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Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Titel: Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman
Autoren: Kerstin Gier
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Jeans und T-Shirt hübsch. Jedenfalls sagte er es auf der Fahrt zur Party dreimal.
    Bestimmt war Lillian auch da. Felix wohl eher nicht, denn er hatte ja inzwischen meinen Brief gelesen. Der Gedanke an seine verletzten Gefühle hatte mich ein paar Nächte kaum schlafen lassen. Ich an seiner Stelle hätte vor lauter Wut Gereons Porsche ein Lack-Tattoo verpasst (mit einem rostigen Nagel geritzt), aber Felix war nicht der Typ für so was. Er würde nur still vor sich hin leiden. Ach, irgendwie war die Welt in meinem schönen Paralleluniversum doch nicht ganz so heil, wie ich sie mir zurechtgebastelt hatte. (Außer in Münster – da herrschte immer noch helle Aufregung über die schönste Hochzeit seit Menschengedenken.)
    »Du siehst zum Anbeißen aus, Kati.« Da, das vierte Mal. Jetzt sollte ich es wohl allmählich wirklich glauben. Oder vielleicht das Kompliment zurückgeben? Wenn hier einer zum Anbeißen aussah, dann war es Mathias. Wahrscheinlich würden ihn alle anwesenden weiblichen Gäste sabbernd anstarren. Konnte man das eigentlich auf Dauer ignorieren? Und würde ihm nicht früher oder später automatisch eine Frau über den Weg laufen, die hübscher, klüger und witziger war als ich? Oder einfach nur anders hübsch, anders klug und anders witzig? Und würde er das dann heroisch ignorieren? Jahrelang? Ein Leben lang?
    »Wir bleiben auch nicht lange, versprochen«, sagte Mathias. Offenbar fiel ihm mein Schweigen unangenehm auf. »Wir schauen uns nur das Penthouse an, geben Gereon die Gelegenheit, die süßeste Freundin der Welt zu bewundern, trinken ein Glas und verschwinden wieder, okay?«
    Ich zwang mich zu einem Lächeln. Hey, war doch alles bestens. Es war Samstag, es war Sommer (gut, noch nicht wirklich, die ganze Woche hatte es geregnet, außerdem war es scheißkalt), ich war die süßeste Freundin der Welt, und ich war mit dem coolsten Mann der Welt unterwegs zu einer Party. Einer grauenhaften Party zwar, auf der alle grenzdebile Idioten dieser Stadt versammelt sein würden, aber der Champagner würde wie immer in Strömen fließen. Und nach ein, zwei oder drei Gläsern würde sich meine trübe Stimmung schon geben. Ich ärgerte mich, dass ich nicht schon zu Hause ein Gläschen zum Lockerwerden getrunken hatte. Aber seit der Erfahrung mit DEM BROWNIE erschien mir Alkohol irgendwie langweilig.
    »Matze, altes Haus! Wie schön! Und du musst Kati sein.« Gereon freute sich unglaublich, als er uns sah. So nett hatte er mich noch nie angelächelt. Und das, obwohl ich mir im Gegenzug nur ein Verziehen der Mundwinkel abringen konnte, das man bestenfalls als höflich bezeichnen konnte. Ich wartete auf die üblichen Gemeinheiten, aber sie blieben aus. Da ich in diesem Paralleluniversum noch nicht auf seinem Untersuchungsstuhl gelegen hatte, konnte Gereon mich damit nicht blamieren, aber ich hatte den Eindruck, dass er es auch gar nicht gewollt hätte. Offenbar hatte er mich nur in der Rolle als Felix’ Partnerin leidenschaftlich gehasst, als Freundin von Mathias störte ich ihn gar nicht. Wie freundlich er sein konnte, wenn er wollte, wie zuvorkommend und liebenswürdig.
    Ganz charmanter Gastgeber drückte er Mathias und mir Gläser mit Champagner in die Hand, führte uns in seinem Penthouse herum und stellte uns immer abwechselnd seine Designermöbel und die anderen Gäste vor. »Das ist Philip Starck, und das ist Caroline.« Felix war nicht da, wie ich mir gedacht hatte. Und auch Lillian sah ich nicht. Dafür aber Florian, meinen Exschwager, dessen frisch gebleachtes Lächeln mir sofort Übelkeit verursachte. Ich konnte gar nicht schnell genug weitergehen.
     
    Wir denken selten an das, was wir haben, aber immer an das, was uns fehlt.
Arthur Schopenhauer
     
    Leider war die nächste Station von Gereons »Guck-mal-alter-Schulfreund-was-für-ein-toller-stinkreicher-Hecht-ich-bin«-Show die sterbenslangweilige Whiskysammlung. Ich gähnte gepflegt, aber Mathias schien Gereons schnarchigen Vortrag über die Wertsteigerung einzelner Flaschen tatsächlich interessant zu finden.
    »… gestern erst bekommen … absolute Raritäten … Sammlerstücke, für die jetzt schon Höchstpreise geboten werden …« Gereon lachte, während er zwei Flaschen streichelte, als wären es die Köpfchen neugeborener Kinder. »Guter Whisky ist wie eine gute Freundschaft. Je älter, desto besser.«
    Das hätte er besser nicht gesagt.
    Vielleicht war es die Anspannung der vergangenen Tage, vielleicht die Erkenntnis, dass ich auch in
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