich nicht habe.« Ein paar Stufen weiter drehte er sich noch einmal um. »Aber versprich mir, dass du mit dem anderen niemals einen Brownie essen wirst, ja?«
    Ich musste lächeln. »Ich schwör’s. Das wird bis in alle Ewigkeit dein Exklusiv-Brownie-Erlebnis bleiben.«
    »Jetzt fühle ich mich schon besser«, sagte Mathias. Und dann war er weg. Und ich ganz allein auf dem Bahnsteig, nur die knutschenden Teenager am anderen Ende waren noch da. Ich glaube aber nicht, dass sie uns überhaupt bemerkt hatten.
    Die Anzeigetafel blieb immer noch schwarz. Entweder war sie kaputt (das waren sie ziemlich oft), oder es fuhr einfach heute keine U-Bahn.
    Ich nahm mein Handy und rief Linda an. Ich musste einfach mit jemanden sprechen, der verstand, worum es mir ging. Dass ich nun vermutlich die Lektion gelernt hatte, die das Schicksal mir mit meiner Zeitreise hatte erteilen wollen: Dass das Gras auf der anderen Seite überhaupt nicht grüner war, sondern ganz genauso grün. Nur nicht so vertraut und aufregend. Dass ich ein Esel gewesen war. Und dass ich Felix so sehr liebte, dass ich mich sofort freiwillig vor eine U-Bahn werfen würde, um zu ihm zurückzukommen.
    Während ich das alles hervorsprudelte, heulte ich wieder ganz fürchterlich. Dieses Mal hörten sogar die Teenager auf zu knutschen und sahen neugierig zu mir herüber.
    Ich senkte meine Stimme ein wenig. »Jetzt müsste doch eigentlich der Obdachlose oder Jesus oder eine Fee auftauchen und mich ins Licht führen oder so was, oder?«
    »So gut kenne ich mich damit auch nicht aus«, sagte Linda und weinte ebenfalls. »Kati … ich will aber nicht, dass du ins Licht gehst.«
    »Ich will das ja auch nicht.« Plötzlich war ich wieder unfassbar wütend auf das Schicksal, das so bescheuerte Regeln aufstellte. So wütend, dass ich prompt aufhörte zu weinen. »Aber irgendetwas wird jetzt wohl passieren müssen. Vielleicht werde noch einmal von der U-Bahn überfahren, und wenn ich aufwache, liege ich sterbend im Jahr 2011 auf den Gleisen … Und dann sehe ich das Licht … Oder auch nicht, weil ich in diesem Paralleluniversum auch kein besserer Mensch war, so in der Gesamtbilanz betrachtet.«
    »Jeder Mensch geht ins Licht«, sagte Linda ungewohnt streng. »Ganz egal, was er angerichtet hat! Das mit der Hölle und so ist dummer Aberglaube! Merk dir das mal!«
    »Was soll ich denn jetzt machen?« Ich starrte zu der Anzeigetafel hinüber. »Eine U-Bahn scheint nicht zu kommen.«
    »Dann nimm den Bus«, schlug Linda vor. »Bevor es dunkel wird. Komm am besten sofort zu mir. Du solltest heute Nacht nicht allein sein.«
    Sie war so süß. »Du bist ein Engel, Linda!« Ich erhob mich und stellte fest, dass das Gefühl noch nicht in meine Beine zurückgekehrt war. Zu viele Emotionen in zu kurzer Zeit, vermutlich. Sicherheitshalber hielt ich den weitmöglichsten Abstand zur Bahnsteigkante, während ich zur Treppe ging.
    Plötzlich blinkte die rote Schrift auf der Anzeigetafel. »Die nächste Bahn kommt in 6 Minuten«, stand dort.
    »Linda!«, japste ich. »Die Bahn kommt in sechs Minuten!« Und weil ich gerade so richtig hysterisch zu werden drohte, setzte ich hinzu: »Sie will mich bestimmt holen !«
    »So was machen U-Bahnen nicht«, sagte Linda, aber ich glaubte, einen
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