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Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Titel: Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman
Autoren: Kerstin Gier
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beiden Funde warst.«
     
    Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.
Herbert Achternbusch
     
    »Schon okay«, sagte Gereon, aber er sah nun wirklich ein bisschen mitgenommen aus.
    Mathias legte ihm einen Arm um die Schulter. »Vielleicht solltest du erst mal etwas trinken«, schlug er vor.
    »Ja, trink nur. Trinken hilft.« Felix strich sich eine widerspenstige Locke aus der Stirn. »Hast du mal eine Minute, Kati?«, fragte er dann beiläufig. Mein Herz begann schneller zu klopfen.
    »Ähm«, sagte ich und sah zu Mathias hinüber. Aber der war ausschließlich mit Gereon beschäftigt und dabei, eine offenbar nicht als Sammlerstück geeignete, ganz ordinäre Whiskyflasche zu öffnen, um Gereon über seinen schweren Verlust hinwegzutrösten. »Wenn es um den Brief geht … Ich habe dir gleich gesagt, dass nur wirres Zeug drinsteht. Es war meine erste Drogenerfahrung … Und wenn du dich fragst, woher ich so viel über dich weiß …« Gestatten, mein Name ist Future Woman, wir beide waren mal verheiratet. Und das war eigentlich ganz schön. Bis ich …
    Plötzlich war mir nach Heulen zumute.
    »Ja, das habe ich mich wirklich gefragt.« Felix sah mich ernst an. Seine Augenbrauen waren fast wieder die alten. Beinahe hätte ich mich vorgebeugt und sie mit beiden Daumen glatt gestrichen. »Woher weißt du so viel über mich, Kati?«
    Ich konnte eine ziemlich lange Weile nichts anderes tun, als ernst zurückschauen. »Glaubst du an das Schicksal, Felix? Und an … frühere Leben?«, flüsterte ich dann.
    »Ich weiß nicht«, sagte Felix zögerlich. »Warum weinst du denn?«
    »Tu ich gar nicht.« Oh Gott, tat ich doch. Die Tränen quollen nur so aus meinen Augen und flossen in Bächen an meinen Wangen hinab. Ich musste hier weg. Und zwar schleunigst.

Wenn auch nur wenige Menschen Cäsaren sind, so steht doch jeder einmal an seinem Rubikon.
    Graf Christian Ernst Karl von Bentzel-Sternau
    Wäre das hier ein anständiges Paralleluniversum gewesen, hätte ich jetzt ein spektakuläres Paar Flügel auf meinem Rücken entfaltet und wäre über die Dachterrasse einfach davongesegelt, dem Sonnenuntergang entgegen. Aber weil das hier nur so ein elendes Plagiat des wirklichen Lebens war, wuchsen mir natürlich keine Flügel.
    »Kati?« Ich bekam gerade noch Felix’ besorgten Blick mit, der auf mir ruhte, dann schaffte ich es, ihn zur Seite zu schieben. Ich watete mitten durch die Whiskypfütze, aber das war mir für den Moment völlig egal. Genauso egal wie die Tatsache, dass Gereons illustre Gästeschar mir nachgaffte (und das war noch der vorsichtigere Ausdruck für das, was sie taten), als ich mich schluchzend zwischen ihnen hindurchschob.
    Wie es Penthousewohnungen leider an sich haben, lag auch diese im obersten Stockwerk, und weil ich Angst hatte, jemand könnte mich aufhalten, wollte ich nicht auf den Aufzug warten, sondern nahm die Treppe. Ich musste aufpassen, nicht zu stolpern, denn ich war quasi blind vor Tränen.
    Zwischen dem zweiten und dem dritten Stockwerk wäre ich deswegen beinahe in jemanden hineingerannt, wenn dieser Jemand nicht rechtzeitig zur Seite gesprungen wäre. Lillian. Das hörte ich an der Stimme, mit der sie mir irgendwas Angezicktes hinterherkeifte, von wegen, das sei Gucci oder so. Ich hatte aber keine Zeit stehen zu bleiben, um ihr ebenfalls mal meine Meinung zu sagen.
    Weiter oben hörte ich, wie sich Gereons Wohnungstür öffnete (der Partylärm schallte heraus) und wieder schloss. Und dann rief Mathias meinen Namen über das Geländer.
    Ich wurde noch schneller.
    »Kati! Hey! Warte!« Die Schritte klangen durch das Treppenhaus, sie kamen bedrohlich näher, klar, er weinte ja auch nicht wie ein Schlosshund, und konnte daher sicher zwei Stufen auf einmal nehmen.
    Unten auf der Straße überlegte ich nicht lange. Am schnellsten nach Hause ging es von hier mit der U-Bahn, die Station lag nur einmal quer über die nächste Kreuzung. Hundert Meter, für die ich einen neuen persönlichen Rekord aufstellte.
    »Kati!«, rief Mathias hinter mir, aber da raste ich auch schon die Treppen zum Bahnsteig hinunter. Wovor ich eigentlich weglief, wusste ich selber nicht, aber ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken.
    Unten angelangt, befiel mich beim Anblick der Gleise urplötzlich Furcht, wie ein Schlag in den Magen. Der ganze Körper überzog sich mit Gänsehaut, während ich meine Schritte automatisch verlangsamte. Ein Déjà-vu … Gleich würde Mathias meinen Namen rufen, er würde mich
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