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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick
Autoren: D Wallace
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klapperte über den Boden.
    Und da, Herr Doktor, da ist es dann passiert.

eins
    Oder: › › (She) Got Me Bad ‹ ‹
    Sollten wir uns einander vielleicht vorstellen?
    Ich weiß, wer Sie sind. Sie sind der Mensch, der das hier liest. Warum und wo auch immer: Das sind Sie, und wir werden bestimmt bald Freunde sein. Da können Sie machen, was Sie wollen.
    Und ich?
    Ich bin Jason Priestley.
    Ich weiß, was Sie denken. Sie denken: »Großer Gott! Sind Sie etwa der Jason Priestley, geboren 1969 in Kanada, berühmt für seine Darstellung des Brandon Walsh, des moralischen Dreh- und Angelpunkts der erfolgreichen amerikanischen Fernsehserie Beverly Hills 90210 ? «
    Und die überraschende Antwort auf Ihre durchaus naheliegende Frage ist: nein. Nein, bin ich nicht. Ich bin der andere. Ich bin der zweiunddreißigjährige Jason Priestley, der an der Caledonian Road wohnt, über einem Videospielladen, zwischen einem polnischen Zeitungskiosk und dieser Bar, von der alle dachten, da wäre ein Bordell, wo aber gar keins war. Der Jason Priestley, der seinen Job als stellvertretender Fachbereichsleiter einer nicht besonders guten Schule im Norden Londons aufgegeben hat, um seinem Traum eines Journalistendaseins nachzujagen, nachdem seine Freundin ihn verlassen hatte, der heute immer noch Single ist und in billige Restaurants geht und schlechte Filme sieht, um sie für das kostenlose Werbeblatt zu besprechen, das man Ihnen in der U-Bahn in die Hand drückt, das Sie nehmen, aber nie lesen.
    Genau. Der Jason Priestley.
    Außerdem bin ich der Jason Priestley, der ein Problem hat.
    Sehen Sie, direkt vor mir – genau da, auf diesem Tisch vor meiner Nase – steht eine kleine Plastikbox, die alles verändern oder es zumindest anders machen könnte.
    Und momentan wäre mir anders sehr lieb.
    Ich weiß nicht, was sich in dieser kleinen Plastikbox befindet, und ich weiß nicht, ob ich es je erfahren werde. Das ist das Problem. Ich könnte es wissen. Ich könnte mir im Lauf einer Stunde Einblick verschaffen und mich in den Inhalt vertiefen, und ich wüsste ein für alle Mal, ob darin so etwas liegt wie … Hoffnung .
    Aber wenn ich es tue, und es stellt sich heraus, dass darin sehr wohl Hoffnung liegt, aber auch nicht mehr als das? Nur ein kleines bisschen Hoffnung? Und was ist, wenn sich diese Hoffnung in nichts auflöst?
    Denn das Einzige, was ich an der Hoffnung nicht leiden kann, das Einzige, was ich daran rundweg ablehne, auch wenn es niemand zugeben will, ist der Umstand, dass plötzlich aufkeimende Hoffnung der direkte Weg zu abrupter Hoffnungslosigkeit ist.
    Und doch trage ich die Hoffnung bereits in mir. Irgendwie – ohne dass ich sie eingeladen oder in irgendeiner Weise erwartet hätte – hat sie den Weg zu mir gefunden, doch basierend worauf? Nichts. Nichts – bis auf den Blick, den sie mir zugeworfen hatte, und meinen kurzen Blick auf … etwas .
    Ich hatte in der Charlotte Street an einer Straßenecke gestanden, als es passierte.
    Es war vielleicht sechs Uhr, und ein Mädchen – denn Sie und ich, wir wussten schließlich von vornherein, dass es da ein Mädchen geben würde, dass es da ein Mädchen geben musste, da gibt es immer ein Mädchen – kämpfte mit der Tür eines schwarzen Taxis und den Paketen auf seinen Armen. Sie trug einen blauen Mantel und hübsche Schuhe, weiße Tüten mit Namen, die ich noch nie gesehen hatte, Kartons – und ich glaube, sogar ein Kaktus lugte oben aus einer Habitat-Tüte hervor.
    Ich wollte schon vorbeigehen, denn so macht man das in London. Und um ehrlich zu sein, hätte ich es auch beinahe getan … doch plötzlich drohte der Kaktus aus der Tüte zu fallen. Die anderen Pakete gerieten ins Rutschen, und sie musste sich bücken, damit sie ihr nicht entglitten, und einen Moment lang hatte sie so etwas Süßes und Kleines und Hilfloses an sich.
    Allerdings äußerte sie ein paar wohl gewählte Worte, die ich Ihnen lieber nicht anvertrauen möchte, für den Fall, dass Ihre Großmutter reinschaut und diese Seite liest.
    Ich verkniff mir ein Lächeln, dann sah ich den Taxifahrer an, doch der unternahm nichts, hörte nur seinen Sportsender und rauchte, also – ich weiß nicht, wieso, denn wie gesagt, wir sind hier in London – fragte ich, ob ich ihr helfen könne.
    Und sie lächelte mich an. Dieses unglaubliche Lächeln. Auf einmal wurde mir ganz männlich und selbstbewusst zumute, wie einem Handwerker, der haargenau weiß, welchen Nagel er kaufen muss, und im nächsten Moment halte ich ihre
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